Artikel Montag, 30.03.2009 |  Drucken

Superwahljahr 2009 - Besuch bei der FDP und die Gretchenfrage Kopftuch

In diesem Jahr finden Landtagswahlen statt, auf Bundesebene die Europawahl und zum Abschluss die Bundestagswahl im September.
Zahlreiche Wähler in diesem Lande sind Muslime. Da stellt sich die Frage, ob es für Muslime eine bestimmte Präferenz zu einer bestimmten demokratischen Partei gibt.

islam.de hat Politiker aus allen demokratischen Parteien, die im Bundestag vertreten sind, gebeten, das Besondere für Muslime zu ihrer Partei so benennen.
Was macht für einen Muslim eine bestimmte Partei - aus Sicht eines Parteivertreters- interessant, oder auch nicht?


Wir beginnen unsere Runde bei dem FDP- Bundestagsabgeordneten Hans- Michael Goldmann (Bild). Zur Person des Bundestagsabgeordneten: Seit 1998 gehört der Tierarzt und Studiendirektor aus Papenburg dem Bundestag an. Seit 2007 ist Hans- Michael Goldmann auch 1. stellvertretender Bürgermeister von Papenburg. Der Vater von drei Kindern ist katholisch. Seine Partei setzte ihn auf Platz 3 der Reserveliste des Bundeslandes Niedersachsen für die Bundestagswahl 2009.

Der FDP- Politiker sagte gleich zu Anfang des Gesprächs, „die FDP ist die Partei mit der größten Toleranz.“ Ob denn die Toleranz so weit gehe, fragten wir, eine bekennende Muslima mit Kopftuch in seine Partei eintreten zu lassen?
„Ich persönlich habe damit überhaupt kein Problem“, bekannte Hans- Michael Goldmann. Er verwies darauf, leider sei das Kopftuch für manchen Zeitgenossen nicht nur ein „religiöses Symbol, für manche steht es- vollkommen zu Unrecht für mich- für fehlende Toleranz.“ Er selber empfehle seinen Parteifreunden und der Gesamtbevölkerung, „aus dem Kopftuch kein Fehlurteil abzuleiten. Es ist immer noch wichtiger, was im Kopf ist, nicht wichtig ist, was auf dem Kopf ist.“

Es sei ja auch nicht von der Hand zu weisen, so mancher denkt bei Kopftuch gleich an Islamistin. Er selber akzeptiere jedes religiöse Symbol, sei es von Juden, Christen, Buddhisten, Muslimen, egal um welche Religion es sich handle. „Glauben vermittelt Werte. Unterschiedlicher Glauben macht das Leben interessanter“, so der Parlamentarier.

Da er nicht nur Mitglied einer liberalen Partei sei, sondern auch im „Denken und Fühlen Liberaler bin“ verweise er auch auf nichtreligiöse Menschen. „Natürlich vermitteln auch die Humanisten Werte.“

Für ihn sei dies doch schon ein erfreuliches Zeichen. Toleranz, Höflichkeit, Menschlichkeit, respektvoller Umgang miteinander würden vermittelt durch Werte .Diese Werte seien bei Weltreligionen schon uralt und trotzdem hochaktuell.
Auf die Frage, ob eine Frau mit Kopftuch denn auch in seiner Partei die Karriereleiter nach oben klettern könne, antwortete der bekennende Ostfriese: „Ja, bei mir in meinem Abgeordnetenbüro könnte sie tätig sein. In der Partei noch nicht. Ich muss gestehen, dies bedauere ich sehr. Daran gilt es, im gemeinsamen Dialog zu arbeiten.“

Generell muss die deutsche Gesellschaft mit den Muslimen enger kooperieren, findet Goldmann. Immerhin haben die Muslime ihr Wissen, ihr Können und ihre Kulturgüter auch mit zu uns gebracht. Früher habe man, so der FDP- Bundestagsabgeordnete Goldmann im Zusammenhang von Migranten und Muslime „Brutalfehler gemacht.“ Den Muslim immer nur als Gastarbeiter betrachtet, der bald nach Hause gehe, war natürlich falsch.

Gerade wir Deutschen können „doch so viel vom Islam lernen. Wir Christen sind Glaubensverwurzelte, dass sollte doch das Zugehen aufeinander erleichtern.“
Ein großer Fehler für ihn ist die „viel zu wenige Zeit, die sich beide Seiten für das tolerante Austauschen nehmen.“

Er selber habe erst als Politiker mit dem Islam und den Muslimen Erfahrungen gemacht. Er sei von der „Solidarität der Muslime untereinander beeindruckt. Religion und Tradition geben ja auch ein WIR- Gefühl, so kann man sich gegenseitig stützen“ betonte der Parlamentarier.

Was mache denn nun für den Muslim die FDP so interessant?
Hans –Michael Goldmann erwies sich als Kenner eines Hadithes: „Bei Muslimen steht die Bildung im Vordergrund. Da wird sogar aufgefordert, bis nach China zu gehen. Wir Liberalen fordern und fördern die Bildung. Sie ist der Schlüssel für alles. Gute Ausbildung ist ein guter Schutz vor Arbeitslosigkeit. Bildung ist der Baustein für die gesamte Gesellschaft.“
Daher verlange und erwarte er, Bürger der 3. Generation, hier in Deutschland lebend, haben keine Sprachprobleme mit der Sprache dieses Landes.

Er hoffe auch, schnellstens liberale Verhältnisse im täglichen Leben vorzufinden. Für ihn als liberalen Politiker sei es nichts besonderes, wenn eine Zollbeamtin als Muslima, Christin, oder als Hindu erkennbar sei. „Wir müssen schnell zu diesem Normalfall kommen. Das darf nicht unendlich viele Jahre noch dauern.“

Das Gespräch führte Volker- Taher Neef im Abgeordnetenbüro von Herrn Goldmann, Berlin. Die Reihe wird demnächst mit den weiteren Parteien vortgesetzt.




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