Artikel Montag, 02.08.2010 |  Drucken

Buchbesprechung: "Islam mit europäischem Gesicht: Perspektiven und Impulse" von Benjamin Idriz, Stephan Leimgruber, Stefan Jakob Wimmer

Der Islam in Europa - die erhitzten Debatten über Kopftücher und Minarette haben auch dem letzten klar gemacht, dass der Islam schon längst ein europäisches und damit deutsches Thema ist. Die Integrationsfrage ist zum Dauerthema geworden und fordert neue Antworten jenseits von Stereotypen. Am Modell der bosnischen Muslime, die schon lange einen in Europa beheimateten Islam leben, setzen sich christliche und islamische Autoren mit Strukturen und Traditionen, aber auch mit dem Ruf nach Wandel und Weiterentwicklung des Islam auseinander. Dabei zeigen sie nicht nur praxisrelevante Perspektiven für das Zusammenleben auf, sondern wagen sich auch die Frage der staats- und gesellschaftspolitischen Bedeutung des Islams.

Anliegen dieses Buches ist es zu überlegen, welches Gesicht, welche Eigenschaften und Konturen der Islam in Europa haben kann und soll. Ausgangspunkt ist der auf dem Balkan gewachsene Islam, der zeigt, dass ein Miteinander von Christen, Juden und Muslimen möglich ist. Ergänzend werden Grundzüge des Islams in Deutschland und Österreich vorgestellt. Im Mittelpunkt des Buches steht die „Deklaration europäischer Muslime“ von Mustafa Cerić. Diese Erklärung weist Manifest-Charakter auf und wird im Buch aus verschiedenen Perspektiven diskutiert. Sie zeichnet mit ihren Klarstellungen und Forderungen, an Muslime wie auch an Nicht-Muslime, einen Entwurf, wie die gemeinsame Zukunft in Europa aussehen könnte. Hinzu kommen Gedanken über den islamischen Denker Husein Djozo (1912–1982), über das Leben in einer modernen Moscheegemeinde (Penzberg), über die Gestalt eines islamischen Religionsunterrichts und nicht zuletzt über wünschenswerte Strukturen und das Selbstverständnis von Muslimen in Deutschland. Das Buch soll einen kritisch-konstruktiven Beitrag zum Miteinander der Kulturen und Religionen in Europa leisten.

Bücher über Islam in Europa gibt es bereits, und mit Blick auf die weiter zunehmende Brisanz der Thematik wird man in näherer Zukunft mit einer Flut von Beiträgen unter diesem oder vergleichbaren Titeln rechnen dürfen. Das Thema ist in Bewegung, es bewegt die Gemüter und es erhitzt sie auch. Dass wir Europäer, gleich welchen Hintergrunds, nicht mehr an einer Auseinandersetzung mit dem Islam – nicht nur als Vor- oder Nachbereitung exotischer Urlaubsreisen, sondern hier bei uns zu Hause – vorbei kommen, zeigen nicht nur die dramatischen Entwicklungen, mit denen dieses Jahrzehnt begonnen hat; das zeigen auch die Moscheebaupläne in Köln und an vielen anderen Orten, die unsere Städte verändern. Dass anstelle der Auseinandersetzungen besser eine Form von aufrichtiger und fundierter Ineinandersetzung treten sollte, dafür steht in München die neue Initiative für ein "Zentrum für Islam in Europa – München (ZIE-M)", die Perspektiven für eine gelingende Einbindung in die Stadtgesellschaft entwirft.

Das Anliegen des vorliegenden kleinen Bandes ist es ausdrücklich nicht, alle Aspekte dieses ebenso komplexen wie ergiebigen Feldes zu behandeln, oder auch nur anzusprechen. Wir wollen hier einen Ansatz in den Mittelpunkt rücken, der einem prominenten, in Europa beheimateten und verwurzelten Muslim zu verdanken ist: Die "Deklaration europäischer Muslime" von Mustafa Cerić, dem geistigen Oberhaupt der bosnischen Muslime. Dieser Erklärung mit Manifest-Charakter, die im Jahr 2005 verfasst und 2006 öffentlich vorgestellt wurde, zeichnet mit ihren Klarstellungen und Forderungen, an Muslime und an Nicht-Muslime, einen Entwurf, wie die gemeinsame Zukunft in Europa aussehen könnte. Dabei versteht sich das Dokument selbst als Diskussionsgrundlage, an der weiter gearbeitet und über die in einzelnen Fragen auch kritisch gerungen werden soll. Wenn unser Buch einen Beitrag leistet, um diese Debatte in Gang zu bringen und zu fördern, dann trägt es hoffentlich zu einem konstruktiven und gedeihlichen Miteinander bei.


Buchbesprechung: "Islam mit europäischem Gesicht: Perspektiven und Impulse" von Benjamin Idriz, Stephan Leimgruber, Stefan Jakob Wimmer (256 Seiten, 1. Auflage, Art.Nr.: 978-3-7666-1397-4)
Für Bestellung: http://www.religioeses-sachbuch.de/index.php?page=search&keywords=Islam
oder siehe unterer Link




Lesen Sie dazu auch:
http://www.islam-penzberg.de/
Islamisch Charta des Zentralrates der Muslime in Deutschland

Ähnliche Artikel

» Islam-Konferenz der Länder Eurasiens tagte zum 9. Mal in Brüssel
» ZMD: Selbstverständlich gibt es einen Islam deutscher oder europäischer Prägung
» ALLE Terroristen sind gefährlich

Wollen Sie einen
Kommentar oder Artikel dazu schreiben?
Unterstützen
Sie islam.de
Diesen Artikel bookmarken:

Twitter Facebook MySpace deli.cio.us Digg Folkd Google Bookmarks
Linkarena Mister Wong Newsvine reddit StumbleUpon Windows Live Yahoo! Bookmarks Yigg
Diesen Artikel weiterempfehlen:

Anzeige

Hintergrund/Debatte

Extreme bis extremistische Einstellungen in Deutschland auf dem Vormarsch mit Spiegelung in der Politik und Medien
...mehr

Langes KNA-Interview: Der neue Vorsitzende des Zentralrats der Muslime über sein Amt
...mehr

Bochum ehrt Ahmed Aweimer zum 70. Geburtstag
...mehr

Aiman Mazyek kommentiert das Verbot der Imam Ali Moschee: "Blaue Moschee - Islamisches Zentrum in Hamburg
...mehr

Medienanalyse: Rassismus in Medien, Recht und Beratung
...mehr

Alle Debattenbeiträge...

Die Pilgerfahrt

Die Pilgerfahrt (Hadj) -  exklusive Zusammenstellung Dr. Nadeem Elyas

88 Seiten mit Bildern, Hadithen, Quran Zitaten und Erläuterungen

Termine

Islamische Feiertage
Islamische Feiertage 2019 - 2027

Tv-Tipps
aktuelle Tipps zum TV-Programm

Gebetszeiten
Die Gebetszeiten zu Ihrer Stadt im Jahresplan

Der Koran – 1400 Jahre, aktuell und mitten im Leben

Marwa El-Sherbini: 1977 bis 2009