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Donnerstag, 30.10.2008 | Drucken |
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Kapitalismus versus Islam?
Perspektivwechsel für die Muslime: Nicht nur jammern und mahnen, sondern auch alternativ handeln
"Die islamischen Banken handeln nicht auf Pump, sondern mit tatsächlichen Guthaben - das bewahrt sie vor den Problemen, mit denen die Banken in Amerika und Europa gerade Bekanntschaft machen", sagte der Chef der Qatar International Islamic Bank, Abdel Bassat El Schibi, mit Blick auf die Probleme fast aller hiesiger Geldhäuser.
Bei einer "radikalen Umgestaltung" des weltweiten Finanzwesens biete der Islam deshalb zum Kapitalismus eine Alternative zur Verringerung der Risiken, sagte der Theologie-Dekan in Doha, Hatem El Nakraschaui. Sein saudiarabischer Kollege Suleiman El Audah regte sogar einen internationalen Gipfel an, auf dem der Rahmen einer solchen islamischen Alternative abgesteckt werden könne.
Siehe dazu auch heute in sogesehen.TV die Fortsetzung der Reihe „Finanzcrash und Zinsverbot“ über sogesehen.TV ab 20.00 Uhr
Das islamische Finanzwesen unterscheidet sich in zwei wesentlichen Punkten von Bankgeschäften, wie man sie in Amerika oder Europa betreibt. Zum einen unterliegt es einem Zinsverbot, das im Koran verankert ist. Bei Muslimen gelten Zinsen als Geld ohne Leistung und damit als Wucher. Zum zweiten sind bei den verschiedensten islamischen Produkten Risiken und Gewinne zwischen der Bank und dem Kunden geteilt.
Dennoch bekommen beispielsweise auch die arabischen Börsen die Auswirkungen der weltweiten Finanzkrise ebenso zu spüren wie andere Finanzplätze der Welt - wenn auch in etwas abgeschwächter Form. Weist das islamische Bankwesen den Ausweg aus der Krise?
Aufkommende Panik oder zumindest die Angst vor großen Verlusten bringt dabei vielen Muslimen in Erinnerung, dass manches von dem vielleicht hätte verhindert werden können, wenn man den Geboten der Religion gefolgt wäre. Der Zakkat – die soziale Pflichtabgabe für Arme und Bedürftige im Islam wird, wie oft in den islamischen Gesellschaften vergangener Jahre zu beobachten war, das gröbste Elend jedoch auffangen.
Das in der muslimischen Welt z.T. ein auf der Religion basierendes Banksystem - das Islamische Bank- oder Finanzwesen - ist zwar nirgens offiziell als System erklärt worden, es gewinnt aber an Popularität, besonders in der Bevölkerung. Man spricht von einem jährlichen Zuwachs von 27 Prozent, meint heute in einem Kommentar der Nahost-Experte und Chefredakteur der Deutschen Welle Peter Philipp.
Ist es Utopie zu glauben, dass die Finanzkrise mit dem islamischen Bankwesen verhindert worden wäre? "Nicht ganz", sagt Michael Saleh Gassner, Islamwirtschafts-Experte und ZMD-Beauftragter für islamische Finanzzertifikate. Nach den Regeln des Islamischen Bankwesens gebe es unter anderem ein Verbot des Geldzinses. Und der habe die Krise schließlich nachhaltig beeinflusst, so der Vizepräsident eines islamischen Geldinstitutes in der Schweiz gegenüber der Deutschen Welle.
Interessant auch die Abhandlung (siehe untere link) des IZ- Herausgebers Abu Bakr Andreas Rieger, der einen schlimmen Zusammenhang zwischen der wundersamer Geldvermehrung auf den Finanzmärkten der Welt und der Zerstörung unseren Planeten erkennen will.
Jede Finanzierung muss mit einer realwirtschaftlichen Transaktion verbunden werden. So sagt es zumindest das islamische Recht. "Man muss sich genau ansehen: Was ist das zugrunde liegende Geschäft? Will jemand ein Haus kaufen, kann man ihm das auf Ratenzahlung verkaufen? Das sieht erst mal so aus wie ein Darlehen, am Ende stellt es aber sicher, dass man sich genau anschaut: Was wird da eigentlich gemacht", sagt Gassner.
Seit die ersten islamischen Banken in den siebziger Jahren aufmachten, sind weltweit Hunderte solcher Banken entstanden. Und auch westliche Banken haben begonnen, "Islamic Financing" zu entdecken: Um in der islamischen Welt besser ins Geschäft zu kommen und um den eigenen muslimischen Bürgern ein akzeptables Banksystem anzubieten. Ihr Erfolg hängt aber davon ab, wie rasch die islamische Welt zum islamischen Bankwesen übergeht. Michael Gassner ist nicht so optimistisch: "Das alles ganz islamisch wird, ist noch nicht einwandfrei zu erkennen", sagt er. "Das wird sicherlich sehr lange dauern, denn auch dort gibt es schließlich nicht nur praktizierende Muslime." (Eigener Bericht/DW-Bericht)
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