In der Lailatu-l-qadr (der Nacht der Macht und der Bestimmung),
(Sura 97), des ersten Februars 610 nach der Geburt Jesu (a.s.) im
Monat Ramadan, dem neunten Monat des Mondjahres, wurde des Buch des
Erhabenen Schöpfers dem Propheten Muhammad (a.s.s) offenbart.
Die Offenbarung des Qur'an, des heiligen Buches des Islam, gilt als
das wichtigste Ereignis in der Menschheitsgeschichte, und wird es auch
weiterhin als solches bleiben bis zum Tage des Jüngsten Gerichts;
denn Prophetentum und Herabsendung göttlicher Botschaften haben
mit dem Tod des Propheten Muhammad (a.s.s.), dem Letzten aller
Propheten, ihr Ende gefunden.
Mit einem einzigartigen Mann und großen Propheten in der segensreichen
Reihe des Prophetentums begann also die Geschichte des historischen
Islam. Und mit der Gnade Allah's, die den Anhängern des Islam
Standhaftigkeit und Ausdauer verlieh (und verleiht), bekennen sich
heute über eine Milliarde Menschen zum Islam.
Das Heilige Buch, der Qur'an, ist das Wort Allah's; das einzige, das
seit seiner Offenbarung unverfälscht und vollkommen erhalten
geblieben ist. Kein anderes Buch in der Menschheitsgeschichte
wird soviel gelesen, zitiert und auswendiggelernt wie der Qur'an.
Es gibt auch kein anderes Buch im menschlichen Dasein, das in gleichem
Maße das Leben des einzelnen, der Familie und der Gesellschaft
geprägt hat.
Und es gibt kein anderes Buch, das die Menschheit jemals gekannt hat,
dem Richtigkeit, Glaubwürdigkeit und Treffsicherheit in allen seinen
Worten und Aussagen so eigen sind, wie dem Qur'an;
denn er ist das vollkommene Werk des Schöpfers.
Lies im Namen deines Herrn! Mit diesen allerersten Worten beginnt
die göttliche Offenbarung des Qur'an. Diese Aya leitet im Qur'an,
in dem Allah (t) die einzelnen Offenbarungen später zur historischen
Reihenfolge nach Suren geordnet hat, die 96. Sura Al-'Alaq ein.
Später wurde die Sura Al-Fatiha verkündet, die die Surenabfolge
des Heiligen Buches eröffnet. Deren erste Aya lautet: "Im Namen Allah's,
des Allerbarmers, des Barmherzigen!" - ein Zeugnis göttlicher Vollendung
und Urheberschaft; denn Muhammad, Friede sei auf ihm, der des Lesens
und Schreibens unkundig war, hätte diese Worte nicht im geringsten
verändern können.
Das Wunder des Qur'an besteht auch darin, daß seine Offenbarung, die
sich über dreiundzwanzig Jahre erstreckte und nur kurze Zeit vor dem
Tode des gütigen Propheten (a.s.s.) mit der Aya 281 der zweiten Sura
Al-Baqara ihren Abschluß fand, keinen sachlichen Fehler enthält,
gleichwohl, um welches Wissensgebiet es sich auch handelt.
Und wenn man diese abschließende Aya mit dem Gesamtinhalt des Qur'an
vergleicht, so stellt man fest, daß sie in vollen Einklang steht
mit dem Kern des islamischen Glaubens; in wunderbarer Weise ist hier
die Aussage eines ganzes Buches in einem einzigen Vers zusammengefaßt.
Es ist die Botschaft, die unzählige Menschen einen neuen Maßstab für alle
ihre Normen und ethischen Werte sowie eine neue Zielrichtung für alle
ihre Bestrebungen auf dieser Erde gibt.
Dieser Segen ist in 114 Suren verschiedener Länge enthalten; jede Sura -
mit Ausnahme der Sura Nr. 9 At-Tauba - beginnt mit den göttlichen
Worten Bismillahi-r-rahmani-r-rahim (Im Namen Allah's, des
Allerbarmers, des Barmherzigen!).
Diese werden kurz Basmala genannt; sie bilden einen festen
Bestandteil des Alltags eines jeden Gläubigen.
