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									Sonntag, 04.09.2011 |    Drucken | 
								 
							 
						
					 
					
						
							
								
								
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Faszination des Islams für den europäischen Intellekt
Einladung zu einer anderen Art Dialog. Malik Özkan bespricht das Buch von Andreas Rieger: "Weg mit dem Zins“
(iz). Die Griechenlandkrise zeigt uns in diesen Tagen die Zerbrechlichkeit des internationalen Finanzsystems. Über Jahre waren die Europäer zwar politisch aufgeklärt, hatten aber gleichzeitig die Irrationalität des Finanzwesens nie sehen wollen. In ökonomischen Fragen herrschte bei den Eliten Bildungsnotstand. Erst in den  letzten Jahren wurde den Europäern schlaghaft bewusst, dass das Recht der Banken gigantische Summen aus dem „Nichts“ zu schaffen, die Grundlagen unseres Gemeinwesens gefährdet. Das Problem ist klar, der nationalen Politik fehlt es gegen über den global vernetzten Banken oft genug an Macht, Fachkompetenz und Unabhängigkeit.  
 
In seinem Handbuch „Weg mit dem Zins“ erinnert IZ-Herausgeber Abu Bakr Rieger an die Kompetenz der Religionen, über eine gerechte Wirtschaftsordnung mitzusprechen. Im Kern sehen oder besser sahen Judentum, Christentum und Islam in der Zinsnahme eines der Kernprobleme ungerechten Wirtschaftens. Eine Sicht, die auch in der griechischen Philosophie zustimmend reflektiert wird und die damit auch zu den Grundlagen der europäischen Wissenschaft gehört. Rieger zeigt in seiner Abhandlung auf, dass dieser Dialog über den Zins heute neue Impulse zwischen Glauben und Denken und interessanten Stoff für das intellektuelle Gespräch zwischen Juden, Christen und Muslime liefern kann.  
 
Das Zinsproblem an sich - natürlich in klarer Abgrenzung von der ideologischen Pervertierung durch die Nationalsozialisten - bleibt für Muslime eines der Schlüssel für ein tieferes Verständnis unserer Zeit. Rieger zeigt an Beispielen auf, dass insbesondere prominente christliche Denker dieses Problem wieder ernster nehmen. Auf der Grundlage der Vernunft könnte so ein spannendes Gespräch zwischen den Religionen entstehen. Die Zeit drängt, denn ohne den Druck wichtiger zivilgesellschaftlicher Gruppen könnte der Machtkampf zwischen Finanzstruktur und Politik zu Lasten der Politik verlorengehen. 
  
	Da Islamische Wirtschaftsrecht wurde bis heute kaum wahrgenommen, ist aber „liberal“ und „moralisch“ zugleich und liefert letztendlich mit seinen Institutionen ein alternatives Wirtschaftsmodell 
	
Über ein Jahrzehnt, so führt Rieger aus, schien der Islam nur Teil der Problems zu sein. Jetzt, in der Finanzkrise könnte der Islam als Teil der Lösung wahrgenommen werden. Nach dem zynischen Terror einiger muslimischer Außenseiter ist es Zeit, auch die positiven Seiten des Islam zu betonen. Die Debatte über den Islam berührt immer noch sehr selten seine fundamentalen Inhalte. Das islamische Wirtschaftsrecht wurde bis heute kaum wahrgenommen, ist aber „liberal“ und „moralisch“ zugleich und liefert letztendlich mit seinen Institutionen ein alternatives Wirtschaftsmodell. Die „islamische Bank“ ist dabei allerdings nur eine schlechte Kopie des modernen Bankwesens. In seiner freiheitlichen Wirtschaftsordnung, so Rieger, verkörpert sich auch die Faszination des Islams für den europäischen Intellekt. Muslime müssen heute als Befürworter einer wirklich freien Marktwirtschaft wahrgenommen werden.  
 
Wer sich für Schlüsselpositionen des Islams in dieser Zeit interessiert und an einem intelligenten Dialog der Religionen teilhaben will, sollte dieses kleine Handbuch lesen. Es eröffnet zahlreiche neue Horizonte und gibt wichtige Impulse in der Finanzkrise.  
 
Andreas Rieger "Weg mit dem Zins" - Compact Verlag, 2011 Taschenbuch, 114 Seiten - ISBN: 9783897064263  Preis: 8,80 EUR 
  
	
	
    
	
								
                                
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