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Samstag, 27.09.2003

Leserbriefe



Leseberg: Kopftuch o.k. - doch irgendwann auch Burka? schrieb:




Grundsätzlich begrüße ich es, dass heute in Karlsruhe nicht einseitig
gegen Frau Ludins Persönlichkeitsfreiheit – und die in ihrem Rahmen
anzusiedelnde Religionsfreiheit – entschieden wurde. Aber im Gedanken
daran, dass auch auf Länderebene das Recht EINES Individuums demnächst
Vorrang erhalten könnte vor den Rechten einer ganzen GRUPPE (Schulkinder
und deren Eltern), stelle ich mir die Frage, welche möglichen Folgen
eine solche Rechtslage haben könnte. Man stelle sich etwa vor, dass
künftig Lehrerinnen auftreten, die nicht nur ein einfaches Kopftuch
tragen, wie es jedem Schulkind tagtäglich über den Weg läuft (allein
darin müsste man wenn überhaupt schon eine "Beeinflussung" sehen),
sondern Lehrerinnen, die – beispielsweise als wahhabitische Muslimas -
lediglich einen Sehschlitz im Tschador haben – oder, wie eine gewisse
Alice Schwarzer (zu Recht, finde ich) schreibt, womöglich die Burka
recht schick finden... Eher unwahrscheinlich vielleicht, könnte man
denken – doch wäre die religiös bedingte Bekleidungsfreiheit auch in
diesen extremen Fällen noch hinzunehmen?

Zwar würde ich persönlich auch als Schulleiter Frau Ludin nicht in ihre
Bekleidungsfreiheit hineinreden wollen - dennoch gebe ich Obiges zu
bedenken. Und man stelle sich etwa vor, Mitglieder des
Verfassungsgerichts, die sich ebenso in einer öffentlichen Position
befinden, hätten heute IHRE Perönlichkeitsfreiheit in der Weise in
Anspruch genommen, indem sie etwa im Scheich-Outfit oder aber in einem
Travestiekostüm zur Urteilsverkündung erschienen wären.
Oder dass ein Lehrer, der mit Haut und Haar Naturist ist, lediglich in
einer Badehose zum Unterricht erscheinen würde: der könnte sich nicht
auf seine Religionsfreiheit berufen, wohl aber auf seine
Persönlichkeitsfreiheit, die sicherlich nicht unter jener steht. Würde
der aber damit durchkommen? Ich hätte da so meine Zweifel – und schon
wären neue Ungleichheiten da zwischen solchen, die unter religiösem
Aspekt auf ihre Persönlichkeitsfreiheit pochen, und solchen, die "nur"
ihre Persönlichkeitsfreiheit allgemeinerer Art anmahnen können..

Fazit für mich: Auch wenn ich als Schulleiter wiegesagt aus Respekt vor
dem Individuum keine Vorgaben hinsichtlich der Frage Kopftuch im Dienst:
ja oder nein? (oder auch bauchfrei oder nicht? bei Schülerinnen) würde
machen wollen: da die religiös nun einmal nicht neutrale Bekleidung
nicht nur für die Betroffene von Interesse ist, würde ich den Fall dem
Votum der Schüler und der Elternschaft anheimstellen bzw. dies auf
höherer, landesschulrechtlicher Ebene regeln lassen, so wie es unser
höchstes Gericht in weiser Entscheidung getan hat.

P. S.: Versuchen Sie mal, bei McDonalds oder sonstwo nach ihrer
Einstellung ihre Bekleidungsfreiheit durchzusetzen: ich galube, Sie
hätten schlecht Karten – so albern ich persönlich manche Berufstrachten
finde.. Seien Sie also besser religiös, dann haben Sie bessere Karten
(vielleicht werde ich ja auch mal einen buddhistischen Lehrer in gelber
Mönchsrobe unter meinen Kollegen begrüßen? Doch wie würden das Schüler
und Eltern finden?).

B. Leseberg


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