Stereotype Wahrnehmungen und Vorurteile gefährden das gesellschaftliche Klima
EKD und KRM: "Allen Anfeindungen entschienden widersprechen"
Beim jährlichen Treffen zwischen Vertreterinnen und Vertretern der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) mit dem Koordinationsrat der Muslime (KRM) haben sich beide Seiten besorgt über die Entwicklung des gesellschaftlichen Klimas in Deutschland geäußert. Vorurteile, Ressentiments und sogar üble Beschimpfungen seien dabei, salonfähig zu werden. Es herrschte Einvernehmen zwischen dem Ratsvorsitzenden der EKD, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, und dem derzeitigen Sprecher des KRM, Burhan Kesici, dass die Religionsgemeinschaften gefordert seien, zur Deeskalation und zum Abbau von Diskriminierungen beizutragen. „Aufgrund von Fernsehbildern von fanatisierten Massenaufläufen oder Triumphgesten von Kämpfern des sogenannten ‚Islamischen Staates‘ setzen manche die Religion des Islam mit fundamentalistischen Ideologien gleich“, äußerte der Ratsvorsitzende auf die Frage nach den Gründen für Vorurteile und Stereotype gegenüber Musliminnen und Muslimen. Positive Erfahrungen, die dem Vorurteil entgegenstünden, würden vielfach leider entweder ausgeblendet oder als Ausnahme von der Regel interpretiert. So nimmt man sich selbst im Dialog und in der Begegnung die Chance, zu neuen Einsichten und einem realistischeren Bild vom Anderen zu gelangen. „Auch Medienschaffende, Politik und Parteien dürfen hier nicht das Augenmaß verlieren und die Stimmung weiter anheizen“, fügte Kesici hinzu. „Wir fühlen uns dem friedlichen Miteinander in Deutschland gemeinsam verpflichtet.“
Die gemeinsame Aufgabe von Muslimen und Christen in Deutschland bestehe darin, den Anfeindungen gegenüber bestimmten gesellschaftlichen Gruppen, seien es Muslime oder Christen, Flüchtlinge oder Einheimische, Deutsche oder Ausländer, Zugewanderte oder Alteingesessene von Anfang an deutlich und entschieden zu widersprechen. Die Gesprächsteilnehmenden waren sich einig, dass dabei auch strukturelle Rahmenbedingungen das Klima verschärfen und die Vorurteilsbildung forcieren können. Hierzu zählen etwa eine ungerechte gesellschaftliche Ressourcenverteilung, ein stark konkurrierender Zugang zu Bildung, Wohnraum und Arbeitsplätzen sowie Mechanismen zwischen Mehrheiten und Minderheiten, die eine Ghettoisierung vorantreiben.
Man war sich einig in der Aufgabe, mit Nachdruck für die Überwindung von Gewalt einzutreten: „Die Propagierung von Gewalt im Namen Gottes ist Gotteslästerung.“ Zudem verpflichteten sich die Teilnehmenden auch selbst der Frage nachzugehen, inwieweit in ihren jeweiligen Kirchen- und Moscheegemeinden Formen der Abgrenzung und einer damit verbundenen Abwertung Anderer befördert würden. Hier seien selbstkritische Beobachtungen erforderlich, aber auch Kooperationen mit fachkundigen Personen und Einrichtungen denkbar. Am Rande der Begegnung nahmen die Vertreter des KRM auch die Segenswünsche des EKD-Ratsvorsitzenden für den am 6. Juni beginnenden Fastenmonat Ramadan entgegen.
Das nächste Treffen im Jahr 2017 soll auf Einladung des Ratsvorsitzenden der EKD anlässlich des 500. Jährigen Reformationsjubiläums in Wittenberg stattfinden.
Es nahmen für den KRM: Rafet Öztürk, Burhan Kesici, Dunya Adıgüzel, Erol Pürlü, Ahmad Aweimer und Houaida Taraji
und für den EKD: Dr. Bedford-Strohm, Dr Eissler, Prof.Feldtkeller, Dr Görrig, Pfarrer Nikodemus, Pfarrer Rothe und Herrn Waske teil.
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