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Donnerstag, 12.02.2004

Leserbriefe



Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich: Kritik am „Kopftuch“- Parlamentsbeschluss in Frankreich schrieb:



Auch wenn die Parlamentsentscheidung in Frankreich, die das Kopftuch ab September aus Schulen und dem öffentlichen Raum verbannt, zu erwarten war, löst dieser Beschluss doch große Betroffenheit aus. „Muslimische Frauen sichtbar machen“, war ein Schlagwort der Europäischen Kommission durch Frau Diamantopoulou unmittelbar nach dem 11. September, um Diskriminierung vorzubeugen. Die jetzige Entscheidung ist ein gegenteiliges Signal.

So wie sich der Laizismus in Frankreich entwickelt, kann nicht mehr von einer Trennung
von Staat und Religion gesprochen werden, da der Staat sich herausgenommen hat, direkt in religiöse Bereiche einzugreifen und das Selbstverständnis der Religion zu ignorieren.

Musliminnen sind ungleich stärker von der Verbannung aller religiösen Zeichen ins Private betroffen als andere Gruppen. Denn das Kopftuch ist kein „Symbol“, sondern ein Teil der Glaubenspraxis, die ihnen zu leben damit schlicht verwehrt wird. Für viele gläubige Musliminnen bedeutet das nunmehrige Verbot in tiefe Gewissenskonflikte gestürzt zu werden. Der Eingriff in die Religionsfreiheit wird mit allerlei Argumenten verbrämt, die dann besonders zynisch anmuten, wenn von der damit ermöglichten Durchsetzung von Frauenrechten die Rede ist.

Schließlich ist das jetzige Vorgehen nicht mit dem Selbstbestimmungsrecht der Frau vereinbar. Muslimische Frauen werden bevormundet und ihre Argumente wie die detaillierte Darlegung, warum Kopftuchtragen weder etwas mit „Unterdrückung“ zu tun habe, noch politisch zu verstehen sei, ignoriert.

Eine Polarisierung ist eingetreten mit einer fatalen Frontenbildung von KopftuchgegenerInnen und KopftuchbefürworterInnen. Dabei geht schon diese Art des Umgangs mit der Frage des Kopftuchtragens an der Sache vorbei. Es sollte in einer von Vielfalt geprägten Gesellschaft möglich sein, auch eine kritische Meinung oder sogar persönliche ablehnende Haltung in einer Sache zu haben, ohne dass dies in Verbote mündet. Der restriktive Weg leistet einer weiteren Diskriminierung muslimischer Frauen Vorschub, die ohnehin hart genug gegen Klischees ankämpfen, sie seien dumm, unterdrückt und fremdbestimmt.

„Integration durch Partizipation“ ist als Motto für muslimische Frauen in Österreich prägend geworden. Auch wenn die gute rechtliche Ausgangslage nicht automatisch gesellschaftliche Anerkennung bedeutet, sehen wir, dass so für den Dialog und den gleichberechtigten Zugang faire Voraussetzungen bestehen, die den sozialen und religiösen Frieden fördern. So begrüßen wir den Weg, den Österreich im Umgang mit den anerkannten Religionen geht und hoffen, dass hiervon auch eine Beispielwirkung auf andere europäische Staaten ausgeht.

Carla Amina Baghajati
Medienreferentin


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