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Montag, 17.11.2025 | Drucken |
Französische Ermittlungen gegen SOS Chrétiens d’Orient
Vorwurf: Humanitäre Arbeit und Extremismusvorbehalt gegen Muslime instrumentaliert, um die Position des Assad-Regimes zu stärken
Die französische Anti-Terror-Staatsanwaltschaft hat ihre Untersuchungen gegen die Hilfsorganisation SOS Chrétiens d’Orient („Christen des Orients“) ausgedehnt. Nach Informationen des syrischen Nachrichtenportals The Syrian Observer stehen Verantwortliche der Organisation unter dem Verdacht, in Syrien nicht nur humanitäre Zwecke verfolgt, sondern zugleich regimetreue Milizen politisch und praktisch unterstützt zu haben. Es geht um mögliche Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit und um Verstöße gegen französisches Vereins- und Steuerrecht.,Wie das Portal berichtet, durchsuchten Ermittler mehrere Büros der Organisation in Paris und im Umland. Der Präsident, Charles de Meyer, wurde vernommen; elektronische Geräte und Unterlagen wurden beschlagnahmt. Nach Angaben des Berichts prüfen die Behörden dabei auch, ob die Organisation über Jahre hinweg gezielt Narrative der syrischen Regierung verbreitete, etwa indem sie die Opposition als islamistisch-extremistisch darstellte und das Leid christlicher Gemeinden herausstellte. Der Vorwurf lautet, dass humanitäre Arbeit genutzt worden sei, um die Position des Assad-Regimes in Frankreich zu stärken.
Laut The Syrian Observer bestehen zudem Hinweise auf enge Beziehungen zwischen SOS Chrétiens d’Orient und Einheiten der regimetreuen „National Defence Forces“ in den Städten Mhardeh und Sqaylabiyah. Diese Gruppen werden beschuldigt, wahllose Angriffe auf Zivilisten durchgeführt zu haben. Fotos sollen zeigen, wie Mitglieder der Organisation Milizionäre öffentlich lobten und Hilfsgüter an deren Familien verteilten. Für eine wohltätige Organisation mit steuerlicher Begünstigung könnten solche Vorgänge rechtliche Konsequenzen haben.,Den Stein ins Rollen gebracht haben dem Bericht zufolge zwei syrische Aktivisten in Frankreich, Ilias Warda und Firas Quntar. Sie hatten zuvor gemeinsam mit Mediapart und dem New Lines Magazine zu den Aktivitäten der Organisation recherchiert. Warda stellte den Behörden umfangreiche Dokumente zur Verfügung; Quntar musste sich aus finanziellen Gründen zurückziehen. Beide äußerten gegenüber The Syrian Observer, dass sie trotz zahlreicher Anfragen keinerlei Unterstützung von syrischen Exilorganisationen erhalten hätten.,Besonders kritisch beleuchtet das Portal das Verhalten der syrischen Zivilgesellschaft im Ausland: Mehrere NGOs seien angesprochen worden, hätten jedoch nicht reagiert oder ihre Hilfe verweigert. Lediglich ein juristisches Forschungszentrum habe sich mit schriftlichen Stellungnahmen beteiligt. Insgesamt zeichne sich ein Bild mangelnder Koordination und schwacher Strukturen innerhalb der syrischen Diaspora ab.,Der Bericht schließt mit dem Hinweis, dass zur politischen Aufarbeitung des syrischen Konflikts auch jene Organisationen gehören, die im Ausland – bewusst oder unbewusst – die Position des Regimes gestützt haben. Zudem sei die syrische Exilgemeinschaft gefordert, Aktivisten, die Missstände ans Licht bringen, künftig stärker zu unterstützen.
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