Newsinternational Donnerstag, 24.06.2004 |  Drucken

US-Folter im Irak als Vorbild für eigene Foltermethoden

Geheimdienste arabischer Länder orientieren sich an den bekannt gewordenen Methoden in Abu Ghraib.

(Kairo) - Im Nahen Osten wächst die Sorge vor einem Umsichgreifen der von US-Truppen in Abu Ghraib im Irak vorexerzierten Foltermethoden auf andere Länder. Anwälte und Menschenrechtsaktivisten warnen, es existierten erste Anzeichen, denen zufolge in Ägypten Polizei und Geheimdienste begonnen hätten, die in den Medien publizierten Foltermethoden zu kopieren.

"Neu ist der Umstand, dass es plötzlich Mode geworden ist, in den Gefängnissen von Abu Ghraib zu sprechen", so Mohammed Zaree in einem Interview mit der IPS, ein Anti-Folter-Aktivist, der das "Human Rights Center for the Assistance of Prisoners" (HRCAP) leitet. Die Idee dahinter sei, den Gefangenen klar zu machen, dass sie in der entlegendsten und dunkelsten Ecke der Welt angekommen seien, wo niemand von ihnen hören oder sich um sie kümmern werde.

Auch die "Ägyptische Menschenrechtsorganisation" (EHRO) in Kairo, kritisiert die Übergriffe und macht die US-Aktionen in Abu Ghraib für die eskalierende Folter in Ägypten verantwortlich.

Abu Ghraib habe nicht nur in Ägypten, sondern bei den Sicherheitskräften in der ganzen Region des Nahen Ostens der Folter eine neue Legitimität verliehen, kritisiert Hafez Abu Seeda, der Generalsekretär von EHRO. "Die Ereignisse in Abu Ghraib haben deutliche Spuren hinterlassen. Es lässt sich ein merklicher Anstieg der Fälle von Folter verzeichnen." Seiner Ansicht nach hätten die
Vorgänge in Abu Ghraib die Hemmschwelle der Folterer gesenkt, unterstreicht er.

Insbesondere die Anwendung sexuell expliziter Misshandlungen, wie das Ausziehen und nackt fotografieren von Gefangenen sowie die Androhung sexueller Gewalt seien in ägyptischen Gefängnissen bislang eher die Ausnahe gewesen, unterstreichen Experten.

Statt Menschenrechten und Demokratie habe die Irakinvasion der Regierung von US-Präsident George Bush und die Folterskandale in Abu Ghraib den Sicherheitskräften der Region nach Ansicht zahlreicher Beobachter den Vorwand für eine neue Welle von Folter und Unterdrückung beschert, warnen Menschenrechtsaktivisten. Insbesondere in Ägypten häufen sich die Hinweise, dass folternde Polizei- und Geheimdienstoffiziere sich explizit auf die in Abu Ghraib angewandten Foltertechniken beziehen, um Gefangene einzuschüchtern.

Die Übergriffe in Ägypten waren ans Tageslicht gekommen, nachdem Sicherheitskräfte Anfang Juni in einer umfangreichen Polizeiaktion 58 Mitglieder der Muslimbruderschaft, Ägyptens größter Oppositionsgruppe, verhaftet hatten. Diese wollen in Ägypten mit friedlichen Mitteln einen Regierungswechsel herbeiführen.




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