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Donnerstag, 29.05.2008
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Überwachungsskandale von Firmen: Der Staat macht’s doch vor

Ob Privatperson, Arbeitnehmer oder Firmenchef – der Bürger wird erzogen, Überwachung gleichgültig hinzunehmen. Firmen passen sich lediglich dem Trend an. Scotland Yard: Überwachung nutzlos

Ob Lidl, Burger King oder Telekom: wenn Konzerne systematisch ihre Mitarbeiter oder gar Kunden illegal ausspionieren gibt es – zu Recht – stets einen Aufschrei in der Republik. Doch gleichzeitig senken viele Politiker mit immer wieder neuen Vorstößen zur Bürgerüberwachung die allgemeine Hemmschwelle privat überwacht zu werden – das alles mit dem Totschlagargument „Terrorismusbekämpfung“, gepaart mit ständiger Verunsicherung durch gefährliche Bedrohungsszenarien.

So ist es nicht verwunderlich, dass immer mehr Menschen für aktuelle Firmenskandale nur noch ein gleichgültiges Schulterzucken übrig haben. Man ist es inzwischen gewohnt: jeder Bürger ist ein potentieller Krimineller oder Terrorist. Der Staat ist in meinem PC - da ist der Trend zur Überwachung am Arbeitsplatz doch fast banal. Das denken sich scheinbar auch die Konzerne. Man könne durchaus von einer generellen Tendenz zu mehr Überwachung am Arbeitsplatz sprechen, meinte auch kürzlich der Bundesbeauftragte für Datenschutz, Peter Schaar, in einem Spiegel-Interview. Was tut die Regierung dagegen? 2002 hatte die rot-grüne Bundesregierung das Vorhaben zum stärkeren Datenschutz für Arbeitnehmer zwar noch im Koalitionsvertrag festgeschrieben, passiert war aber nichts. Die große Koalition nahm das Thema „sicherheitshalber“ erst gar nicht mehr in den Koalitionsvertrag auf.

Für die meisten ist es jedoch immer noch erschreckend, wenn man sich ausmalt, was ein Großkonzern im Kommunikationssektor wie die Telekom mit den privaten Daten - die er ja für den Staat sowieso schon sammelt - alles anstellen kann. Erschreckend, was passieren kann, wenn eine unbefugte Abteilung plötzlich Geheimdienst spielen sollte. Oder wie umgekehrt passiert, sogar ehemalige Geheimdienstler für die Telekom arbeiten. Beängstigend sind die neuesten Informationen, wonach Ex-Geheimdienstmitarbeiter im Auftrag der Telekom unliebsame Journalisten und Mitarbeiter ausspionierte. Ob Telekom oder der Staat: sind unkontrollierbare Strukturen erst einmal geschaffen, sind die Gefahren des Missbrauchs und Verletzung der Grundrechte nicht weit. Vater Staat ist längst zum Big Brother mutiert.

Dass der staatliche Überwachungswahn ein Land nicht sicherer macht, zeigte jüngst der Bericht von Scotland Yard über die Kameraüberwachung in Großbritannien. Knapp 4,5 Millionen Kameras sind in den Straßen, Bahnhöfen und Einkaufszentren Großbritanniens montiert – eine Kamera auf 13 Bürger. Dennoch nennt Scotland Yard die Video-Überwachung ein „Fiasko“. Grund: Der Beitrag zur Aufklärung von Verbrechen sei minimal; nur drei Prozent aller Diebstähle auf offener Straße würden per Video aufgeklärt. Die Polizei ertrinkt in einer Bilderflut, die sie nicht mehr bearbeiten kann.

Stattdessen wird die Zivilcourage durch die Dauerüberwachung des Bürgers immer weiter kaltgestellt – was für die Sicherheit und das Zusammenleben auf den Straßen nicht gerade förderlich ist.

Doch manche Politiker versuchen weiterhin, munter die Grenzen der Belastbarkeit auszuloten, wie die zahlreichen Vorstöße in der Vergangenheit zeigen. Die wenigsten haben registriert, dass beispielsweise bereits ein flächendeckendes Kfz-Kennzeichen-Scanning Praxis in vielen Bundesländern ist – in einigen Ländern durch das Bundesverfassungsgericht immerhin gestoppt. Zu Recht beklagte vor wenigen Wochen der ehemalige NRW-Innenminister und Vizepräsident des Deutschen Bundestages Burkhard Hirsch: „dass die Beschwörung der Gefahren des Terrorismus benutzt wird, um all das durchzusetzen, was man immer schon wollte“.



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