Jeder Mensch, der diese Worte mit Aufrichtigkeit und Nachdenklichkeit
liest, wird sich der unendlich gewaltigen Realität bewußt; nämlich
wie nahe wir mit Allah (t) verbunden sind, und wie abhängig unser Dasein
auf Erden von Ihm ist.
Am Ende des Heiligen Buches stehen die letzten zwei Suren Al-Falaq und
An-Nas, Nr. 113 und 114, welche die Zufluchtnahme des Menschen bei
Allah (t) beschreiben.
Und wenn wir nach dem letzten Vers des Qur'an die Rezitation beenden
und sie wieder mit dem ersten Vers der ersten Sura Al-Fatiha verbinden
wollen, so schließt sich der Kreis in wunderbarer Harmonie; einer
Vollkommenheit, wie sie der menschliche Geist nicht hervorbringen kann.
Der göttliche Wert der Offenbarung
Worte, Stil und Inhalt des Qur'an sind nachweisbar übermenschlich. So konnten
die Philologen, die sich darüber einig sind, daß Sprache aus Prosa
und Dichtung besteht, die Sprache des Qur'an niemals einem der beiden
Begriffe unterordnen; deshalb nimmt die arabische Sprache als
einzige der Welt eine dreifache Einteilung vor: nämlich in "Qur'an",
"Prosa" und "Dichtung".
Einige Gelehrte gehen noch ein Stück weiter und subsumieren der
arabischen Sprache die Aussprüche des Propheten Muhammad (a.s.s.),
die Hadithe, als vierte und zugleich in sich gegliederte Gruppe.
In seinen Aussagen und Argumenten durchbricht der Qur'an das menschliche
Gesetz und erhebt sich über alle weltlichen Normen und Prinzipien.
Er besitzt Überzeugungskraft und erzeugt eine große gefühlsmäßige
Stärke beim Menschen.
Es ist das einzige Buch, in dem die Menschen beim Lesen irgendeines
Kapitels sofort erkennen, was der Schöpfer verlangt; Allah (t) verlangt
den ganzen Menschen als Seinen Diener und Ergebenen. Das Buch Allahs
benötigt weder das übliche Vorwort noch eine Einleitung, damit der Leser
imstande ist, den Buchstoff gedanklich zu verarbeiten. Das Qur'an
ist auch nicht systematisch nach Sachgebieten unterteilt; trotzdem
besteht kein Grund zu der Befürchtung, daß ein Leser, der zum Beispiel
das Ende des Buches aufschlägt, seinen Sinn nicht ohne die Kenntnis
des Anfangs erfassen kann. Denn der Qur'an gibt unmißverständlich
Auskunft über das, was Allah (t) seinen Geschöpfen offenbart - jede
Sura spricht unmittelbar für sich. Gleichwohl, welchen Teil der Leser
sich vergegenwärtigt, er erfährt den Kern der Einheit Allahs (Tauhid)
und die Kernaussage .
Dennoch finden wir in der Gesamtstruktur aller Suren und überall im Qur'an
einen wunderbaren Plan, den kein Mensch hätte ersinnen können. Jeder
einzelne seiner Verse und Sätze steht in engem Zusammenhang mit allen
anderen Versen und Sätzen, so daß jeder Einzelteil die anderen erläutert
und ergänzt.
Daraus folgt, daß der tiefere Sinn des Qur'an nur dann erfasst werden kann,
wenn man jede einzelne seiner Aussagen als ein Korrelat aller anderen
in ihm enthaltenen Aussagen ansieht und bestrebt ist, seine Gedankenfolgen
durch wechselseitige Verweisungen der einzelnen Stellen untereinander
zu erklären. Hierbei muß das Besondere immer dem Allgemeinen und das
Beiläufige dem Wesentlichen untergeordnet werden. Sobald man diese Regel
treu befolgt, erkennt man, daß der Qur'an sich selber aufs beste auslegt.
