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Donnerstag, 27.03.2014

"Wenn der Islam in Deutschland angekommen ist, so ist er im ZDF-Fernsehrat jedenfalls noch nicht angekommen"

Karlsruhe hat - nicht unerwartet - den Staatsvertrag für das ZDF in wesentlichen Punkten für verfassungswidrig erklärt - Muslime bleiben immer noch aussen vor

Nicht betroffen von der Entscheidung sind die großen Kirchen und der
Zentralrat der Juden. Erst einmal. Dies hängt mit der Struktur des
Vertrages zusammen, den die Richter des Ersten Senats in wesentlichen
Punkten für verfassungswidrig erklärten. Ziel ist es, das «Gebot der
Staatsferne» zu gewährleisten und das ZDF vor den Einflussversuchen
der Parteien zu schützen. Denn die bestimmen nicht nur, wer Bund,
Länder und Kommunen in den Aufsichtsgremien vertritt, sondern nehmen
über die Ministerpräsidentenkonferenz auch noch Einfluss darauf, wer
für gesellschaftliche Interessenorganisationen im Fernseh- und
Verwaltungsrat sitzt.

Unabhängig davon sind die Vertreter der Religionsgemeinschaften:
Marlehn Thieme vom Rat der Evangelischen Kirche (EKD) und Hans Ulrich
Anke, Präsident des EKD-Kirchenamts, sowie die Leiterin des
Katholischen Büros in Schleswig-Holstein, Beate Bäumer, und der
Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz, P. Hans Langendörfer SJ.
Hinzu kommt Salomon Korn, der Vizepräsident des Zentralrats der
Juden. Doch Einfluss im ZDF-Fernsehrat ausüben können auch Johannes
Stockmeier und Prälat Peter Neher, die Präsidenten des Diakonischen
Werks bzw. des Deutschen Caritasverbands. Sie haben ihre Plätze als
zwei der vier Repräsentanten der Freien Wohlfahrtspflege.

Aber wie soll die ambitionierte Vorgabe des Gericht umgesetzt werden,
den Vertrag bis Mitte 2015 auf neue Füße zu stellen? Dass bei den
jetzt beginnenden Debatten die Frage gestellt wird, wie künftig die
Religionen vertreten sein werden, liegt auf der Hand. Ob nach dem
Vorbild des 2013 von Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz
verabschiedeten neuen SWR-Staatsvertrags ein Platz für einen
muslimischen Vertreter geschaffen werden soll, wollte
Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) unmittelbar nach der
Urteilsverkündung nicht beantworten. Schnelle konkrete Festlegungen
sind politisch oft kontraproduktiv.

Die Änderung im Südwesten war damit verbunden, dass zwar bei den
beiden Landeskirchen und Bistümern in Baden-Württemberg der status
quo erhalten blieb, die Evangelikalen aber ihren Platz im Rundfunkrat
räumen mussten - was die Protestanten nicht erfreute. Würde in Mainz
ein Platz für Muslime geschaffen, entstünden vielleicht rechtliche
Probleme: Denn wer ist Ansprechpartner für den Islam, welche Gruppe
entsendet einen Vertreter, wie will man damit umgehen, wenn die
verschiedenen islamischen Richtungen auch voneinander abweichende
personelle Vorstellungen haben? Solch schwierige Debatten sind aus
anderen Bereichen bereits bestens bekannt.

Richter Reinhard Gaier merkte in der Verhandlung unter Bezug auf ein
Zitat des früheren Bundespräsidenten Christian Wulff an: «Wenn der
Islam in Deutschland angekommen ist, so ist er im ZDF-Fernsehrat
jedenfalls noch nicht angekommen.» Doch wie die Beheimatung von
Juden, Christen und Muslimen im ZDF-Fernsehrat aussehen könnte, ist
völlig offen.



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