Newsinternational Dienstag, 09.09.2025 |  Drucken

Rückkehr syrischer Flüchtlinge: Trotz Assads Sturz bleibt die große Rückkehrwelle nach Deutschland aus

Neun Monate nach dem Sturz des syrischen Diktators Baschar al-Assad zeigen sich deutliche Unterschiede in den Rückkehrbewegungen von Flüchtlingen aus der Türkei und aus Deutschland. Während die Zahlen aus der Türkei in die Höhe schnellen, zögern viele in Deutschland lebende Syrer, zurückzukehren – Warum?

Ankara/ Berlin – Neun Monate nach dem Fall des Regimes in Damaskus ist die Zahl der syrischen Flüchtlinge, die aus der Türkei in ihre Heimat zurückkehren, sprunghaft angestiegen. Aus Deutschland hingegen ist die Rückkehrbereitschaft weiterhin sehr gering, wie aus aktuellen Daten und Expertenmeinungen hervorgeht. Laut Angaben des türkischen Innenministeriums, die vom Nachrichtenportal „Syrian Observer“ zitiert werden, haben seit der Machtübernahme der Übergangsregierung mehr als 250.000 syrische Flüchtlinge die Türkei verlassen, um nach Syrien zurückzukehren. Die meisten von ihnen seien aus den Grenzprovinzen Hatay, Gaziantep und Şanlıurfa aufgebrochen. Die türkische Regierung unterstützt diese Entwicklung aktiv durch ein Programm zur freiwilligen Rückkehr und betont die verbesserte Sicherheitslage in vielen Teilen Syriens. Im krassen Gegensatz dazu stehen die Zahlen aus Deutschland. Das Bundesinnenministerium verzeichnete im gleichen Zeitraum lediglich 452 Rückkehrer aus dem gesamten Bundesgebiet. Diese minimalistische Zahl, so Experten, sei auf eine Vielzahl von Gründen zurückzuführen. Neben der weiterhin fragilen Sicherheitslage und ungeklärten Eigentumsfragen ist ein wesentliches Hindernis die Sorge der Geflüchteten, ihren gesicherten Aufenthaltsstatus in Deutschland zu verlieren. Viele fürchten, dass eine freiwillige Rückkehr in ein noch immer als unsicher eingestuftes Land ihre Aufenthaltserlaubnis gefährden oder sogar zu deren Verlust führen könnte, wie Migrationsrechtler gegenüber dem „Syrian Observer“ erläuterten. „Die Entscheidung, zurückzukehren, ist extrem komplex“, erklärt Dr. Kamil, ein in Berlin lebender syrischer Wirtschaftswissenschaftler, dem Portal. „Wer hier Arbeit, eine Wohnung und vor allem eine Zukunftsperspektive für seine Kinder aufgebaut hat, wirft das nicht leichtfertig weg für eine ungewisse Zukunft in einer Heimat, die Jahre brauchen wird, um sich zu erholen. Dazu kommt die konkrete Angst, das once erreichte Aufenthaltsrecht zu verspielen. „Hinzu kommen praktische Hürden: Der Mangel an konsularischen Dienstleistungen erschwert die Organisation einer Rückkehr erheblich. Ohne funktionierende Botschaften oder Konsulate ist die Beschaffung notwendiger Dokumente ein langwieriger und unsicherer Prozess.

Während die Türkei primär Flüchtlinge aus Grenzregionen mit starken familiären und kulturellen Bindungen beherbergte, die eine schnellere Rückkehr begünstigen, sind viele Syrer in Deutschland weiter von ihrer Heimat entfernt – sowohl geographisch als auch oftmals emotional, nach Jahren des Aufbaus eines neuen Lebens. Es scheint, dass für die große Mehrheit der syrischen Gemeinschaft in Deutschland der Traum von der Rückkehr in eine sichere Heimat zwar lebendig bleibt, die praktische Umsetzung aber noch aufbessere und stabilere Zeiten in Syrien warten muss.



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