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Donnerstag, 17.12.2009 | Drucken |
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Ist unsere Verfassung bedroht?
Vorratsdatenspeicherung, zweifelhafte Verfassungsschutzberichte und Geldwäsche von Drogen-Dealer in der Hochfinanz
Bundesverfassungsgericht verhandelte gestern über Verfassungsbeschwerde gegen Vorratsdatenspeicherung – es war die größte Massenbeschwerde in der bundesdeutschen Rechtsgeschichte.
"Seit Anfang 2008 werden sämtliche Telekommunikations- und Standortdaten, also Telefon-, Handy-, Email- und Internetverbindungsdaten, zwangsweise sechs Monate lang auf Vorrat gespeichert - ohne Verdacht und Anlass, nur um sie bei Bedarf zweckentfremdet zur Strafverfolgung verwenden zu können. Mit Hilfe dieses riesigen Datenreservoirs praktisch über die gesamte Bevölkerung können Bewegungsprofile erstellt, geschäftliche Kontakte rekonstruiert und Freundschaftsbeziehungen identifiziert werden. Wie schnell dies passieren kann, zeigen die Missbrauchsfälle bei der Telekom (wir berichteten, siehe auch unterer Link), die diese Daten, quasi als Hilfspolizei des Staates, vorrätig halten muss.
Deshalb haben 35.000 Menschen eine Sammelbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingereicht; es ist die größte Massenbeschwerde in der bundesdeutschen Rechtsgeschichte."
Prominente Beschwerdeführerinnen darunter die Parteivorsitzenden Claudia Roth (GRÜNE) und Petra Pau (LINKE). Die Bevollmächtigten der Beschwerdeführer Meinhard Starostik, Burkhard Hirsch (FDP), Prof. Dr. Jens-Peter Schneider und als Sachverständiger Prof. Dr. Hans-Jörg Albrecht.
Sie alle bemaängelten, dass die Vorratsdatenspeicherung besonders für Berufsgeheimnisträger wie Rechtsanwälte, Ärzte oder Journalisten zum Problem werden könne, so der Anwalt und Bürgerrechtler Rolf Gössner.
Im Eilverfahren konnten die Erstbeschwerdeführer bereits einen ersten Teilsieg erringen: Das Bundesverfassungsgericht hat mit mehreren einstweiligen Anordnungen seit dem 11. 03.2008 Auskünfte über die auf Vorrat gespeicherten Telekommunikationsdaten an staatliche Sicherheitsbehörden erheblich eingeschränkt. Das heißt: Die Vorratsdaten dürfen danach - anders als es das Gesetz erlaubt - nur noch zur Ermittlung und Aufklärung besonders schwerer Straftaten verwendet werden.
Die Internationale Liga für Menschenrechte erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass das Bundesverfassungsgericht in den vergangenen Jahren bereits eine ganze Reihe von so genannten Antiterror-Gesetzen und -Maßnahmen ganz oder teilweise für verfassungswidrig erklären musste.
Beispiel rechte Zeitung „Junge Freiheit“: Sind einige Verfassungsschutzberichte verfassungswidrig?
Ergebnisse einer Studie am Institut für Öffentliches Recht der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg besagen das mit Ausnahme der Verfassungsschutzberichte Berlins und Brandenburgs alle in den letzten vier Jahren publizierten Verfassungsschutzberichte von Bund und Ländern verfassungswidrig sind. Dies ist starker Tobak, doch ist es aber das Ergebnis einer am Institut für Öffentliches Recht der Universität Freiburg vorgenommenen Untersuchung, die jetzt im Jahrbuch "Informationsfreiheit und Informationsrecht" veröffentlicht wurde.
