Prävention gegen Radikalisierung bei Jugendlichen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe
Dr. Mohammed Khallouk wies darauf hin, dass eine Präventionsarbeit gegen Radikalisierung Jugendlicher nur erfolgversprechend sei, wenn ein Zugang zu den Jugendlichen bestehe und sie nicht nur sozialpädagogisch geführt werde, sondern auch mit geistlicher Autorität verbunden sei.
Am Freitag, den 07. Oktober 2016 fand unter dem Titel „Malikitische Aufklärung gegen religiösen Extremismus“ in Düsseldorf eine Podiumsdiskussion statt. Organisiert hatte die Veranstaltung der im Bereich Präventionsarbeit gegen Radikalisierung muslimischer Jugendlicher engagierte Verein „Düsseldorfer Wegweiser e.V.“ in Zusammenarbeit mit dem Institut für Islamische Theologie der Universität Osnabrück. Als Beispiel für erfolgreiche Präventionsarbeit gegen Radikalisierung sollte die malikitische Rechtsschule (Madhab) dienen, die im Königreich Marokko gesellschaftlich dominant ist.
Marokko wurde in letzter Zeit erheblich stärker mit gesellschaftlichen und religiös gerechtfertigten Reformen assoziiert als andere Arabischen Staaten. Diskutiert werden sollte deshalb, ob der von den malikitischen Gelehrten propagierte „Islam der Mitte“ auch Jugendliche in stärkerem Maße als andere theologische Richtungen von der Hinwendung zu radikalen Bewegungen abzuhalten in der Lage sei.
v.l.n.r.: Vorstandsmitglied des obersten wissenschaftlichen Rates Marokkos Dr. Mustafa Benhamza, der stellvertretende ZMD-Vorsitzende Dr. Mohammed Khallouk, der Osnabrücker Islamwissenschaftler Dr. Michael Kiefer, der Autor, Dichter und Marokko-Kenner Frank Schablewski und der Islamwissenschaftler von der Universität Wien Professor Rüdiger Lohlker
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v.l.n.r.: Vorstandsmitglied des obersten wissenschaftlichen Rates Marokkos Dr. Mustafa Benhamza, der stellvertretende ZMD-Vorsitzende Dr. Mohammed Khallouk, der Osnabrücker Islamwissenschaftler Dr. Michael Kiefer, der Autor, Dichter und Marokko-Kenner Frank Schablewski und der Islamwissenschaftler von der Universität Wien Professor Rüdiger Lohlker
Als Diskussionsteilnehmer waren das Vorstandsmitglied des obersten wissenschaftlichen Rates Marokkos, Dr. Mustafa Benhamza, der Islamwissenschaftler von der Universität Wien, Professor Rüdiger Lohlker, der Autor, Dichter und Marokko-Kenner Frank Schablewski und der aus Marokko stammende stellvertretende ZMD-Vorsitzende, Dr. Mohammed Khallouk eingeladen. Moderiert wurde die Diskussion vom Osnabrücker Islamwissenschaftler Dr. Michael Kiefer und der Sachverständige für Islamische Wohlfahrtspflege beim Düsseldorfer Wegweiser, der Diplom - Sozialpädagoge Samy Charchira gab zuerst eine kurze Einführung in die Thematik.
Dr. Mustafa Benhamza wies der maliktischen Islamauslegung in der Tat ein bedeutendes Potential für die Radikalisierungsprävention zu. Dabei betonte er, dass es hiernach nicht zugelassen sei, Andersgläubige wie auch Andersdenkende, gleich welcher theologischen Position sie anhängen, des Kuffar (Unglaube) zu bezichtigen. Indem anderen Sichtweisen und Religionen prinzipiell Raum gelassen werde, bestehe für eine radikale Intoleranz, die sogar zur Tötung von Andersdenkenden bereit sei, keine geistige Basis mehr. Die Toleranz maliktischer Gelehrsamkeit demonstriert Dr. Benhamza selbst, wenn er in einer Fatwa sogar die Organspende an Andersgläubige für islamisch zulässig und sogar unterstützenswürdig befand.
Dr. Mohammed Khallouk wies darauf hin, dass eine Präventionsarbeit gegen Radikalisierung Jugendlicher nur erfolgversprechend sei, wenn ein Zugang zu den Jugendlichen bestehe und sie nicht nur sozialpädagogisch geführt werde, sondern auch mit geistlicher Autorität verbunden sei. Dies lasse sich nur durch die Islamverbände und Moscheegemeinden realisieren. Der Versuch einer eigenständigen staatlichen Präventionsarbeit, die die Verbände ausschließe, sei hingegen zum Scheitern verurteilt. Allein könnten die Verbände die Prävention jedoch nicht zum Erfolg führen.
Es gelte, Radikalisierungsprävention als gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu begreifen. Hierfür trügen insbesondere Politik und Medien Verantwortung. Professor Lohlker betonte, dass sich ein radikales Islamverständnis vor allem dort ausbreite, wo islamisches Wissen lediglich als Auswendiglernen von Heiligen Texten verstanden werde, aus denen man sich die für die eigene Anschauung passenden Verse unreflektiert herausziehe. Das Takfir – Denken diene den radikalen Strömungen, ihren gesellschaftspolitischen Machtanspruch islamisch zu rechtfertigen. Theologische Argumente reichten zur Abwendung von derartigen Herrschaftsphantasien nicht aus, entscheidend sei ein tolerantes Klima und eine Toleranz, die von einfachen Formeln begleitet werde.
Rechts außen: Sachverständiger für Islamische Wohlfahrtspflege beim Düsseldorfer Wegweiser, der Diplom - Sozialpädagoge Samy Charchira
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Rechts außen: Sachverständiger für Islamische Wohlfahrtspflege beim Düsseldorfer Wegweiser, der Diplom - Sozialpädagoge Samy Charchira
Schablewski mahnte, die zwischenmenschliche Ebene stärker im Blick zu haben und sich darin vom Scheinwerfer auf das Ego zu entfernen und sich stärker auf den Anderen auszurichten. Auf diese Weise könne auch mehr Verständnis für dessen Sichtweise und Weltanschauung aufgebracht werden.
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