Newsnational Mittwoch, 25.12.2024 |  Drucken

Ein Meilenstein für die Zusammenarbeit

Rheinlandpfalz unterzeichnet Verträge mit vier islamischen Religionsgemeinschaften - Basis ist freiheitlich-demokratische Grundordnung als gemeinsame Wertegrundlage

"Längst gehören Musliminnen und Muslime fest zu Rheinland-Pfalz. Sie bilden neben den beiden christlichen Kirchen die drittgrößte religiöse Gemeinschaft. Die Verträge, die wir heute unterzeichnet haben, sind ein Meilenstein für die Zusammenarbeit zwischen dem Land und den islamischen Religionsgemeinschaften DITIB Rheinland-Pfalz e. V., Schura Rheinland-Pfalz. Landesverband der Muslime e. V., dem Landesverband der Islamischen Kulturzentren Rheinland-Pfalz e. V. und der Ahmadiyya Muslim Jamaat K. d. ö. R.. Auf der Grundlage unserer Verfassung treten wir als Landesregierung für eine freie Religionsausübung ein und schaffen entsprechende Rahmenbedingungen. Das ist gelebte Integration", erklärten Ministerpräsident Alexander Schweitzer und der für Religionsangelegenheiten zuständige Wissenschaftsminister Clemens Hoch.



"In Rheinland-Pfalz leben die Religionsgemeinschaften eine gute Zusammenarbeit. Das zeigt sich auch darin, dass zur Unterzeichnung Vertreterinnen und Vertreter der jüdischen Gemeinschaft, darunter die Vorsitzende der Jüdischen Kultusgemeinde Mainz Rheinhessen, Anna Kischner und in Vertretung des Vorsitzenden des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden in RLP Ravill Schneible, sowie der katholischen und der evangelischen Kirche gekommen sind", sagte Ministerpräsident Alexander Schweitzer bei seiner Begrüßung. Auch der Präsident der Universität Koblenz, Stefan Wehner, war zur Unterzeichnung gekommen. An seiner Universität soll der Aufbau einer Islamischen Theologie stattfinden mit dem Ziel, dass Lehrkräfte für den Islamischen Religionsunterricht dort ausgebildet werden können. Ebenfalls anwesend waren Miguel Vicente, Beauftragter der Landesregierung für Migration und Integration sowie Monika Fuhr, Beauftragte des Ministerpräsidenten für jüdisches Leben und Antisemitismusfragen.



Die Verträge halten ausdrücklich fest, dass die Basis für die Zusammenarbeit zwischen dem Land und den vier Religionsgemeinschaften die freiheitlich-demokratische Grundordnung als gemeinsame Wertegrundlage ist. Beide Seiten verpflichten sich, das Miteinander und die gesellschaftliche Teilhabe aller Menschen in Rheinland-Pfalz zu fördern und jeglicher Form von Diskriminierung entschlossen entgegenzutreten. Dazu gehört insbesondere der entschiedene Kampf gegen antimuslimischen Rassismus, Antisemitismus und religiösen Extremismus.



"Wir wollen, dass Musliminnen und Muslime gern in Rheinland-Pfalz leben. Die Verträge regeln das Zusammenleben und -wirken zwischen dem Land und den vier Religionsgemeinschaften und sind für viele Musliminnen und Muslime in Rheinland-Pfalz ein wichtiges Zeichen der Anerkennung und Gleichbehandlung mit anderen Religionsgemeinschaften", so Ministerpräsident Schweitzer und Staatsminister Hoch.


"Der heutige Vertragsabschluss mit den Islamverbänden macht den Weg frei, um den bisher als Modellprojekt angebotenen islamischen Religionsunterricht in Rheinland-Pfalz perspektivisch landesweit auszubauen. Wir stellen damit sicher, dass islamischer Religionsunterricht auch künftig eine gute Qualität hat und sich im Rahmen aller Vorgaben von Verfassung, Schulgesetz und dazugehörigen Verordnungen bewegt. Derzeit wird er an 31 Schulen angeboten und von rund 2.600 Schülerinnen und Schülern angenommen und gibt uns eine gute inhaltliche Basis, um gemeinsam mit den Verbänden wichtige Fragen zu klären, wie zum Beispiel die Gestaltung der Lehrpläne. Die Ausbildung der zukünftigen Lehrkräfte für den islamischen Religionsunterricht findet - wie für alle anderen Fächer in der Lehramtsausbildung auch - in der Verantwortung des Staates und damit des Landes Rheinland-Pfalz statt", erläuterte Bildungsministerin Stefanie Hubig.



