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Freitag, 10.02.2012
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Sicherheitspolitik auf dieser Welt darf nicht länger eine Männerdomäne seinTawakkul Karman, Friedensnobelpreisträgerin und Vorsitzende von „Journalistinnen ohne Ketten“, auf der 48. Münchner Sicherheitskonferenz mit einer beeidruckenden Rede über die jüngsten Massaker in Syrien und die Entwicklungen in arabischen Welt - Hier vollständige Rede, auch als VIDEO und auf ARABISCHIm Namen Gottes, des Allerbarmers, des Barmherzigen.Meine sehr verehrten Damen und Herren, as-salāmu ʿalaikum – Friede sei mit Ihnen, wir sind heute versammelt bei der Münchener Sicherheitskonferenz, um die Zukunft der Sicherheit und des Friedens auf der Welt zu diskutieren. In genau diesem Moment ist das Regime von Bashar al-Assad dabei, Hunderte von Menschen in Syrien zu töten und Tausende weitere zu verletzen – Menschen, die nach Freiheit und Demokratie streben. Gestern wurde ein schreckliches Massaker in der Stadt Homs begangen, welches lediglich die Fortsetzung dessen ist, was tagtäglich in dieser tapferen Stadt geschieht. Diese Stadt ist das Herz der friedlichen Revolutionsbewegung in Syrien. Bashar al-Assad begeht diese Verbrechen und hat dabei durch Russland und China einen beschämenden Rückhalt auf internationaler Ebene; beide Länder sind ständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrates, dessen Aufgabe eigentlich darin bestehen sollte, Frieden und Sicherheit in der Welt zu verbreiten und an der Seite der Schwachen zu stehen und jener Menschen, denen Ungerechtigkeiten widerfahren. Russland und China tragen – durch ihre ablehnende und blockierende Haltung internationalen Maßnahmen gegenüber, die dem syrischen Volke Schutz gewähren und das Regime Assads für seine Gräueltaten verurteilen würden – die menschliche und moralische Verantwortung für diese Massaker. Im Namen der kämpfenden arabischen Jugend vom Golf bis zum Ozean möchte ich unsere absolute Verurteilung der Haltung dieser beiden Länder aussprechen, die das kriminelle Regime von Assad unterstützen. Gleichzeitig wertschätzen wir die Erklärung aller weiteren 13 Mitgliedsstaaten des Sicherheitsrates, die den am gestrigen Tage vorgestellten arabisch-europäischen Resolutionsentwurf unterstützt haben, allen voran die USA, Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Im Namen Ihrer Regierungen rufe ich Sie auf, diesen grausamen Krieg zu verurteilen. Und ich fordere Sie dazu auf, keine Anstrengungen zu unterlassen, um die nötigen Maßnahmen zum Schutze des syrischen Volkes ergreifen zu können. Ich möchte Sie daran erinnern, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass Frieden zwischen Ländern nicht wichtiger ist als Frieden innerhalb eines Landes. Die von Diktatoren gegen die eigenen Völker geführten Kriege sind nicht weniger kriminell und rechtsverletzend als ein Krieg, der zwischen Ländern stattfindet. Der Krieg von Bashar al-Assad gegen sein Volk ist ein Krieg gegen die Menschlichkeit und die von ihm angerichteten Massaker eine provozierende Massakrierung menschlichen Gewissens. Dies erfordert eine rigorose Haltung der internationalen Staatengemeinschaft. Das menschliche Gewissen wird keine Ruhe lassen, Sie werden keine Ruhe finden, solange man die geduldigen und friedfertigen jungen Leute in Syrien sieht, deren Blut massenhaft auf den Straßen vergossen wird. Wir sehen heute dem großen Sieg des ruhmreichen syrischen Volkes entgegen, das nach Demokratie, Gerechtigkeit und Frieden strebt. Wir müssen an seiner Seite stehen und ihm Schutz gewähren, um zu beweisen, dass die internationale Legitimität sowie daraus hervorgehende Konventionen und Werte stärker sind als die Waffen der Despoten und nobler als die Repressalien der Tyrannen. Die von Diktatoren gegen die eigenen Völker geführten Kriege sind nicht weniger kriminell und rechtsverletzend als ein Krieg, der zwischen Ländern stattfindet. Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind hier als Entscheidungsträger und politische Vertreter eingeladen, um zügige Maßnahmen zu ergreifen, die dem Schutz des syrischen Volkes dienen und das kriminelle Regime Assads verurteilen. Ich rufe Sie dazu auf, im Namen der revolutionierenden, geduldigen und friedlichen arabischen Jugend, die Botschafter des syrischen Regimes aus Ihren Ländern zu vertreiben und Ihre Botschafter aus Damaskus zurückzurufen. Das ist das Mindeste, was Ihre Regierungen dem syrischen Regime gegenüber tun könnten. Außerdem rufe ich Sie dazu auf, alle in Ihrer Macht stehenden, nötigen Maßnahmen zu ergreifen, um dem syrischen Volke ausreichend Schutz zu gewährleisten.Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir müssen wissen, dass ohne einen umfassenden demokratischen Wandel keine Stabilität im Nahen Osten herbeigeführt werden kann und ohne, dass die Völker und Gesellschaften der Region Frieden, Demokratie und gute Regierungsführung erleben können. Andernfalls wird der Nahe Osten dazu verdammt sein, in Instabilität und mangelnder Sicherheit leben zu müssen. Stabilität im Nahen Osten hängt von einem Übergang der arabischen Völker und Länder hin zu Demokratie und guter Regierungsführung ab. Die korrupten und nepotistischen Regime, die in vielen der arabischen Länder herrschen, sähen neuen Boden für Terrorismus, Konflike und Instabilität. Ich möchte noch einmal betonen, dass Stabilität in unseren arabischen Ländern von großer Bedeutung für die gesamte internationale Staatengemeinschaft ist. Ein Diktator, der sein eigenes Volk tötet und es seiner Kräfte beraubt, begeht damit ein Verbrechen gegenüber menschlichen Werten, sowie internationalen Menschenrechtsverträgen und –vereinbarungen. Aus diesem Grunde stellt die Unterdrückung, die unsere arabischen Länder unter Despoten und Tyrannen widerfahren, eine echte Bedrohung für den internationalen Frieden dar. Meine sehr geehrten Damen und Herren, der neue Nahe Osten, nach dem die arabische Jugend heute strebt, ruht auf zwei Säulen: Die erste Säule ist Demokratie. Ich kann mir keinen sicheren und stabilen Nahen Osten vorstellen, in dem Diktaturen sowie korrupte und despotische Regime regieren. Ich möchte auch noch einmal Ihre Aufmerksamkeit darauf lenken, dass Tyrannen und die Anhänger ihrer Regime in mehreren arabischen Ländern immer noch unschuldige Menschen töten und einem demokratischen Wandel im Wege stehen. In meinem Land, im Jemen, hält die Familie von Ali Abdallah Saleh immer noch die Oberhand über den Sicherheits- und Militärapparat, obwohl er das Land bereits verlassen hat. Das Korruptionsnetzwerk, welches er über seine 30-jährige Amtszeit hinweg errichtet hatte, hat nach wie vor die Regierungsgewalt inne. Zusammen mit seinen führenden Sicherheits- und Militärfunktionären genießt er Immunität und den Schutz der Golfinitiative. Dies hat Ihnen die Möglichkeit gegeben, noch mehr Menschenleben zu nehmen, Unruhe zu stiften und den demokratischen Übergang zu verhindern, für den unsere Jugend mit Ihrem Blut bezahlt hat. Deswegen dränge ich die Vereinigten Staaten, die europäischen Länder und alle Länder der Welt, um die Mittel von Saleh und seinen führenden Zivil- und Militätfunktionären einzufrieren und seine Akte vor dem internationalen Gerichtshof zu bringen. Er muss als Krimineller behandelt werden. Für das Blutvergießen vieler unschuldiger Menschen im Jemen und die Ausplünderung der Reichtümer des Landes muss ihm Gerechtigkeit widerfahren. Die zweite Säule für einen neuen Nahen Osten ist Gerechtigkeit. Es ist klar, dass ein neuer Naher Osten, der Sicherheit und Stabilität genießt, nicht Wirklichkeit werden kann, solange Millionen von Palästinensern als Flüchtlinge außerhalb ihrer Heimat leben müssen und weitere Millionen in einer Besatzungszone leben, obwohl das Völkerrecht sowie internationale Vereinbarungen auf ihrer Seite stehen. Die palästinensische Angelegenheit übt nach wie vor starken Druck auf das menschliche und arabische Gewissen aus. Daran wird sich nichts ändern, bis dieses ruhmreiche Volk Gerechtigkeit erfährt und die Völker der Region in Sicherheit, Frieden und Stabilität leben können – denn es gibt kein Frieden ohne Gerechtigkeit. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Freiheit von innen und Gerechtigkeit von außen ist alles, was der neue Nahe Osten braucht, um wieder zu erwachen – mit seinen jungen Völkern, seinen ruhmreichen Zivilisationen und seinen vielen Ressourcen. All dies muss Teil einer menschlichen Lösung, nicht Teil eines Problems sein. Und schlussendlich, meine sehr verehrten Damen und Herren, loben wir die Bemühungen der Organisatoren dieser Konferenz. Allerdings möchte ich gerne Ihre Aufmerksamkeit darauf lenken, dass Frauen in diesem Forum als Teilnehmerinnen sowie Referentinnen unterrepräsentiert sind. Außer mich und Hilary Clinton, gibt es kaum Frauen auf dieser Konferenz, in der über Sicherheitspolitik auf dieser Welt entschieden wird. Das ist ein Beispiel für die dominierende männliche Präsenz, die über die Teilhabe von Frauen hinweg schaut. Und das ist auch eine Erklärung für die Konflikte und Kriege, die die Welt in letzter Zeit erleben musste. Denn für eine gute Sicherheitspolitik, für eine Welt von Frieden und Sicherheit, hoffe ich, dass Frauen eine faire und gerechte Teilhabe in zukünftigen Sicherheitskonferenzen erfahren werden. Vielen Dank! Möge der Friede mit Ihnen sein. Lesen Sie dazu auch:
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