Newsnational Montag, 09.01.2012 |  Drucken

Zeichen der Hoffnung in Ägypten

Ergebnis der ersten freien Wahlen - Koptisches Weihnachtsfest zusammen mit den muslimischen Führen des Landes in Kairo gefeiert – Derweil hetzt der koptischer Bischof in Deutschland weiter gegen Muslime und wird von deutschen Rechtspopulisten hofiert

Ein Zeichen der Hoffnung im angespannten Verhältnis zwischen den Religionen in Ägypten: Zum zentralen Weihnachtsgottesdienst der koptischen Christen in Kairo kamen erstmals auch Vertreter der Muslimbruderschaft. Als der koptische Papst sie beim feierlichen Weihnachtsgottesdienst in der Markus-Kathedrale begrüßte, brandete Applaus auf.
In der ersten Reihe saßen Mitglieder des Obersten Militärrats. Gleich neben ihnen Vertreter der Muslimbruderschaft, die vom Oberhaupt der koptischen Christen, Papst Schenuda III. folgend bedacht wurden: "Ich danke euch sehr, denn wir dürfen heute bei uns auch die islamischen politischen Führer in Ägypten begrüßen - und das zum ersten Mal in der Geschichte der Kathedrale."

Die etwa 3000 Gläubigen applaudieren. Nein, sagt Bischof Mussa, der in der Kirchenzentrale für die Arbeit mit Jugendlichen zuständig ist, mit der Muslimbruderschaft gebe es keine Probleme, man pflege gute Beziehungen. "Die meisten Muslime bei uns sind moderat, und wir haben sehr solide und gute Beziehungen zu ihnen und das durch die ganze Geschichte des Landes hindurch."

Grosse Gewinne für Partei „Freiheit und Gerechtigkeit"

Derweil zeichnet sich bei den ersten freien Wahlen in Ägypten überhaupt ein haushoher Sieg der muslimischen Parteien ab. Die mittlerweile auch im Westen als moderat-islamisch eingestufte Partei der Muslimbrüder „Freiheit und Gerechtigkeit" erreichte nach Angaben des ägyptischen Staatsfernsehens in sieben von neun Provinzen die meisten Stimmen. Dahinter folgt die "Nur"-Partei, die Gruppe der Salafisten. Erst an dritter Stelle dürfte die säkulare liberale Ägyptische Allianz folgen.

Die Muslimbrüder hatten schon vor der Messe eine Teilnahme an der christlichen Feier angekündigt. Der Islam verpflichte alle Muslime zur Toleranz der Christen und ihres Glaubens, hieß es in einer Erklärung. Gemeinsam zu feiern sei eine Chance, die gegenseitige Wertschätzung zum Ausdruck zu bringen. So überbrachte Parteichef Mohammed Morsi persönlich den Kopten die Grüße und Glückwünsche.

Koptischer Bischof in Deutschland hetzt weiter gegen Muslime

Die gute Beziehung zwischen der koptischen Kirche und den Muslimen scheint noch nicht bei dem Generalbischof der koptisch-orthodoxen Kirche in Deutschland, Bischof Damian, angekommen zu sein. Damian, immerhin höchster deutscher Repräsentant des Koptisch-Orthodoxen Patriarchen, warnt ganz nach Sarrazin-Manier und wie Rechtspopulisten in einem Video vor der Überfremdung im “eigenen Land“ und vor dem Islam: „[…] Denken Sie an die Wachstumskurve. Die Wachstumskurve allein ist ein Indiz dafür, dass, wenn wir so weitermachen, wir eines Tages eine Minderheit in unserem eigenen Land sind. Wir sehen, wie der Islam reagiert, wenn er in der Macht und in der Mehrheit ist“. (zu sehen auf Youtube: http://www.youtube.com/watch?v=fE-vxYABL_s).

Indes, Anfang letzten Jahres kondolierte der Zentralrat der Muslime als erste islamische Religionsgemeinschaften nach den Anschlägen auf eine koptische Kirche in Alexandria (siehe Links unten) und nahm prominent mitsamt Vorstand an deren Weihnachtsgottesdiensten so wie am zentralen Trauergottesdienst in Frankfurt teil.

Damian deutet zudem in o.g. dem Youtube-Video allen Ernstes an, dass bald Christen in Deutschland von den Muslimen verfolgt würden. Seitdem erfreut sich der Bischof einer wachsenden Anhängerschaft unter den Rechtsextremisten und Rechtspopulisten in Deutschland, wie man anhand der Eintragungen und Berichte in den einschlägig bekannten Seiten nachlesen kann.

Als wäre dies alles nicht genug erneuerte Bischof Damian seine diffusen und leider auch unchristlichen Brandreden vor ein paar Tagen in einer hessischen Regionalzeitung.

Wenn man aber den Worten des koptischen Papstes und Oberhauptes aus der Weihnachtsansprache in diesem Jahr in Kairo Glauben schenkt, bleibt die Position von Bischof Damian eine Minderheitsmeinung innerhalb der koptischen Kirche, alles andere wäre Ausdruck einer fatalen Doppelzüngigkeit.



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