Newsinternational Mittwoch, 08.07.2015 |  Drucken

Humanitäre Katastrophe im Gazastreifen hält an

US-Geheimdienst: Die jetzige Blockadepolitik «bestraft eine große Bevölkerung und
macht sie feindlich und radikal» - 2014 nach 51 Kampftage mehr als 2.100 Tote

Millionendefizits der UNRWA, dem UN-Flüchtlingshilfswerk für
Palästinenser, noch verschärfen. Mit strengen Sparmaßnahmen kann
UNRWA seine Leistungen noch bis Jahresende gewährleisten. Wie es dann
weitergeht, ist offen.

Der Ausfall des Hilfswerks wäre für die 1,8 Millionen Menschen in
Gaza eine Katastrophe. 80 Prozent von ihnen, so die Schätzungen, sind
von internationaler Hilfe abhängig - eine Rate noch höher als die der
Arbeitslosen, mit 43 Prozent die höchste weltweit. Die humanitäre
Krise im Gazastreifen halte an, sagte der OCHA-Koordinator für die
Region, Robert Piper, anlässlich des Jahrestags, und «wie immer
zahlen die Zivilisten den höchsten Preis». 70 Prozent der Kinder in
den am stärksten betroffenen Gebieten, schätzt die «Thomas Reuters
Foundation», leiden unter Kriegstraumata.

Die UN und die Menschenrechtsorganisation Amnesty International
warfen beiden Parteien Kriegsverbrechen vor, und auch am linken Rand
der israelischen Gesellschaft wurde Kritik an der Kriegsführung laut.
Das offizielle Israel verweist auf legitime Selbstverteidigung.
Anfängliche Lockerungen der Blockade wie die Erteilung von
Reiseerlaubnissen wurden mit Verweis auf die sich verschlechternde
Sicherheitslage wieder eingeschränkt. Versuche von Aktivisten, die
Seeblockade mit Hilfslieferungen zu durchbrechen, scheiterten. «Es
gibt keine Blockade des Gazastreifens und ihr seid eingeladen,
jegliche Hilfsgüter in den Gazastreifen durch Israel einzuführen»,
schrieb ihnen Ministerpräsident Benjamin Netanjahu.

Doch Israel ist nicht die einzige Baustelle Gazas. Versuche einer
Einheitsregierung zwischen Fatah-Bewegung und Hamas scheiterten. Der
Ton verschärfte sich zuletzt zusätzlich, als Palästinenserpräsident
Mahmud Abbas rund 170 Hamas-Anhänger im Westjordanland festnehmen
ließ.

Der südliche Nachbar Ägypten setzt seine Abschottung fort und baut
nach der Zerstörung der Schmugglertunnel an einer Pufferzone. Im
eigenen Territorium muss Hamas zunehmend Konkurrenz aus dem
extremistischen Lager fürchten. Anfang Juli drohte die Terrormiliz
«Islamischer Staat» (IS) mit einer Übernahme des Gazastreifens - eine
Gefahr, die US-Militärgeheimdienst-Chef Michael Flynn für nicht
unbegründet hält.

Die jetzige Blockadepolitik «bestraft eine große Bevölkerung und
macht sie feindlich und radikal», so die «Aix-Gruppe», ein seit 2002
bestehendes Team aus israelischen und palästinensischen
Wirtschaftsforschern. In ihrer jüngsten Analyse fordern sie den
Wiederaufbau der zerstörten Gaza-Wirtschaft - inklusive einer
«Sicherheitspassage» in das Westjordanland, einem Ausbau des Hafens
und des internationalen Flughafens.



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