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Sonntag, 15.09.2013
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Schafft den Begriff Islamismus ab! Von Aiman MazyekEine politische Keule und Vollstreckungstitel für alle Lebenslagen - Gegen die Krimininalsierung des Islam in DeutschlandWenn sogenannte „Islamisten“ eine Wahl gewinnen, kidnappen sie die Demokratie, wenn sogenannte „Säkularisten“ einen Militärcoup organisieren, dann sichern sie das Land. Diese Sichtweisen, obwohl diametral gegen die Werte der Demokratie gerichtet, manifestieren den berühmt berüchtigten Doppelstandard, und scheinen ohne großes Aufsehen in unserer öffentlichen Meinung und Politik einfach so durchzugehen, so geschehen nach dem Coup in Ägypten.Vergessen: Die Menschen in der arabischen Welt sind nicht für den Islam auf die Straße gegangen – denn der Großteil ist ohnehin muslimisch - sondern für Freiheit, Gerechtigkeit und Demokratie. Ja und geschenkt, natürlich bejaht ein richtiges Islamverständnis diese wichtigsten Grundlagen eines modernen gesellschaftlichen Lebens vollumfänglich. Und religiöse Parteien? Sie haben, bis auf Tunesien einmal abgesehen, nicht kapiert, dass sie nicht in erster Linie gewählt worden, weil sie den Islam propagierten, sondern weil sie über Jahrzehnte von alten Machthabern unterdrückt und verfolgt worden sind und die Einzigen waren, die beim Volk politischen Kredit und Vertrauen genossen. Ein Showdown „Säkularisten“ versus „Islamisten“ ist also untauglich für die Beschreibung der Realität, geschweige denn kann dieser als Grundlage einer seriösen Analyse der Situation herhalten. Es ist vielmehr das erklärte Ziel der Propagandisten, Fundamentalisten und Heißsporn auf beiden Seiten, die davon profitieren. "So werden seriöse Demokraten, die anhand ihrer Politik beurteilt werden wollen und nicht wegen ihrer muslimischen Gesinnung, mit mordenden Terroristen gleichgestellt und ideologisch verbrämte Neo-Salafisten werden mit kriminellen Schwerverbrechern, die den Islam einfach für ihre Zwecke kidnappen, auf eine Stufe gesetzt. Geht´s noch?"
Längst gibt es tragfähige, politisch exakte und nachhaltige Terminologien für bestimmte politisch-religiöse Gruppen oder eine differenzierte Beschreibung bestimmter gesellschaftlicher Prozesse. Warum werden diese nicht bemüht? Etwa, weil mit dem Begriff Islamismus sich leicht unbeschadet in Indifferenz schwelgen lässt und Menschen, sobald als Muslime erkannt, stets mit (Extremismus) Vorbehalt begegnet werden kann? Nicht wenige glauben das wirklich. Stellt dieser Vorbehalt nichts anderes dar als eine Diffamierung und etabliert altbekannte Stereotype und Vorurteile. Einmal angehaftet, dient heute das Etikett Islamismus oft als Vollstreckungstitel ohne Anklage, Gerichtsverfahren und Urteil - ein Vorurteil eben. Die Angst vor DEN Islamisten ist dafür der Treibsand; der Sand im Auge, dem manchem Kommentator und Politiker die Sehkraft schwächt. Wir kennen diesen Diskurs gegenüber den Muslimen auch hierzulande, auch als berüchtigtes und wirkungsmächtiges Instrument mit all seinen kriminalisierenden und degradierenden Nebenwirkungen. Je nach Großwetterlage sind selbst etablierte Muslime solchen Attacken ausgesetzt – wie z.B. die gerade stattfindende Diffamierungskampagne der Rechten in den USA gegen muslimische Kongressabgeordnete zeigt, die sich nun in der Folge zum tausendsten Mal gegenüber Terror erklären und davor distanzieren dürfen. Die NPD und ihre berüchtigten Ableger stehen in Deutschland übrigens dem nichts nach. Der vorliegende Beitrag ist eine Kurzfassung eines Artikels, der erstmalig letzte Woche in der türkischen Tageszeitung ZAMAN Europa und in dtj-online.de veröffentlicht worden ist. |