Humanitäre Katastrophe im Gazastreifen hält an
US-Geheimdienst: Die jetzige Blockadepolitik «bestraft eine große Bevölkerung und macht sie feindlich und radikal» - 2014 nach 51 Kampftage mehr als 2.100 Tote
Millionendefizits der UNRWA, dem UN-Flüchtlingshilfswerk für Palästinenser, noch verschärfen. Mit strengen Sparmaßnahmen kann UNRWA seine Leistungen noch bis Jahresende gewährleisten. Wie es dann weitergeht, ist offen.
Der Ausfall des Hilfswerks wäre für die 1,8 Millionen Menschen in Gaza eine Katastrophe. 80 Prozent von ihnen, so die Schätzungen, sind von internationaler Hilfe abhängig - eine Rate noch höher als die der Arbeitslosen, mit 43 Prozent die höchste weltweit. Die humanitäre Krise im Gazastreifen halte an, sagte der OCHA-Koordinator für die Region, Robert Piper, anlässlich des Jahrestags, und «wie immer zahlen die Zivilisten den höchsten Preis». 70 Prozent der Kinder in den am stärksten betroffenen Gebieten, schätzt die «Thomas Reuters Foundation», leiden unter Kriegstraumata.
Die UN und die Menschenrechtsorganisation Amnesty International warfen beiden Parteien Kriegsverbrechen vor, und auch am linken Rand der israelischen Gesellschaft wurde Kritik an der Kriegsführung laut. Das offizielle Israel verweist auf legitime Selbstverteidigung. Anfängliche Lockerungen der Blockade wie die Erteilung von Reiseerlaubnissen wurden mit Verweis auf die sich verschlechternde Sicherheitslage wieder eingeschränkt. Versuche von Aktivisten, die Seeblockade mit Hilfslieferungen zu durchbrechen, scheiterten. «Es gibt keine Blockade des Gazastreifens und ihr seid eingeladen, jegliche Hilfsgüter in den Gazastreifen durch Israel einzuführen», schrieb ihnen Ministerpräsident Benjamin Netanjahu.
Doch Israel ist nicht die einzige Baustelle Gazas. Versuche einer Einheitsregierung zwischen Fatah-Bewegung und Hamas scheiterten. Der Ton verschärfte sich zuletzt zusätzlich, als Palästinenserpräsident Mahmud Abbas rund 170 Hamas-Anhänger im Westjordanland festnehmen ließ.
Der südliche Nachbar Ägypten setzt seine Abschottung fort und baut nach der Zerstörung der Schmugglertunnel an einer Pufferzone. Im eigenen Territorium muss Hamas zunehmend Konkurrenz aus dem extremistischen Lager fürchten. Anfang Juli drohte die Terrormiliz «Islamischer Staat» (IS) mit einer Übernahme des Gazastreifens - eine Gefahr, die US-Militärgeheimdienst-Chef Michael Flynn für nicht unbegründet hält.
Die jetzige Blockadepolitik «bestraft eine große Bevölkerung und macht sie feindlich und radikal», so die «Aix-Gruppe», ein seit 2002 bestehendes Team aus israelischen und palästinensischen Wirtschaftsforschern. In ihrer jüngsten Analyse fordern sie den Wiederaufbau der zerstörten Gaza-Wirtschaft - inklusive einer «Sicherheitspassage» in das Westjordanland, einem Ausbau des Hafens und des internationalen Flughafens.
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