Justizminister Maas fordert ehrliche Wertedebatte
Kein Anlass für moralischer Überheblichkeit, Anerkennung des Islam wichtiger Bestandteil der Willkimmenskultur und gegen Kopftuchverbot, so wie es die Landes-SPD in Berlin will
Berlin (KNA) Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) fordert mit Blick auf Hunderttausende Flüchtlinge eine neue Wertedebatte in Deutschland, warnt aber vor Abgrenzung und dem erhobenen Zeigefinger. «Die Parole von der Leitkultur ist als trotziger kultureller Anpassungsimperativ gegenüber Migranten unbrauchbar für die Herausforderungen unserer Zeit», schreibt der SPD-Politiker in einem Beitrag für die Januar-Ausgabe der Zeitschrift «Politik und Kultur» des Deutschen Kulturrats. Zentral sei, Werte wie Demokratie, Menschenrechte, Gleichberechtigung und Religionsfreiheit einzufordern. «Antisemitismus - das geht im Land des Holocausts gar nicht!»
In diesem Zusammenhang warnte der Justizminister vor moralischer Überheblichkeit. Auch in der Bundesrepublik habe es - trotz Verankerung im Grundgesetz - lange gedauert, bis Werte wie Gleichberechtigung, Glaubensfreiheit und Anerkennung sexueller Vielfalt sich im Alltag durchgesetzt hätten.
Mit Blick auf Religionsfreiheit wandte sich der SPD-Politiker gegen die in Frankreich praktizierte Trennung von Staat und Religion. «Ein junger Mann mit Kippa, ein Minarett im Stadtbild, ein Sikh mit Turban - all das sind keine Widersprüche zum Grundgesetz, sondern das ist gelebte Religionsfreiheit», erklärte er. Er halte nichts davon, religiöse Symbole aus den Schulen zu verbannen.
Maas warb dafür, die Möglichkeiten des Religionsverfassungsrechts nicht nur den beiden großen Kirchen, sondern allen Religionen anzubieten. «Staatsverträge sind dabei ein wichtiger Schritt hin zu einem deutschen Islam.» Die Bundesrepublik brauche «deutsche Imame, die unsere Wertordnung kennen und leben, und die hier ausgebildet sind». Ein neuer demokratischer, europäischer Islam könnte so auch eine Rolle spielen bei der Bekämpfung von Gewalt und Terrorismus.
In der Debatte um religiöse Symbole wie Kopftücher wandte sich der Minister gegen ein Zwei-Klassensystem der Religionsfreiheit. «Wir können nur entweder alle religiösen Symbole aus dem Klassenzimmer verbannen oder sie alle zulassen. Das Kopftuch zu verbieten, nicht aber Kippa oder Nonnen-Habit, das lässt unsere Verfassung nicht zu.»
Maas warb trotz der Terroranschläge von Paris für eine Willkommenskultur. «Ohne Zuwanderer würde Deutschland schrumpfen und im Bevölkerungsschnitt immer älter werden.» Schon heute würden an manchen Orten Schulen nur deswegen nicht geschlossen, weil dort nun auch syrische Kinder eingeschult würden. Die Hilfsbereitschaft der vielen ehrenamtlichen Helfer werde sich auszahlen. «Ihr Einsatz wird dieses Land am Ende stärken. Denn er macht deutlich: Deutschland ist ein Land der Solidarität und des Zusammenhalts.»
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