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Mittwoch, 20.12.2006 | Drucken |
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EUMC-Studie: Offener Rassismus, verbalen Attacken bis zu physischen Übergriffen auf Muslime
Ablehnung des Islams in Deutschland besonders ausgeprägt – Migrationsreport und neuste Heitmeyer-Studie kommen zu ähnlichen erschreckenden Ergebnissen
Laut der EUMC-Studie zur Diskriminierung von Muslimen und Islamophobie in den Ländern der Europäischen Union werden verbale Drohungen und körperliche Übergriffe gegen europäische Muslime «nach wie vor unzureichend dokumentiert und gemeldet». Der Bericht unterstreiche, «dass größere Anstrengungen unternommen werden müssen, damit europäische Muslime das Recht auf Gleichbehandlung und dieselbe Lebensqualität anderer Europäer verwirklichen können», sagte die EUMC-Direktorin Beate Winkler, die den Bericht der Europäische Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (EUMC) am Montag in Wien vorstellte (siehe unterer link). Dabei reichten Diskriminierung und offener Rassismus von verbalen Attacken bis zu physischen Übergriffen
In Deutschland meldeten verschiedene Organisationen zwischen Januar und Oktober 2005 allein aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg 13 Übergriffe, überwiegend gegen Türken und türkische Einrichtungen. In Frankreich, das in diesem Jahr landesweit durch schwere Unruhen islamischer Einwanderer erschüttert wurde, hätten Muslime mit einem für ihre Herkunft typischen Namen etwa eine fünf Mal geringere Chance, zu einem Einstellungsgespräch eingeladen zu werden als andere Bürger des Landes, heißt es in dem 117-Seiten- Bericht.
Wie die Direktorin des EUMC, Beate Winkler, vor Journalisten erläuterte, handelt es sich bei dem Bericht für die Jahre 2004/2005 um die erste Erfassung der europaweiten Islamophobie. Der Report biete «keine Patentrezepte zur Bekämpfung des Rassismus» an, sondern wolle den Politikern nur Material an die Hand geben, auf dessen Grundlage sie dann die nötigen Reformen einleiten müssten. «Die gleiche Behandlung von Muslimen ist ein Recht und kein Privileg», betonte Winkler.
Ein besonderes Problem bei der Erfassung der Diskriminierung von Muslimen, die mit 13 Millionen Menschen immerhin gut drei Prozent der EU-Bevölkerung stellen, sei die oft unvollständige Registrierung der Übergriffe.
Besonders bedauerlich: Laust EUMC-Studie ist die Ablehnung des Islams in Deutschland besonders ausgeprägt
Unterdessen kommt der Migrationsreports (siehe unterer link), der erst letzten Freitag in Berlin vorgestellt wurde zu ähnlichen Ergebnissen. Der Bericht des Rates für Migration erscheint seit 2000 alle zwei Jahre. Der Rat ist ein Zusammenschluss von Wissenschaftlern, die sich mit Fragen von Migration, Integration und interkultureller Begegnung beschäftigen. In der aktuellen Ausgabe diskutieren die Experten die Folgen des Zuwanderungsgesetzes, die Migration nach der EU-Osterweiterung, die Auswirkungen der neuen Sicherheitspolitik und die Bedeutung von Bildung für Migrantenkinder. Werner Schiffauer, einer der Autoren des Berichtes, warnt hier vor negativen Auswirkungen der Sicherheitspolitik auf die Integration von Muslimen.
Die diesjährigen Ergebnisse der Langzeitstudie „Deutsche Zustände“ des Instituts für Konflikt- und Gewaltforschung an der Universität Bielefeld zeigen, dass die Hälfte der Bundesbürger fremdenfeindlich eingestellt ist. Wie der Leiter der Studie, der Bielefelder Sozialwissenschaftler Wilhelm Heitmeyer betonte, habe das Ausmaß an Fremdenfeindlichkeit in der Bundesrepublik in den vergangenen Jahren kontinuierlich zugenommen. So sind mittlerweile 48,5 Prozent der Meinung, in der Bundesrepublik leben zu viele Ausländer und diese müssen wieder in ihre Heimat geschickt werden, wenn Arbeitsplätze knapp werden. Fast ein Drittel der Deutschen wollen, dass keine Muslime nach Deutschland einwandern dürfen.
Reaktionen der Politiker auf diese fatalen Negativzeugnisse unserer Gesellschaft: Fehlanzeige.
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