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Donnerstag, 05.01.2023 | Drucken |
Entgegen der weitverbreiteten Vorstellung: Religionsgemeinschaften in TV-Nachrichten kommen kaum vor
Die katholische und evangelische Kirche, das Judentum und der Islam haben einen Anteil von höchstens 0,5 Prozent an der Gesamtberichterstattung. Der Islam wird dabei hauptsächlich negativ dargestellt
Bonn (KNA/Eigene) Über die Hälfte der Menschen in Deutschland gehören einer Religionsgemeinschaft an und für die der Glauben ein zentraler Bestandteil ihrer Lebensführung ist. Nichtsdestotrotz werden einer Statistik zufolge Religionsgemeinschaften in mehreren TV-Nachrichten so gut wie gar nicht dargestellt. Zwischen Januar 2021 und Juni 2022 hatten die katholische und die evangelische Kirche, das Judentum und der Islam einen Anteil von höchstens 0,5 Prozent an der Gesamtberichterstattung, wie aus einer repräsentativen Darstellung des Instituts für Demoskopie Allensbach (IfD) und des Forschungsinstituts Media Tenor hervorgeht. Über den sogenannten Freiheitsindex 2022, der am Donnerstag vorgestellt werden soll, hatte zuvor bereits das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtet. Untersucht wurden die Nachrichtensendungen ZDF heute, RTL Aktuell und Tagesschau. Die Zusammenhänge, in denen berichtet wurde, werden allerdings nicht genannt. In der Tagesschau lag der Anteil bei Islam und katholischer Kirche um 0,52 Prozent, beim Judentum bei 0,14 und bei der evangelischen Kirche rund 0,11 Prozent. In der Sendung ZDF heute lagen die Anteile bei rund 0,48 (Islam), 0,47 (katholische Kirche), 0,09 (Judentum) sowie 0,06 Prozent (evangelische Kirche). Am geringsten fällt der Anteil bei RTL Aktuell aus: Der Islam ist mit rund 0,4 Prozent vertreten, die katholische Kirche mit 0,37, das Judentum mit rund 0,1 und die evangelische Kirche mit 0,02.
Islam wird am negativsten dargestellt
In allen drei Nachrichtensendungen wurde der Islam am negativsten dargestellt, am neutralsten die evangelische Kirche. Diese hat bei RTL Aktuell den höchsten positiven Anteil. Bei der Tagesschau trifft dies auf das Judentum zu; das gilt auch für ZDF heute, allerdings nicht in so deutlichem Abstand zu anderen Religionsgemeinschaften, die in diesen Fernsehnachrichten beinahe gleich auf liegen. Die Statistik belegt erneut die ernüchternde Bilanz der medialen Darstellung „des Islams“. Seit Jahrzehnten ist das öffentliche Islambild mit konflikthaften, alltagsfernen und rassistischen Narrativen behaftet. Die einseitig negative Berichterstattung trägt dabei zur Verbreitung von Ressentiments gegen Muslime in Deutschland bei und verstärkt die wachsende Islamfeindlichkeit in der Bevölkerung, die dem Rechtspopulismus in die Hände fällt. Der deutsche Politik- und Medienwissenschaftler Kai Hafez spricht in diesem Zusammenhang von einer „extrem verengten Sicht“ auf die islamische Welt, die sie somit unter einem Extremismus-Vorbehalt stellt. Dabei wird der Islam oft im Kontext von Terrorismus, Fundamentalismus, Rückständigkeit und Frauenunterdrückung thematisiert und wird somit ausschließlich mit Fragen der Gewalt assoziiert. Positive Aspekte werden dabei ausgeblendet, obwohl die Lebensrealität von mehr als 2 Milliarden Muslimen weltweit differenziert zu beurteilen wäre, so Hafez.
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