Newsnational Montag, 16.12.2024 |  Drucken

Finanzierungsstopp für Drei-Religionen-Kita erschüttert alle

Berlin will weltoffene Stadt sein und beschließt das Aus einer schon zugesicherten Förderung -angeblich aus Kostengründen. Kritik von den Religionsgemeinschaften und Opposition – Solidarität und Petitionen

Berlin (KANN/Eigene) Mit Erschütterung reagieren die Initiatoren des Drei-Religionen-Kita-Hauses auf das Finanzierungs-Aus durch den Berliner Senat. "Wir haben am Mittwoch davon erfahren, am Donnerstag wurde dies im Bildungsausschuss im Abgeordnetenhaus thematisiert", sagte die Sprecherin des Vereins, Anne Poeschel, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Freitag in Berlin. Aufgrund des Berliner Sparhaushalts wird das preisgekrönte Projekt, das christliche, jüdische und muslimische Kinder zusammenzubringen soll, nicht weiter gefördert, wie der Berliner "Tagesspiegel" (Online) am Donnerstagabend berichtete. Als Begründung gab Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) laut Zeitung an, dass in Friedrichshain keine neuen Kitaplätze gebraucht würden. "Wir haben immer gesagt, dass unser Projekt für ein überlokales Einzugsgebiet angelegt ist", so Poeschel weiter. "Es gibt in Berlin nur sehr wenige jüdische und muslimische Kitas. Familien, die dieses religionspolitische Konzept für ihre Kinder wünschen, nehmen auch weitere Fahrtwege in Kauf." Man werde daran arbeiten, das Konzept zu retten, indem eigene "Ressourcen" mobilisiert würden, sagte die Sprecherin. Mehr könne zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht gesagt werden.


Der ehemalige Vorsitzender Aiman A. Mazyek, der in Berlin lebt, kommentiert dies so: „Das Drei-Religionen-Kita-Hauses in Berlin ist ein interreligiöses Leuchtturmprojekt mit Vorbildcharakter, weit über die Berliner Stadtgrenzen hinaus, lebendige Toleranz im besten Sinne des Wortes also. Der Berliner Senat sticht nun mit dem Messer genau da hinein– nämlich mitten ins Herz. Von Toleranz und Zusammenhalt in Sonntagsreden reden und dann realpolitisch genau das Gegenteil tun. Ich wünsche mir Unterstützung jetzt erst recht für die jüdischen, christlichen und muslimischen Macherinnen – das Projekt muss realisiert werden gerade in diesen Zeiten“.





Erst im Juni war das geplante Drei-Religionen-Kita-Haus in Berlin mit dem Förderpreis der Deutschen Nationalstiftung ausgezeichnet worden, der mit 20.000 Euro dotiert ist. Das interreligiöse Projekt schaffe mit einer jüdischen, einer muslimischen und einer christlichen Kita unter einem Dach eine Umgebung, in der das Zusammenwirken verschiedener Religionen und Kulturen schon von frühester Kindheit an als Normalität gelebt werde, hieß es in der Jury-Begründung.Die Evangelische Kirche reagierte „bestürzt“ auf die Absage der Finanzierung und bat im Namen von Bischof Stäblein „eindringlich, diese Entscheidung zu überdenken und zurückzunehmen“. Es handele sich um ein Projekt, „bei dem Antisemitismus-Bekämpfung mit den Kinderschuhen beginnt“. Die investierten Mittel seien bei einem Aus „sinnlos verbrannt“. Zudem drohe ein „Vertrauensverlust“, mahnte der Länderbeauftragte der Evangelischen Kirche, Martin Vogel.


Als „Unverschämtheit“ bezeichnete SPD-Jugendpolitiker Alexander Freier-Winterwerb die Behauptung der Jugendverwaltung, dass CDU und SPD sich darüber „einig“ gewesen seien, „das Projekt an diesem Standort zur Disposition zu stellen“. Die Grünen-Abgeordnete Marianne Burkert-Eulitz sagte im Bildungsausschuss, es gehe bei dem Kita-Haus um ein „Symbol des Zusammenhalts in dieser dunklen Zeit“. Ebenso wie die Evangelische Kirche lehnt die Jugendpolitikerin das Argument des Überangebots an Kitaplätzen in der Region um die Marchlewskistraße ab, da es sich um ein Projekt mit berlinweiter Bedeutung handele.


Ähnliche Artikel

» Mazyek:“ Mit unseren christlichen Glaubensgeschwistern für den Zusammenhalt innerhalb der europäischen Gemeinschaft eintreten“
» Unverzichtbar, lebendig und vielfältig: Der Dialog als Erfolgsgeschichte
» Bundesweit erste Drei-Religionen-Kita entsteht in Berlin
» Indonesien: Zeichen des Dialogs - Aufruf zum Einsatz gegen Gewalt und Umweltzerstörung
» Auftakt der „Muslimischen Hauptstadtgespräche“ des ZMD war ein voller Erfolg

Wollen Sie einen
Kommentar oder Artikel dazu schreiben?
Unterstützen
Sie islam.de
Diesen Artikel bookmarken:

Twitter Facebook MySpace deli.cio.us Digg Folkd Google Bookmarks
Linkarena Mister Wong Newsvine reddit StumbleUpon Windows Live Yahoo! Bookmarks Yigg
Diesen Artikel weiterempfehlen:

Anzeige

Hintergrund/Debatte

Extreme bis extremistische Einstellungen in Deutschland auf dem Vormarsch mit Spiegelung in der Politik und Medien
...mehr

Langes KNA-Interview: Der neue Vorsitzende des Zentralrats der Muslime über sein Amt
...mehr

Bochum ehrt Ahmed Aweimer zum 70. Geburtstag
...mehr

Aiman Mazyek kommentiert das Verbot der Imam Ali Moschee: "Blaue Moschee - Islamisches Zentrum in Hamburg
...mehr

Medienanalyse: Rassismus in Medien, Recht und Beratung
...mehr

Alle Debattenbeiträge...

Die Pilgerfahrt

Die Pilgerfahrt (Hadj) -  exklusive Zusammenstellung Dr. Nadeem Elyas

88 Seiten mit Bildern, Hadithen, Quran Zitaten und Erläuterungen

Termine

Islamische Feiertage
Islamische Feiertage 2019 - 2027

Tv-Tipps
aktuelle Tipps zum TV-Programm

Gebetszeiten
Die Gebetszeiten zu Ihrer Stadt im Jahresplan

Der Koran – 1400 Jahre, aktuell und mitten im Leben

Marwa El-Sherbini: 1977 bis 2009