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Donnerstag, 25.02.2010
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Ein „Bär“ für die MeinungsfreiheitMohammad Bakri, Produzent des weltberühmten Films "Jenin, Jenin" erhält Berliner Auszeichnung - Kampf gegen übermächtige WidersacherBerlin/Berlinale - Mohammad Bakri, ein palästinensischer Bürger Israels, und einer der berühmtesten Schauspieler und Filmregisseure des Landes, kämpft seit 2002, als er seinen weltberühmten Film "Jenin, Jenin" produzierte, um sein demokratisches Recht auf freie Meinungsäußerung. Kurz nachdem das israelische Militär ein Flüchtlingslager in Jenin, unter Ausschluss von Reportern und Menschenrechtsbeobachtern aus "Sicherheitsgründen", angriff, schmuggelte Bakri sich ein, interviewte die Überlebenden und forderte sie auf, ihre Geschichte aus der persönlichen Perspektive zu erzählen.Es ist ein Moment der Emotionen und der Genugtuung im Kreuzberger Ballhaus in der Naunynstraße. Sichtlich bewegt nimmt der Schauspieler und Regisseur Mohammad Bakri den »Platin-Bären für die Meinungsfreiheit« entgegen – eine Auszeichnung, die von palästinensischen und israelischen Filmemachern gestiftet und verliehen wurde. Der kleine Bär würdigt einen scheinbar aussichtslosen Kampf: Bakri steht niemand geringerem als dem Staat Israel gegenüber. Ein Blick auf Mohammad Bakris Vita lässt vermuten, dass es sich bei dem israelischen Staatsbürger weniger um eine Persona non grata im eigenen Land als um ein Musterbeispiel für die erfolgreiche Integration der arabischen Minderheit im jüdischen Staat handelt: Der 1953 in Galiläa geborene Regisseur studierte zunächst Arabische Literatur in Tel Aviv, um dann eine Schauspielkarriere einzuschlagen. Engagements an Theatern in Tel Aviv, Haifa und Ramallah – sowohl auf Arabisch als auch auf Hebräisch – sorgten dafür, dass er unter Israelis und Palästinensern gleichermaßen große Popularität erlangte. Ab den 1990er Jahren trat Bakri außerdem in zahlreichen preisgekrönten israelischen, arabischen und internationalen Filmen wie »World Cup«, »Haifa« oder »Private« auf. Parallel zur Schauspielerei begann Bakri, Dokumentarfilme zu drehen: All diese Dokumentationen setzen sich entweder mit dem Schicksal der palästinensischen Bevölkerung oder mit dem Kampf gegen die israelische Besatzung in den palästinensischen Gebieten auseinander. Bakris neues Metier sollte ihm zum Verhängnis werden. Dschenin wurde Bakri zum Verhängnis Im April 2002 drang das israelische Militär während der Anti-Terror-Operation »Defensive Shield« in ein palästinensisches Flüchtlingslager in Dschenin ein und zerstörte weite Teile des Camps. Mindestens 50 Palästinenser wurden getötet. Da weder Journalisten noch Hilfsorganisationen das Flüchtlingslager während der Kampfhandlungen betreten durften, kursierten bald Gerüchte von einem Massaker an der palästinensischen Zivilbevölkerung. Bakri führte kurze Zeit nach den Gefechten zahlreiche Gespräche mit den Anwohnern des Flüchtlingslagers. Aus den Interviews entstand der Dokumentationsfilm »Jenin, Jenin«, der weltweit für großes Aufsehen sorgte und beim »Carthage Film Festival« in Tunesien ausgezeichnet wurde. Nach einigen Vorführungen wurde der Film in Israel zunächst verboten, da die israelische Filmbehörde »Jenin, Jenin« als verleumderisch beurteilte. Nichtsdestotrotz behielten die Kinos in Tel Aviv und Jerusalem die Dokumentation weiter in ihrem Programm. Kurze Zeit später erschien mit Pierre Rehovs »The Road to Jenin« eine Gegendarstellung, die auf die Vorgeschichte der Kampfhandlungen fokussiert – insbesondere das Selbstmordattentat von Netanya, bei dem 30 israelische Zivilisten ums Leben gekommen waren – und die Ereignisse von Dschenin aus israelischer Perspektive darstellt. Mächtige Nebenkläger im Hintergrund Der Oberste Israelische Gerichtshof hob das Verbot des Films nach einer Klage Bakris 2004 auf, bezeichnete den Film allerdings als »propagandistische Lüge«. Ein Jahr später bezichtigten fünf israelische Soldaten, die in »Jenin Jenin« nicht namentlich erwähnt werden, Bakri des Rufmords und verklagten den Regisseur auf 2,5 Millionen israelische Schekel, umgerechnet knapp 500.000 Euro. Seit kurzem tritt in dieser Sache der israelische Staat als Nebenkläger auf. Der juristische Kampf gegen den übermächtigen Gegner kostet Bakri viel Energie und Geld. Auch die Familie ist von sozialer Ausgrenzung des Regisseurs betroffen. Aufgeben wird er deshalb nicht: Bekannte palästinensischer und israelische Filmemacher wie Hany Abu-Assad (»Paradise Now«), Udi Aloni (»Forgiveness«) oder Scandar Copti (»Ajami«) unterstützen Bakris Lebensaufgabe, den Schwachen eine Stimme zu geben und durch kritischen Dialog dem Frieden im Nahen Osten eine Chance zu geben. Selbst wenn man einen ganzen Staat gegen sich hat. (Quelle: u.a. Zeitschrift Zennit) |