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Montag, 17.08.2009
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Das Superwahljahr - heute mit der SPD und dem Bundesabgeordneten Sebastian Edathy: „Ich beobachte seit einigen Jahren eine wachsende Islamfeindlichkeit“Für die SPD nimmt heute Stellung der Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy.Im Deutschen Bundestag sprachen wir mit dem 1969 geborenen Soziologen. Er gehört seit 1998 dem Bundestag als direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises Nienburg- Schaumburg an. Sebastian Edathy ist Mitglied im Vorstand der SPD- Fraktion sowie Vorsitzender des Innenausschusses des deutschen Bundestages. Islam.de befragte ihn, was denn seine Partei für einen deutschen Muslim interessant mache. Sebastian Edathy: „Die SPD ist die Partei für alle Menschen in Deutschland, die Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität wertschätzen- unabhängig davon, welche Religion oder Herkunft sie haben.“ Er erklärte, seiner Partei sei sich bewusst, der Markt alleine schaffe keine Gerechtigkeit. Aus diesem Grunde „bedarf es des staatlichen Korrektivs.“ Dadurch sorge man für Chancengleichheit. Ein weiterer Grund sei, seine Partei bekämpfe Diskriminierung und Rechtsextremismus. „Ich beobachte seit einigen Jahren eine wachsende Islamfeindlichkeit. Wir nehmen das nicht hin, sondern bekämpfen das.“ Der SPD- Bundestagsabgeordnete Edathy verweist darauf, seine Partei sei „die älteste in Deutschland. Sie ist im 19. Jahrhundert entstanden, weil sich Menschen zusammengeschlossen haben, die gegen Willkür, Unterdrückung und Ausgrenzung aufgestanden sind.“ Die SPD erhebe ihre Stimme gegen Ungerechtigkeit und Ungleichbehandlung und dies ist „nach wie vor ein Wesensmerkmal der deutschen Sozialdemokratie.“ Und immer wieder Kopftuch – die „Gretchenfrage“ Wie verhält sich der Volksvertreter Edathy, wenn eine bekennende Muslima mit Kopftuch in seine Partei eintreten wolle. Sie teile mit, auch so zu Parteiveranstaltungen zu erscheinen. Könnte das problematisch sein? „Nein. Ob jemand, der sozialdemokratische Ideen vertritt, freitags in die Moschee, samstags in die Synagoge, sonntags in die Kirche geht oder als Atheist bzw. nicht praktizierender Angehöriger einer Religionsgemeinschaft das nicht tut, ist mir egal. In Deutschland haben wir Religionsfreiheit. Und die gilt für alle.“ Dies bedeutet für Edathy auch, dass jeder Mensch die Freiheit besitzt, seiner Religionszugehörigkeit durch ein Symbol Ausdruck zu verleihen. „So, wie es mich nicht stören würde, wenn ein Christ mit einem Kreuz- Anhänger oder ein Jude mit einer Kippa zu einer SPD- Veranstaltung kommt, so würde ich selbstverständlich auch an einer Muslima mit Kopftuch keinen Anstoß nehmen.“ Ob er sich eine Muslima als Landtags- oder Bundestagsabgeordnete vorstellbar könne, auch als hauptberufliche Mitarbeiterin in der SPD vorstellbar sei? „Ich bin davon überzeugt, dass in der SPD nicht Äußerlichkeiten darüber entscheiden, ob eine Person Karriere machen kann.“ Er selber habe schließlich eine vergleichsweise dunkle Hautfarbe, da sein Vater gebürtiger Inder war. Mit 28 Jahren wurde Edathy in einem überwiegend ländlich geprägten niedersächsischen Wahlkreis erstmals für die SPD als Bundestags- Kandidat aufgestellt und habe seitdem drei Mal in Folge das Direktmandat gewonnen, jedes mal mit über 50 % der Stimmen. Infolgedessen ist für Edathy eine politische Karriere in der SPD auch für eine Muslima mit Kopftuch denkbar. Ob das in der Realität immer so gesehen wird, darf bezweifelt werden. „Ich habe Respekt dafür, wenn jemand seine Religionszugehörigkeit öffentlich zeigen möchte“ betonte er gelassen. Er hält es aber nicht für notwendig. Denn es ist doch nur ein Teil der Identität. „Für mich ist Identität so vielschichtig, dass ich weder ein Zeichen meines Glaubens bei mir trage noch meiner Parteizugehörigkeit, Gewerkschaftszugehörigkeit, meines Familienstandes oder meines Lieblings- Fußballvereins. Wer das anders handhabt, kann das aber gerne tun.“ Religionsfreiheit für alle – „Konsequenter die Trennung von Staat und Religion umsetzen“ Auf unsere Frage, ob eine muslimische Zollbeamtin – wie in England möglich- im Dienst ein Kopftuch tragen dürfe, wurde Edathy etwas deutlicher:„Grundsätzlich bin ich ein strikter Befürworter der Trennung von Staat und Religion. Wenn wir aber ehrlich sind, muss man in Deutschland sagen, dass aus historischen Gründen die christliche Religion eine besondere Rolle einnimmt“. Und dann macht er deutlich: „Es kann jedenfalls nicht sein, dass nur das Tragen von Symbolen einer bestimmten Religion im Staatsdienst untersagt ist. Meine persönliche Meinung ist: Religiöse Symbole haben im Staatsdienst grundsätzlich nichts zu suchen. Das muss dann allerdings für alle Religionen gelten.“ Edathy ist der Meinung, dass unesere Gesellschaft "konsequenter die Trennung von Staat und Religion umsetzen sollten". Er beklagt, dass sich Detschland bisher vor der Frage gedrückt habe. Wollen wir den konsequenten Laizismus wie in Frankreich, oder ein eher liberales Modell wie in Großbritannien? (Das Gespräch führte Volker- Taher Neef, Berlin) |