Newsnational Samstag, 14.03.2009 |  Drucken

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0+0=1? Kapitalistische Heilslehre führte ins Desaster: Die Shareholder-Value-Lehre ist „die blödeste Idee der Welt“

Islamischer Wirtschaftsgipfel in Indonesien - Vatikan-Zeitung: Islamische Finanzsystem besser als das kapitalistische?

Letzte Woche endete der islamische Wirtschaftsgipfel im indonesischen Jakarta. Die 36 vertretenen Länder sprachen sich unter anderem für einen Ausbau des islamischen Finanz- und Bankenwesens aus. Indonesiens Staatspräsident Susilo Bambang Yudhoyono forderte einen globalen "Spitzenplatz" für islamische Banken. Diese seien von der Krise kaum betroffen, weil sie nicht in die riskanten westlichen Finanzprodukte investiert hätten.

Sogar die Vatikan-Zeitung Osservatore Romano sieht im Scharia-basierenden Islamischen Finanzwesen einen möglichen Weg aus der Finanzkrise. Die ethischen Regeln des islamischen Bankwesens seien im Stande, einem gescheiterten kapitalistischen Finanzsystem wieder Vertrauen und Liquidität zu verschaffen, heißt es in einem Beitrag zweier italienischer Wirtschaftwissenschaftlerinnen in der letzten Mittwochsausgabe des Blattes. "Wir glauben, dass das islamische Finanzwesen zur Etablierung neuer Regeln für das westliche Finanzwesen beitragen kann", schreiben die Autorinnen Loretta Napoleoni und Claudia Segre.

"Islamische" Investitionsformen verhinderten eine "künstliche Erzeugung von Geld". So seien neben Zinsen auch bestimmte Formen von Spekulation verboten. Die Autorinnen sehen im Sukuk-System ein Mittel gegen Finanzkrisen. Dabei fließen Anleihen für Projekte, für die der Geldgeber statt Zinsen eine Gewinnbeteiligung erhält.

Unterdessen titelt wegen eines spektakulären Eingeständnisses der neueren Unternehmensgeschichte (Jack Welch, der frühere Chef des US-Elektrokonzerns General Electric) die Süddeutsche Zeitung die Aussage so, "als sei der Papst aus der Kirche ausgetreten".

Jack Welch war der bekannteste Prediger einer Heilslehre, der in den vergangenen zwei Jahrzehnten Konzernlenker in aller Welt gefolgt sind: dem Prinzip des Shareholder-Value. So wie Welch hatten die meisten Konzernchefs in Amerika und Europa alles getan, um den Wert ihrer Unternehmen zu steigern. Rauf mit dem Aktienkurs - das war ihr Motto. Doch am Freitag verkündete Welch in einem Interview mit der Financial Times: "Genau genommen ist Shareholder Value die blödeste Idee der Welt."

Es klingt, als sei der Mann, der mal als der härteste Manager galt, mit 73 Jahren reumütig geworden. Und als stimme er ein in den Chor jener, die die Ursachen der Finanzkrise im Renditewahn der vergangenen Jahre suchten, im quasi religiösen Glauben, hausbackenen Regeln der Wall Street.

Seit dem Ausbruch der Finanzkrise im vergangenen Jahr waren die Kritik an jenem Prinzip gewachsen, das die Aktionäre über alles stellt. Die Jagd nach möglichst hohen Aktienkursen - verbunden mit Managergehältern, die an eben diese Kurse gekoppelt sind - hat für viele geradewegs ins Desaster hineingeführt.

Josef Ackermann, der Chef der Deutschen Bank und der vielleicht stärkste Förderer des Shareholder Values-Wesens, verlangte von der Deutschen Bank eine Kapitalrendite von 25 Prozent. Das hatte in Deutschland kein anderer Dax-Chef zuvor gewagt. Ackermann erreichte diesen Wert kurzfristig. Heute kann die größte Bank des Landes froh sein, dass sie in der Finanzkrise ohne staatliche Gelder auskommt.

Der Shareholder-Value-Gedanke kam in Deutschland in ein besonders trübes Licht, als zunehmend anonyme Finanzinvestoren Firmen übernahmen und anschließend auspressten. "Manche Finanzinvestoren verschwenden keine Gedanken an die Menschen, deren Arbeitsplätze sie vernichten. Sie bleiben anonym, haben kein Gesicht, fallen wie Heuschreckenschwärme über Unternehmen her, grasen sie ab und ziehen weiter", sagte im April 2005 der SPD-Bundesarbeitsminister Franz Müntefering.




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