Der Qur'an ist absolut unfehlbar, denn er ist übernatürlicher und
übermenschlicher Herkunft. Nach der Aya 9 der 15. Sura Al-Higr bezeugt
Allah (t) Seine Urheberschaft und übernimmt die Gewähr für die Unversehrtheit
der Qur'an. Damit ist der Qur'an in der Lage, sich selbst als Wort des
Erhabenen Schöpfers auszuweisen. Der Gläubige leitet deshalb in aller
Selbstverständlichkeit die Qur'an-Aya mit den Worten ein:
" qala-llah (Allah hat gesagt)", und bestätigt damit, daß er die Wahrheit und
das bindende Gesetz ist, welches ohne wenn und aber befolgt werden muß;
für ihn ist Muhammad (a.s.s.) hatamu-n-nabiyyin (Letzter aller
Propheten), wie dies in der Aya 40 aus der Sura Al-Ahzab (Nr. 33) betont
wird.
Es ist für einen Gläubigen unmöglich, den Propheten Muhammad (a.s.s.) ebenso
wie alle anderen Propheten, die im Qur'an erwähnt werden, der Falschheit
und der Lüge zu bezichtigen.
Umkekehrt bedeutet das: Derjenige, der an das Buch Allahs glaubt, wird niemals
an das glauben, was im Widerspruch zum Qur'an steht, wie zum Beispiel an die
vom Qur'an verneinte Dreifaltigkeit Allahs, Seine Vaterschaft zu Jesus (a.s.) -
obschon der Qur'an gleichzeitig die jungfräuliche Empfängnis Marias anerkennt -
oder an die Kreuzigung Jesu, den Allah (t) tatsächlich vor den Händen seiner
Feinde gerettet hatte.
Der Muslim anerkennt den göttlichen Wert des Qur'an und seine Heilskraft für sein
Leben im Diesseits und im Jenseits. Als Norm und Maßstab für jeden Muslim
ist es Pflicht aller Gläubigen, ob Männer und Frauen, den Qur'an zu lesen und
zu verstehen. Um den Qur'an verstehen zu können, genügt es nicht, seine Worte
mit der Zunge zu sprechen und mit den Augen zu verfolgen; vielmehr muß der
Mensch sich in das göttliche Wort mit dem Licht des Herzens und mit der inneren
Stimme eines aufrichtigen Gewissens versenken. Dies ist deshalb notwendig,
weil der Qur'an für alle Menschen und für alle Zeiten Aussagen trifft; jeder
- ob gläubig oder ungläubig - ist im Qur'an angesprochen und findet in ihm
die richtige Bewertung seiner Lage, wenn er beispielsweise die Worte Allahs
zu Beginn der zweiten Sura Al_Baqara liest.
Mit nachweisbarer Sicherheit deckt sich der Inhalt des heute vorhandenen
Qur'an-Textes mit der Offenbarung, die der Prophet Muhammad (a.s.s.) vom Engel
Gabriel (a.s.) erhalten hatte. Außerdem kannten viele Menschen beim Tode des
Propheten (a.s.s.) noch den gesamten Qur'an auswendig, wie es über Jahrhunderte
hinweg bis zum heutigen Tage der Fall ist. Dies erleben wir Muslime fast
tagtäglich beim Gebet, wenn ein Vorbeter einen Fehler bei der Rezitation der Ayat
begeht und sofort von den hinter ihm stehenden Betenden die korrekte Aussprache
und den genauen Inhalt des Satzes in allen Einzelheiten zu hören bekommt und
somit zur Wiederholung des Satzes in korrigierter Form gezwungen ist. Diese
Gewährleistung der Unversehrtheit des Qur'an bleibt solange bestehen, wie Allah (t)
das Leben auf Erden zuläßt. Jeder Versuch, den Qur'an zu fälschen - wie
geringfügig dies auch sein mag - wird fehlschlagen bis zum Tage der Auferstehung.
Wir sind Allah (t) unendlich dankbar dafür, daß durch seine Gnade die Bewahrung
der Schrift im vollen Sinne gesichert ist. Die Sorge, es könnte dem authentischen
Wort Allahs eine Schädigung von Menschenhand zugefügt werden, ist uns Muslimen
für immer vom Schöpfer abgenommen worden. Seiner Reinheit und göttlichen
Würdigung wegen erhielt der Qur'an den ehrenden Beinamen Karim (edel, würdig).
Alles Lob gebührt Allah, dem Herrn der Welten!