Finanzierungsstopp für Drei-Religionen-Kita erschüttert alle
Berlin will weltoffene Stadt sein und beschließt das Aus einer schon zugesicherten Förderung -angeblich aus Kostengründen. Kritik von den Religionsgemeinschaften und Opposition – Solidarität und Petitionen
Berlin (KANN/Eigene) Mit Erschütterung reagieren die Initiatoren des Drei-Religionen-Kita-Hauses auf das Finanzierungs-Aus durch den Berliner Senat. "Wir haben am Mittwoch davon erfahren, am Donnerstag wurde dies im Bildungsausschuss im Abgeordnetenhaus thematisiert", sagte die Sprecherin des Vereins, Anne Poeschel, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Freitag in Berlin. Aufgrund des Berliner Sparhaushalts wird das preisgekrönte Projekt, das christliche, jüdische und muslimische Kinder zusammenzubringen soll, nicht weiter gefördert, wie der Berliner "Tagesspiegel" (Online) am Donnerstagabend berichtete. Als Begründung gab Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) laut Zeitung an, dass in Friedrichshain keine neuen Kitaplätze gebraucht würden. "Wir haben immer gesagt, dass unser Projekt für ein überlokales Einzugsgebiet angelegt ist", so Poeschel weiter. "Es gibt in Berlin nur sehr wenige jüdische und muslimische Kitas. Familien, die dieses religionspolitische Konzept für ihre Kinder wünschen, nehmen auch weitere Fahrtwege in Kauf." Man werde daran arbeiten, das Konzept zu retten, indem eigene "Ressourcen" mobilisiert würden, sagte die Sprecherin. Mehr könne zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht gesagt werden.
Der ehemalige Vorsitzender Aiman A. Mazyek, der in Berlin lebt, kommentiert dies so: „Das Drei-Religionen-Kita-Hauses in Berlin ist ein interreligiöses Leuchtturmprojekt mit Vorbildcharakter, weit über die Berliner Stadtgrenzen hinaus, lebendige Toleranz im besten Sinne des Wortes also. Der Berliner Senat sticht nun mit dem Messer genau da hinein– nämlich mitten ins Herz. Von Toleranz und Zusammenhalt in Sonntagsreden reden und dann realpolitisch genau das Gegenteil tun. Ich wünsche mir Unterstützung jetzt erst recht für die jüdischen, christlichen und muslimischen Macherinnen – das Projekt muss realisiert werden gerade in diesen Zeiten“.
Erst im Juni war das geplante Drei-Religionen-Kita-Haus in Berlin mit dem Förderpreis der Deutschen Nationalstiftung ausgezeichnet worden, der mit 20.000 Euro dotiert ist. Das interreligiöse Projekt schaffe mit einer jüdischen, einer muslimischen und einer christlichen Kita unter einem Dach eine Umgebung, in der das Zusammenwirken verschiedener Religionen und Kulturen schon von frühester Kindheit an als Normalität gelebt werde, hieß es in der Jury-Begründung.Die Evangelische Kirche reagierte „bestürzt“ auf die Absage der Finanzierung und bat im Namen von Bischof Stäblein „eindringlich, diese Entscheidung zu überdenken und zurückzunehmen“. Es handele sich um ein Projekt, „bei dem Antisemitismus-Bekämpfung mit den Kinderschuhen beginnt“. Die investierten Mittel seien bei einem Aus „sinnlos verbrannt“. Zudem drohe ein „Vertrauensverlust“, mahnte der Länderbeauftragte der Evangelischen Kirche, Martin Vogel.
Als „Unverschämtheit“ bezeichnete SPD-Jugendpolitiker Alexander Freier-Winterwerb die Behauptung der Jugendverwaltung, dass CDU und SPD sich darüber „einig“ gewesen seien, „das Projekt an diesem Standort zur Disposition zu stellen“. Die Grünen-Abgeordnete Marianne Burkert-Eulitz sagte im Bildungsausschuss, es gehe bei dem Kita-Haus um ein „Symbol des Zusammenhalts in dieser dunklen Zeit“. Ebenso wie die Evangelische Kirche lehnt die Jugendpolitikerin das Argument des Überangebots an Kitaplätzen in der Region um die Marchlewskistraße ab, da es sich um ein Projekt mit berlinweiter Bedeutung handele.