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Donnerstag, 12.05.2011
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Manifest der VielenDie Republik bleibt trotz Sarrazin weiterhin bunt - Volker-Taher Neef mit einer BuchbesprechungIm Berliner „Blumenbar“- Verlag ist das von Hilal Sezgin herausgegebene Buch „Manifest der Vielen“ erschienen.Das Werk soll als Antwort auf die Aussagen von Thilo Sarrazin verstanden werden. Knapp 30 Autoren aus Kultur, Medien und Gesellschaft beschreiben ihr Leben in Deutschland. Das ist auch ihr deutsches Leben im Umkehrschluss. Obwohl der Vorname vielleicht Imran, Aylin oder Feridun lautet, sie sind Deutsche; genauso wie die Deutschen Josef und Maria sowie Igor und Natascha. Die Autoren sind sowohl Muslime als auch Nicht-Muslime. Herausgeberin Hilal Sezgin betont ausdrücklich, das „Manifest ist zugleich Gegengift und Pflichtlektüre. Um sich nicht abzuschaffen, muss Deutschland sich neu erfinden.“ Der 1965 in Bulgarien geborene Übersetzer, Autor und Publizist Ilija Trojanow sagt, Sarrazin habe mit Martin Luther „eine gewisse Provokationsverwandtschaft“ (S.26). Der eine hat die herrschenden Finanzpraktiken seiner Zeit (katholische Kirche) mit 95 Thesen am Portal der Kirche in Wittenberg angeprangert. Bei dem anderen Verfasser ging es um Hartz-4 Empfänger. Dieser hat sich eine andere Tür besorgt zum Anprangern. „Sarrazin dagegen seine zweieinhalb Thesen im größten deutschen Verlagskonzern in einer Auflage von inzwischen weit über einer Million veröffentlicht.“ Klar und unmissverständlich weist Trojanow auch daraufhin: „Und was war Sarrazin, ehe er zum Bestsellerautor mutierte? Siehe an, auch ein kieselrunder geschliffener Karrierist, ein sehr erfolgreicher Bürokrat: Referent, Referatsleiter, Büroleiter, leitender Mitarbeiter, Staatssekretär, Vorsitzender der Geschäftsleitung, Berliner Senator.“ (S.27) Was selbst deutsche Theologiestudenten oft nicht wissen, spricht auf S. 76 Aiman Mazyek, Vorsitzender ZMD, an und betont „dass es die Araber waren, die die Schriften des Aristoteles erst geborgen, ins Arabische übersetzt und dann überliefert haben. Große christliche Theologen studierten Averroes und Avicenna- oder, wie sie richtig heißen, Ibn Rushd und Ibn Sina.“ Lamya Kaddor, Religionspädagogin, Islamwissenschaftlerin und Autorin, erklärt, (S.113/114): „Unsere Demokratie muss und kann auch die Parolen der NPD ertragen. Sehr viel besorgniserregender und gefährlicher für das gesellschaftliche Gefüge sind all jene, die sein (Anm.: Sarrazin) chauvinistisches Gedankengut hoffähig gemacht haben. Das eigentlich Erschütternde ist der breite Raum, der ihm geboten wurde und wird.“ Auf den Rassismus kommt auch die Bloggerin und TAZ- Kolumnistin Kübra Gümüsay zu sprechen. „Ja, es wurde in den vergangenen Jahren Islamhetze betrieben. Ja, Möchtegernexperten haben in Talkrunden eine ganze Religionsgemeinschaft verunglimpft. Ja, es besteht eine irrationale Angst vor zwanzig % der Weltbevölkerung.“ (S. 139) Ferdos Fourudastan, nach ihrem abgeschlossenem Jurastudium als Moderatorin und Autorin (u. a. WDR, Deutschlandfunk) tätig, macht deutlich, wie unterschiedlich Deutsche untereinander schon sind. (S. 153) “Wir sind nicht alle Fatma“ lautet ihr Beitrag. Der reiche „Richard aus dem Münchener Nobelviertel Grünwald, Natalie aus dem ländlichen Frixheim bei Neuss und Wolfgang, wohnhaft in Schwerin in Mecklenburg. Alle drei sind deutsche Staatsbürger. Weitere Gemeinsamkeiten gibt es kaum.“ Der eine ist Unternehmer, gehört der CSU an und ist katholisch und verheiratet. Natalie „hat keinen Job, lebt von Hartz-4“ und „Wolfgang, 51 Jahre, ist Feinmechaniker, ledig, bekennender Atheist und engagiertes Mitglied der Kommunistischen Plattform innerhalb der Linkspartei.“ Diese drei Menschen sind „drei von achtzig Millionen Bürgern dieses Landes.“ Hier leben unterschiedliche deutsche !!!!Menschen, das ist unbestritten. „Kein Kommentator, kein Politiker....käme auf die Idee, Richard, Natalie und Wolfgang in einen Topf zu werfen.“ Die Migranten hingegen „erscheinen in der allgemeinen Wahrnehmung vieler, zu vieler Multiplikatoren hierzulande als eine einheitliche Gruppe.“ (S. 154) Man ist ja als Muslim bescheiden, bescheiden gemacht worden in diesem unserem Lande. Wenn die Mehrheitsgesellschaft in Deutschland diese Aussagen von Ferdos Fourudastan erkennt bzw. überhaupt bereit dazu ist, diese Erkenntnis zu verinnerlichen, hat das Werk von Hilal Sezgin und ihrer Mitstreiter einen sehr guten Zweck erfüllt. Ein simples deutsches Sprichwort lautet: „Lesen bildet.“ Also sollte gerade die „Fangemeinde von Sarrazin“, aber auch andere, zu dem Buch „Manifest der Vielen“ greifen. (Volker-Taher Neef) Das Buch kostet im Buchhandel 12.90 Euro und ist im Blumenbar“- Verlag erschienen. Die ISBN lautet: 978-3-936738-74-2 |