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Dienstag, 24.01.2006
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Muslimische Verbände zum Gesinnungstest: Verfassungsklage könnte noch abgewehrt werden

Heftige Kritik des türkischen Botschafters – Imageschaden für Deutschland im Ausland.Katholischen Kirche:"Kann als kollektive Misstrauenserklärung verstanden werden" - EKD fühlt sich nicht zuständig. Gesinnungstest in Türkischer Sprache. Muslim-Demo in Karlsruhe

Auch eine Verfassungsklage sei möglich, so Mounir Azzaoui, Pressesprecher des Zentralrats der Muslime in Deutschland. „Wir hoffen allerdings, dass es gar nicht so weit kommt und der Leitfaden vorher zurückgezogen wird“, sagte Azzaoui gestern bei einer Pressekonferenz in Stuttgart zum umstrittenen Gesinnungstest der Landesregierung. Es könne nicht angehen, dass Muslime ihre Bürgerrechte ständig einklagen müssten, so der Vorsitzende Ali Kizilkaya vom Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland. Genau diese sehen die Muslime aber als verletzt an.
„Man hat den Eindruck, dass die rechtsstaatliche Unschuldsvermutung für Muslime gar nicht mehr gilt“, erläuterte Kizilkaya. Beim Einbürgerungs-Test handelt es sich laut den Muslimen um „Gesinnungsschnüffelei“.

Der Türkische Botschafter hatte derweil in einem Interview den Fragenbogen in die Nähe einer „rassistischen Denkweise“ gerückt und den Gesinnungstest „eine diskriminierende und ausgrenzende Eigenschaft“ unterstellt. Postwendet drohte ein Sprecher der Landesregierung: „Von dem Botschafter eines Landes, aus dem rd. 2 Millionen seiner Landsleute friedlich unter uns leben und gern gesehen sind, verbitte ich mir eine solche Äußerung“

Nun hat auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Kardinal Karl Lehmann den umstrittenen baden-württembergischen Fragebogen scharf kritisiert. "Staatliche Gewissensprüfungen haben sich noch nie bewährt", sagte Lehmann der "Welt. Die Millionen muslimischer Menschen in Deutschland könnten den Fragebogen als Art "kollektive Misstrauenserklärung verstehen", sagte Lehmann der Zeitung.
Der Zentralrat der Muslime (ZMD) rief erneut die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) dazu auf, sich klar gegen die Prüfung auszusprechen. Der EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber hatte sich zuvor auf einen ZMD-Brief hin für nicht zuständig erklärt; Baden-Württembergs Landesbischof äußerte Verständnis für den Test, heißt es in einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“

Der migrationspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Josef Winkler, sagte, dass es bereits einen Schaden im Ausland gegeben hat durch den Muslimtest. Er verstehe, dass sich Türken und andere Muslime diskriminiert fühlten und der gute Ruf der Bundesrepublik in den islamischen Ländern leide. Der Schaden müsse aber begrenzt werden, sagte Winkler und forderte das Land Baden-Württemberg auf, die Regelung zurückzuziehen.

Auch die türkische Wirtschaft befürchtet wegen des Vorgehens Baden-Württembergs einen Imageschaden. „Der Fragebogen schadet dem deutschen Image im Ausland sehr und damit auch den wirtschaftlichen Beziehungen“, sagte der Präsident der türkisch-deutschen Industrie-und Handelskammer, Kemal Sahin. Besonders die langjährige deutsch-türkische Freundschaft werde beschädigt. „Der Fragebogen wird im Ausland als diskriminierend beurteilt“, sagte Sahin.

Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, sagte, die Menschen in der Türkei seien besorgt: „Man fragt sich: Was passiert eigentliche gerade in Deutschland?“

Der Gesinnungstest ist auf islam.de inzwischen auch auf Türkisch abrufbar (siehe unterer Link).

Kundgebung in Karlsruhe

Die Christlich-Islamische Gesellschaft Karlsruhe, das Forum für gesellschaftlichen Frieden, Freunde für Fremde, der Deutschsprachige Muslimkreis und weitere Gruppen laden ihre Mitbürgerinnen und Mitbürger ein, sich an einer Protestversammlung in Karlsruhe zu beteiligen.

Unter dem Motto „Verfassung schützen - Muslim-Test abschaffen!“ wird am kommenden Freitag, 27. Januar, zwischen 16.00 und 17.00 auf dem Platz der Verfassung, d.h. in der Passage zwischen Pyramide und Zirkel, mit Ansprachen, Flugblättern und Plakaten gegen den Fragebogen demonstriert.



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