"Ja zur Mitte und Nein zum Extremismus"
Hoher Besuch des international bekannten Gelehrten Al-Qaradaghi in Bochum mit klarer Ansage gegen den muslimischen Extremismus und Lob an Deutschland für die Flüchtlingsarbeit - Mazyek: Gewichtige Stimme im Kampf gegen des IS
Am 26.12.2016 veranstaltete der Islamische Kulturverein Bochum - Khaled-Moschee und Mitglied des Zentralrates der Muslime in Deutschland (ZMD) - zum 3. Mal sein Jahrestreffen. Gekommen sind etwa 1000 Personen, insbesondere Familien aus Bochum und Gemeinden aus dem benachbarten Ruhrgebiet. Das Programm war hochkarätig: Scheich Prof. Dr. Ali M. Al-Qaradaghi, Generalsekretär der Internationalen Union Muslimischer Gelehrter; Aiman A. Mazyek, Vorsitzender des Zentralrates der Muslime in Deutschland; und Künstler wie Musiker (Munshed) Hicham Kareem aus Marokko bestimmten die Tagesordnung u.a..
Scheich al-Qaradaghi (mitte),rechts Zentralratsvorsitzender Mazyek und links von ihm Ahmad Aweimar, ZMD-Dialogbeauftragter
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Scheich al-Qaradaghi (mitte),rechts Zentralratsvorsitzender Mazyek und links von ihm Ahmad Aweimar, ZMD-Dialogbeauftragter
Erstmals stellte sich der angesehene Gelehrte und Mufti Prof. Dr. Ali M. Al-Qaradaghi dem deutschen Publikum in einem Vortrag und anschließender Fragerunde. Scheich Ali Al-Qaradaghi ist Kurde (geb. 1949 in Qaradagh, as-Sulaimaniyya, Kurdistan, Irak) und ein einflussreicher sunnitischer Islamgelehrter, ein Fachmann für Scharia und Fiqh verbunden mit dem islamischen Finanzwesen. Er ist Professor für Rechtswissenschaft an der Universität von Katar. Al-Qaradaghi ist der Generalsekretär der ursprünglich in Dublin gegründeten Internationalen Union Muslimischer Gelehrter (International Union of Muslim Scholars; Abk. IUMS, heute mit Sitz in Doha, der Hauptstadt von Katar) , wo er vor etwa 2 Jahren den Vorsitz übernahm, welchen lange Jahre Scheich Yusuf al-Qaradawi inne hatte.
Unter der Überschrift „... und so haben wir euch zu einer Gemeinschaft der Mitte gemacht! (Zitat aus dem Koran) - Ja zur Mitte und Nein zum Extremismus“ fand die gut besuchte Konferenz statt, welche vom Leiter der Bochumer Gemeinde Dr. Idris Siquilli nach dem Nachmittagsgebet eröffnet wurde.
Al-Qaradaghi ging in seinem Vortrag auf die „Gemeinde, die zum Guten einlädt“ ein. Muslime müssten im Alltag auch als Muslime erkannt werden, indem sie dem prophetischen Ideal nacheifern und in ihren Taten versuchen, „maßvoll, verständnisvoll, ausgewogen, gerecht, hilfsbereit, geduldig, nüchtern und zielorientiert“ aufzutreten. Ausdrücklich rief er die Muslime unter lauten Applaus auf, gegen die Versuchungen radikaler und terroristischer Verirrungen à la IS mit dem prophetischen Leitbild der Barmherzigkeit Stellung zu beziehen. Al-Qaradaghi, wegen seiner eindeutigen und klaren Botschaften mehrfach durch den IS mit dem Tode bedroht und deshalb nicht ohne Bodyguards an diesem Nachmittag nach Bochum gekommen, sparte auch nicht mit Selbstkritik und fordert mehr Anstrengungen zu unternehmen im Bereich der Aufklärung und Prävention: „Der Kampf gegen Extremismus wird uns Muslime noch lange beschäftigen“. Er dankte Kanzlerin Merkel und dem deutschen Volk ausdrücklich für die große Hilfsbereitschaft und Willkommenskultur, die Deutschland in der Welt im neuen Lichte erscheinen lässt, und dafür, was hierzulande in der Flüchtlingsarbeit geleistet wurde.
ZMD-Vorsitzender Aiman Mazyek ging in seiner Rede konkret auf den Punkt „Ja zur Mitte“ ein und hinterfragte, was das konkret für unsere Gemeinschaft und unser Land bedeutet. Die Tatsache, dass in Teilen der Islamischen Welt tiefe Depression und Chaos herrscht, ist auch ein Beleg, „dass einige Muslime vom Weg der Mäßigung oder wie es im Koran verankert ist mit 'Weisheit und gütiger Ermahnung' abgekommen sind“. Nach dem Motto „global denken und lokal handeln" haben wir nun als Muslime in diesem Land zumindest die Chance z.B. im Bereich der Flüchtlingsarbeit uns zu engagieren und damit zur Gemeinschaft der Mitte beizutragen, anstatt uns im Kleinklein sturköpfiger Themen, die ohnehin längst geklärt sind, wie z.B. die alljährlich von einigen Unverbesserlichen stets aufgeworfene Frage, darf ich meinem christlichen Nachbar zu Weihnachten gratulieren, zu wiederholen. „Natürlich darf ich“, warf Mazyek ein, „und ich soll es auch, wenn der Prophet aus Respekt bei der Entgegennahme der Thora zunächst ein Kissen drunter stellen liess, bevor er das Buch annahm; oder aus Respekt aufstand, als ein Leichenzug der jüdischen Gemeinde an ihm vorbeiging, dann lehrt uns dies, dass im Islam der Respekt vor dem Andersgläubigen groß geschrieben wird, und dass es im Glauben auch genau darum geht, dies deutlich zu artikulieren“.
Mazyek dankte Scheich al-Qaradaghi ausdrücklich für sein Kommen und machte deutlich, wie wichtig heutzutage solche Stimmen sind, nicht zuletzt um dem hartnäckigen Vorurteil entgegen zu treten, es fehle den Muslimen an prominenten und lauten Stimmen gegen den Extremismus in den eigenen Reihen. Neben arabischen und kurdischen Fernsehanstalten fehlte leider faktisch die deutsche Presse, die sicherlich das ihrige an diesem Tag gegen den Extremismusvorbehalt gegen Muslime hätte beitragen können, indem sie darüber berichtet hätte (obgleich die Veranstaltung bereits Monate zuvor angekündigt und dafür geworben wurde).
Der Zentralratsvorsitzender lobte zudem sein vorbildliches Engagement zwischen unterschiedlichen Ethnien – insbesondere zwischen Kurden und Arabern mäßigend einzuwirken und freut sich auf ein Wiedersehen im Februar bei der Internationalen Konferenz der Religionen in Doha. Einige kurdische Moscheemitglieder, die inzwischen dem ZMD NRW-Landesverband angehören, waren unter den Zuhörern und nahmen diese Botschaft sicherlich mit Genugtuung auf.
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