Artikel Montag, 10.09.2012 |  Drucken

„Natürlich ist es immer der Andere, der Nachbar, der Vorurteile hat. Man ist es niemals selber“ – Zur Premiere des Theaterstückes „Zu Hause“ in Berlin

Berlin - Die Vorurteile und die Unwissenheit über den Islam sind beinahe schon unendlich. Auf ironische Art macht das Theaterstück „Zuhause“ darauf auch aufmerksam.

Das Werk stammt von Ingrid Lausund. Am 8.9. 2012 wurde es im „Zimmertheater“ in Berlin-Steglitz aufgeführt. Unter der Regie von Angelika Zacek spielt die Schauspielerin Heike Eulitz drei verschiedene Frauen.
„Wie richte ich mich ein – in meiner Wohnung, in meiner Beziehung, im Leben?“ Das sind die Fragen, die die drei Frauen in „Zuhause“ umtreibt.  Da ist die weltoffene Arbeitgeberin einer „Haushaltshilfe mit Migrationshintergrund“, die politisch einwandfrei überkorrekt ihre Vorurteile konsequent in Gänsefüßchen packt, um dann doch ihr türkisches Wunder zu erleben.
Aischa stellt sich als Haushaltshilfe bei der gutbürgerlichen Dame vor. Zum großen Erstaunen der Deutschen spricht Aischa „legales einwandfreies Deutsch.“

Es hatten sich 2 Haushaltshilfen um die Arbeitsstelle beworben. Aischa und Petra. „Ich habe mich für Aischa entschieden. Als Gegenimpuls für Petra sozusagen.“ Um der Türkin eine besondere Freude zu bereiten, serviert die neue Arbeitgeberin Tee in der Teekanne des Modells „1.001 Nacht.“

Leider weiß die Deutsche im Vorfeld noch gar nicht, über was sie sich mit Aischa unterhalten soll. „Vielleicht über Selbstmordattentate, Ehrenmord, 9-11, Kopftuch, Sportunterricht für muslimische Mädchen?“ Als Aischa dann auftaucht, staunt die gutbürgerliche deutsche Dame nicht schlecht. Aischa ist seit 6 Jahren geschieden. Sie hat die Scheidung damals eingereicht. Dürfen das muslimische Frauen überhaupt? Komisch ist ja auch, Aischa lebt noch! Ist von dem Ex-Gatten nicht per Ehrenmord beseitigt worden.

Aischa fragt sogar, ob sie rauchen darf. Die Deutsche entgegnet: „Steht im Islam auf Rauchen nicht sogar die Todesstrafe?“
Die neue Haushaltshilfe ist selbstbewusst! Man bietet ihr einen Stundenlohn von 10 Euro an. Aischa fordert 12 Euro. „Natürlich habe ich sofort 12 bewilligt. Wenn ein Kopftuchmädchen so selbstbewusst ist, muss ich das belohnen.“ Es kann ja so sein: „Vielleicht ist das Kopftuch auch nur so ein Symbol wie bei den Bayern die Seppl-Mütze.“
Komisch ist für die Deutsche auch, die „Türkin dankt jeden Tag Gott dafür, dass sie 3 gesunde und nette Kinder hat.“

Man will ja ein guter Arbeitgeber sein. Daher wird Aischa auch schon mal mit „Simsalabim“ begrüßt. Oder heißt es etwa „Salam Alaikum?“
Im Gespräch sagte die Schauspielerin Heike Eulitz: „Sie haben ja die großen Lacher des Publikums mitbekommen. Natürlich ist es immer der Andere, der Nachbar oder wer auch immer, der solche Vorurteile hat. Man ist es niemals selber. Man selber ist doch so weltoffen, so tolerant. Aber in Wirklichkeit hält dieses Stück dem Betrachter einen Spiegel vor das Gesicht.“ Wie bei Till Eulenspiegel erkennen sich die Leute selber. Nur sie lachen nicht über sich, sondern über andere Menschen.

„Der Theaterbesucher wird bespiegelt und erkennt sich selber. Nur zur Wahrheit gehört auch, es wird kaum einer zugeben, dass der  gutbürgerliche Deutsche im Gespräch mit Aischa ist.“ (Von Volker-Taher Neef)

Weitere Vorstellungen im „Zimmertheater“ in Berlin-Steglitz finden am 15.9. sowie am 21.9. statt. Heike Eulitz tritt mit „Zuhause“ demnächst auch in anderen deutschen Städten auf.




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