In seinem Beschluss zur rechten Wochenzeitung "Junge Freiheit" (JF) vom 24. Mai 2005 (JF-Beschluss) hatte das Bundesverfassungsgericht Maßstäbe formuliert, die von den Verfassungsschutzbehörden beachtet werden müssen, damit die Berichterstattung über Organisationen, die sie als extremistisch einstufen, mit den Grundrechten der Betroffenen vereinbar ist. Zu diesen Maßstäben gehört folgendes formales Kriterium: Wenn eine Organisation, über die berichtet werden soll, nicht nachweislich verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt, sondern nur ein entsprechender Verdacht vorliegt, der auf hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte gestützt ist, dann darf über diese Organisation nur berichtet werden, wenn der Verfassungsschutzbericht unmissverständlich deutlich macht, dass hier nur ein Verdachtsfall vorliegt. Verdachtsfälle und Fälle erwiesener Verfassungsfeindlichkeit müssen klar und in einer auch für den flüchtigen Leser erkennbaren Weise unterschieden werden.
Mit dieser formalen Anforderung an die Verfassungsmäßigkeit der Verfassungsschutzberichte beschäftigt sich die Untersuchung, die Professor Dr. Dietrich Murswiek, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Öffentliches Recht der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, jetzt veröffentlicht hat. Ausgewertet wurden alle seit dem JF-Beschluss publizierten Verfassungsschutzberichte von Bund und Ländern, insgesamt 63 Verfassungsschutzberichte. Mit dem Grundgesetz vereinbar sind hinsichtlich des Unterscheidungskriteriums - so das Ergebnis der Untersuchung - nur die Verfassungsschutzberichte Berlins und Brandenburgs. Diese Länder berichten aber überhaupt nicht über Verdachtsfälle. In den Verfassungsschutzberichten des Bundes und der übrigen Länder wird hingegen zwischen Verdachtsfällen und Fällen erwiesener Verfassungsfeindlichkeit entweder gar nicht oder nicht hinreichend deutlich unterschieden.
Am ehesten werden noch die Verfassungsschutzberichte des Landes Nordrhein-Westfalen den Unterscheidungsanforderungen des Bundesverfassungsgerichts gerecht. Nordrhein-Westfalen war im Rechtsstreit mit der "Jungen Freiheit" vor dem Bundesverfassungsgericht unterlegen und vom JF-Beschluss unmittelbar betroffen. Dieses Land macht als einziges Land seither in seinen Verfassungsschutzberichten ausdrücklich erkennbar, welche Organisationen als Verdachtsfälle eingestuft werden. Murswiek bemängelt hier lediglich, dass die Unterscheidung in der Gestaltung der Berichte nicht hinreichend deutlich hervorgehoben wird. In den Verfassungsschutzberichten des Bundes und der übrigen Länder ist die Unterscheidung zwischen den Fällen erwiesener Verfassungsfeindlichkeit und Verdachtsfällen entweder gar nicht oder allenfalls indirekt erkennbar. Murswiek bezeichnet es als befremdend, dass diejenigen, deren Aufgabe der Schutz der Verfassung ist, bei der Wahrnehmung dieser Aufgabe die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts so eklatant missachten.
3. Beispiel: Hat die Finanzindustrie Geld von Drogenbaronen angenommen?
"Im jahrzehntelangen Kampf gegen Korruption und Geldwäsche hat sich nach wie vor nichts bewegt", bemängelt Uwe Dolata, Sprecher des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, im Gespräch mit pressetext. Dem Experten zufolge sind die Banken selbst in der Pflicht, einen effizienten Schutz vor Geldwäsche zu gewährleisten. Zudem müsse sich die Politik von den Lobbyisten befreien und von den Finanzkonzernen emanzipieren. Diese agiere zur Zeit jedoch nur als "Marionette der Finanzindustrie", kritisiert Dolata. Ein öffentlicher Aufschrei bleibe dennoch weitgehend aus.
"In undurchsichtigen Finanzsystemen wie etwa bei Hedge Fonds können Unsummen verschwinden, ohne den Ursprung des Geldes zu kennen", erklärt Dolata. Trotz jahrelanger Untersuchungen und Bemühungen, mehr Kontrolle zu erlangen, sei Geldwäsche nur schwer nachzuverfolgen. Dass über 350 Mrd. Dollar kriminellen Ursprungs in den weltweit verzweigten Bankensystemen gewaschen werden, sei daher durchaus möglich und vorstellbar, betont Dolata. Um Geldwäsche bei Banken in Zukunft zu vermeiden, bedürfe es einer international organisierten Behörde, die außerhalb des Bankennetzes steht.
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