Der Integrationsbeauftragte der Landesregierung und Leiter des Runden Tisches Islam, Miguel Vicente, ergänzte: "Die Unterzeichnung der Verträge ist ein wichtiger integrationspolitischer Schritt. Sie fördert das Zugehörigkeitsgefühl der Menschen muslimischen Glaubens zu unserem Land und somit auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt."



"Die DITIB Rheinland-Pfalz begrüßt die konstruktiven und respektvollen Verhandlungen mit dem Land Rheinland-Pfalz. Nach intensiven Gesprächen und mehreren umfassenden Gutachten freuen wir uns, den Vertrag zu unterzeichnen, der unsere Zusammenarbeit und unser Engagement für die Gesellschaft weiter stärkt", erklärte der Landesvorsitzende der Islamischen Religionsgemeinschaften DITIB Rheinland-Pfalz e. V., Cihan Şen.



"Wir freuen uns sehr, dass unsere jahrelangen Bemühungen in einen historischen Vertrag mit der Landesregierung gemündet sind, der die Harmonie und Zusammenarbeit stärkt. Dieser Meilenstein zeigt, dass Muslime mit ihren Religionsgemeinschaften, die seit über 60 Jahren in Rheinland-Pfalz leben, ein fester und geschätzter Bestandteil unserer Gesellschaft sind", unterstrich der Vorsitzende der Schura Rheinland-Pfalz. Landesverband der Muslime e. V., Akif Ünal.



"Der heutige Tag ist wirklich historisch", betonte der Vorsitzende des Landesverbandes der Islamischen Kulturzentren Rheinland-Pfalz e.V., Erhan Gürliyen. "Zum ersten Mal in der Geschichte unseres Bundeslandes wird ein Vertrag unterzeichnet, der die Zusammenarbeit zwischen der Landesregierung und unserem Landesverband als anerkannte und gleichberechtigte islamische Religionsgemeinschaft regelt. Dafür sind wir der Landesregierung außerordentlich dankbar. Wir werden in Zukunft dank des Vertrages noch mehr als bisher unsere gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen können."



Der Bundesvorsitzende der Ahmadiyya Muslim Jamaat K. d. ö. R., Abdullah Wagishauser, erklärte: "Dieser Vertrag verdeutlicht die feste Verankerung der muslimischen Gemeinden in Rheinland-Pfalz. Er zeigt zudem den gemeinsamen Willen, die Angelegenheiten von Hunderttausenden Musliminnen und Muslimen in Rheinland-Pfalz einvernehmlich und auf Augenhöhe zu regeln."


Schwerpunkte der Vereinbarung sind unter anderem folgende Bereiche:



*      die wichtigsten islamischen Feiertage, zu denen eine Beurlaubung bzw. Freistellung von Schülerinnen und Schülern, Beamtinnen und Beamten sowie Angestellten des Landes erfolgen kann,



*      der Islamische Religionsunterricht als sogenannte res mixta in Verantwortung der Vertragspartnerinnen und unter staatlicher Aufsicht und in deutscher Sprache durch Lehrkräfte, die neben der Bevollmächtigung durch die Vertragspartnerinnen auch durch ein wissenschaftliches Lehramtsstudium befähigt sein müssen,



*      der Aufbau einer Islamischen Theologie mit Professuren an der Universität Koblenz; Ziel ist die Ausbildung von Lehrkräften für den Islamischen Religionsunterricht,



*      die religiöse Betreuung und Seelsorge in Justizvollzugsanstalten und anderen Einrichtungen in Trägerschaft des Landes, in denen die Freiheit entzogen wird,



*      die Möglichkeiten der Bestattung nach islamischem Vorschriften, soweit dies das rheinland-pfälzische Bestattungsrecht ermöglicht.



Neben weiteren Einzelbestimmungen beinhalten die Verträge auch eine Freundschaftsklausel, die Vereinbarung der Evaluation der Verträge sowie Kündigungsmöglichkeiten. Die Verträge treten drei Monate nach Unterrichtung des Landtags Rheinland-Pfalz in Kraft.




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