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Freitag, 01.06.2012
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Mazyek: "Unzweifelhaft steht das heutige europäische Abendland auch auf morgenländischen Beinen"

ZMD schlägt Bundespräsident Gauck als Schirmherr für den Diskus 'Islam in Deutschland' vor und mahnt angesichts gestiegener Islamphobie die Vielfalt in Deutschland stärker zu bejahen

Bundespräsident Joachim Gauck hat sich von der Einschätzung seines Vorgängers Christian Wulff entfernt, der Islam gehöre zu Deutschland. Diesen Satz könne er so nicht übernehmen, «aber seine Intention nehme ich an», sagte Gauck in einem am Donnerstag veröffentlichten Gespräch mit der Wochenzeitung «Die Zeit». Wulff habe die Bürger auffordern wollen, sich der Wirklichkeit zu öffnen. «Und die Wirklichkeit ist, dass in diesem Lande viele Muslime leben. ... Ich hätte einfach gesagt, die Muslime, die hier leben, gehören zu Deutschland.» Wulffs Äußerungen hatten 2010 heftige Debatten in Deutschland ausgelöst.

Ein-Satz-Formulierungen über Zugehörigkeit seien «immer problematisch, erst recht, wenn es um so heikle Dinge geht wie Religion», sagte Gauck, der evangelischer Theologe ist. Er könne daher auch diejenigen verstehen, die fragten: «Wo hat denn der Islam dieses Europa geprägt, hat er die Aufklärung erlebt, gar eine Reformation? ... Ich bin hoch gespannt auf den theologischen Diskurs innerhalb eines europäischen Islam.»

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, reagierte in seinen Eingangsworten mit einem Schuss Ironie auf Gaucks Interview. "Man wird das Gefühl nicht los, dass nun jeder neue Bundespräsident ein spezifisches Islam-Statement abgeben muss, fast so als wäre dies neue christlich-abendländische Tradition", erklärte er SPIEGEL ONLINE.

Mazyek betonte aber, Bundespräsident Gauck stehe zur Vielfalt in unserem Land: "Er tut gut dran, dass sich daraus ein Wir-Gefühl aller Deutschen, gleich welche Religion und Herkunft, entwickeln kann - gerade in einer Zeit, wo rassistische Anschläge auf Muslime zugenommen haben."

Zugleich verwies er auf den Beitrag des Islam zur Aufklärung. Man unterstütze ausdrücklich den theologischen Diskurs, den Gauck anrege und schlage ihn als Schirmherr eines solchen Dialogprozesses vor. "Dort kann geklärt werden, welchen Anteil der Islam am heutigen Europa hat. Denn unzweifelhaft steht das heutige europäische Abendland auch auf morgenländischen Beinen. Wer dies leugnet, betreibt Geschichtsfälschung", so der Vorsitzende des Zentralrats. (siehe dazu auch offenener Brief an CDU-Fraktionschef Volker Kauder im der vorigen Meldung)



Lesen Sie dazu auch:
Eine geistesgeschichtliche Abhandlung als offenener Brief an den CDU-Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder - Von Mohammed Khallouk und Rachid Boutayeb

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