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Freitag, 26.09.2008
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Österreich: Iftar bei Bundeskanzler GusenbauerBalsam für Muslime, denen die islamfeindliche Wahlkampfrhetorik im Ramadan große Geduld abverlangt - GrußworteAm 17. September fand in den Räumen des Bundeskanzleramtes wie bereits im Jahr zuvor ein großes Iftaressen statt, zu dem Bundeskanzler Gusenbauer weit über 200 Muslime eingeladen hatte. Gekommen waren auch hochrangige Vertreter anderer Religionsgemeinschaften, sowie Personen aus dem Bereich des interkulturellen und interreligiösen Dialogs. Darunter waren Weihbischof Scharl von der katholischen Kirche, Bischof Heitz von der altkatholischen Kirche, Bischof Gabriel von der koptischen Kirche, Erzbischof Krikorian für die armenisch-apostolische Kirche, der Präsident der buddhistischen Religionsgemeinschaft Gerhard Weissgrab, der Präsident des Österreichischen Kirchenvorstandes der Mormonen Viktor Wadosch und Dr. Walter Hessler von der neuapostolischen Kirche. Von der Plattform Christen und Muslime war Dr. Peter Pawlowsky anwesend.Bundeskanzler Gusenbauer hielt in seiner Begrüßungsrede unter großem Applaus fest, wie sehr er wünsche, dass die feierlichen gemeinsamen Mahlzeiten im Ramadan auch unter seinen Nachfolgern eine Tradition bilden. Er unterstrich die Bedeutung, an Gemeinsamkeiten wie dem sozialen Gedanken für ein Miteinander anzuknüpfen und aufzubauen. Dieses Konzept eines respektvollen und anerkennenden Umgangs in einer von Vielfalt geprägten Gesellschaft stellte er als jenes vor, nach dem man sich orientieren sollte. Kritik übte er an Tendenzen von Ausgrenzung und Hetze gegen Minderheiten. Da der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft Anas Schakfeh sich im Ausland aufhielt, wurde die Rede des Bundekanzlers durch die Medienreferentin Carla Amina Baghajati aufgegriffen und erwidert. Im Folgenden der Entwurf dieser kurzen Ansprache, die leicht gekürzt (kursiver Teil) vorgetragen wurde. Auch die Grußworte von Gemeinderat Omar Al Rawi, der sich um das Zustandekommen der Veranstaltung verdient gemacht hat, sind wiedergegeben: Grußwort von Anas Schakfeh: "Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, sehr geehrte Vertreter der Religionsgemeinschaften, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde und Geschwister! Im Namen des Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Anas Schakfeh, der sich derzeit im Ausland aufhält und bedauert dadurch nicht persönlich anwesend zu sein - durch Vizepräsident Hamidi vertreten wird, darf ich mich herzlich für die Einladung bedanken. Natürlich auch für die Worte des Herrn Bundeskanzlers. Danke auch an Gemeinderat Omar al Rawi, den Motor dieser Veranstaltung, der sich um die vielen Details der praktischen Umsetzung dieses Abends kümmerte. Es ist zu einer Tradition geworden, dass das offizielle Österreich die Muslime zum Iftar lädt und damit ein Stück den Geist des Ramadan – eines Monats der sozialen Begegnung, des Ausgleichs und der Verständigung – mit den Muslimen teilt. Wie auch die Muslime im Ramadan unter dem Stichwort „soziale Gerechtigkeit“ an ihre Rolle im Sinne des Allgemeinwohls verstärkt denken sollen. Österreich kann sich dank seiner ausbalancierten Form des Säkularismus freuen, dass der Dialog zwischen den anerkannten Religionsgemeinschaften, dem Staat und der Zivilgesellschaft das Prädikat „institutionalisiert“ trägt. An Abenden wie heute, wo uns neben vielen Politikern auch hochrangige Vertreter der Religionen die Ehre geben, darf man spüren, welch ein mit Leben erfüllter Dialog dies ist. Das sind beileibe keine „linken Träumereien“, wenn mit Ernsthaftigkeit Gedanken und Konzepte ausgetauscht werden, wie das Zusammenleben in Österreich noch besser gelingen kann. Integration nicht als Thema der inneren Sicherheit behandelt wird. Stehen Muslime nicht im Rechtfertigungseck und sollen zum tausendsten Mal beteuern, ihre Religion sei mehr als nur verträglich mit dem Gedanken von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Pluralismus und Menschenrechten, kann Integration als beidseitiger Prozess erst greifen. So gesehen ist dieses Iftar Balsam für Muslime, denen so manche islamfeindliche Wahlkampfrhetorik einiges an Ramadan gemäßer Geduld abverlangt. Geduld nicht allein im Ertragen von Untergriffen, sondern vor allem Geduld, sich immer und immer wieder auf Gespräche einzulassen, auch gut zuzuhören. Denn Ängste, gerade wenn diffus und scheinbar irrational, sind ernst zu nehmen. Wenn unsere Sichtbarkeit – sei es das Kopftuch, sei es die Debatte um den Moscheebau – Fragen aufwirft – müssen wir vor allem für Hörbarkeit sorgen und mit Mut zum Reden ausräumen, was da alles gegen uns kursiert. Jede und jeder einzelne von uns – direkt im Alltagskontakt mit den Menschen. Denn es ist besorgniserregend, wenn haarsträubend falsche Aussagen und Interpretationen unserer Religion oder Angst machende Schlagwörter wie „drohende Islamisierung“ moralisch rechtfertigen sollen, dass Muslime – trotz ihres Anerkennungsstatus mit dem Recht auf freies und öffentliches Praktizieren ihrer Religion – ungleich behandelt werden, ihrer Rechte verlustig gehen. Beispiele dafür gibt es: Die als „Moscheebauverhinderungsgesetze“ bekannt gewordenen Regelungen in Kärnten und Vorarlberg. Dieses Iftar ist also auch ein Zeichen: Österreich soll ein Land sein, das ein „Wir-Gefühl“ nicht durch Feindbildpolitik auf dem Rücken von ausgegrenzten und kriminalisierten Minderheiten erzeugt, seien es Muslime oder andere Gruppen. Hier möchte ich auch an den gemeinsamen Appell der Religionsgemeinschaften für einen fairen Wahlkampf erinnern.(Quelle:www.islaminitiative.at und www.derislam.at) Lesen Sie dazu auch:
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