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Mittwoch, 18.05.2022 | Drucken |
Versuchter Terroranschlag auf Schule von Rechtsradikalen verhindert
Bei einem Schüler einer katholischen Schule in Essen seien Waffen und "zahlreiche" rechtsextreme, antisemitische und antimuslimische Schriftstücke gefunden worden. Mazyek: weder „Hilferuf“ noch These „Einzeltäter“ haltbar
Essen (KNA) Die Polizei hat offenbar einen mutmaßlich rechtsmotivierten Anschlag auf eine katholische Schule in Essen verhindert. Bei einem Schüler des Don-Bosco-Gymnasiums seien Waffen sowie "eindeutig ausländerfeindliches und rechtsextremes Material" gefunden worden, erklärte der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) am Donnerstagmittag vor Journalisten. Der 16-Jährige stehe unter "dringendem Verdacht", einen Anschlag geplant zu haben. Die Polizei in NRW habe heute möglicherweise "einen Alptraum verhindert", so Reul. Die Essener Polizei hatte bereits am Vormittag auf Twitter mitgeteilt, dass sowohl das katholische Gymnasium als auch die städtische Realschule am Schloss Borbeck von Einsätzen betroffen seien und geschlossen blieben. Der Tatverdächtige sei Schüler des Gymnasiums und habe zuvor die Realschule besucht. Über 100 Polizistinnen und Polizisten sowie 10 Sprengstoffhunde waren im Einsatz. Ein Sondereinsatzkommando nahm den Tatverdächtigen laut Reul in den frühen Morgenstunden in seinem Kinderzimmer in Essen-Borbeck fest. Zuvor war ein Hinweis eingegangen. Die Polizei fand unter anderem eine selbstgebaute Schusswaffe, eine Armbrust mit Pfeilen sowie Material zum Bau einer Bombe - darunter 16 teils mit Nägeln präparierte Rohrkörper und zusammengemischte Explosivstoffe. Einen zündfähigen Sprengsatz habe die Polizei bislang nicht gefunden. Im Zimmer des Tatverdächtigen befanden sich zudem SS-Runen und "zahlreiche" rechtsextreme, antisemitische und antimuslimische Schriftstücke, wie der Minister ausführte. Die Aufzeichnungen könnten auch als "dringender Hilferuf eines verzweifelten, jungen Mannes gelesen werden". Es gebe Hinweise auf "massive psychische Probleme und Suizidgedanken" des Schülers.
„Rechtsextremismus und rechtsextremistische Ideologien sind die größte Gefahr für unsere Demokratien. Es handelt sich um keinen Einzeltäter, sondern um rassistische und rechtsextreme Strukturen innerhalb der Gesellschaft, die Radikalisierung begünstigen.“ Aiman Mazyek
Kein Einzeltäter
NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU), Oppositionsführer Thomas Kutschaty (SPD) und Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck zeigten sich betroffen. Fremdenfeindlichkeit, Extremismus und Gewalt hätten im Land keinen Platz, so Wüst. Der Hinweisgeber und die Arbeit der Polizei habe "wahrscheinlich eine Horrortat" verhindert. Der aus Essen stammende Kutschaty twitterte: "Berichte über einen geplanten Angriff auf 2 Schulen bei uns in #Borbeck schockieren mich zutiefst."ZMD-Vorsitzender Aiman Mazyek pflichtet bei und bekräftigt: „Rechtsextremismus und rechtsextremistische Ideologien sind die größte Gefahr für unsere Demokratien. Es handelt sich um keinen Einzeltäter, sondern um rassistische und rechtsextreme Strukturen innerhalb der Gesellschaft, die Radikalisierung begünstigen.“ Weiter erklärt Ruhrbischof Overbeck: "Der Verdacht, dass ein Schüler dort mit Waffengewalt einen Anschlag verüben wollte, erschreckt mich genauso wie die Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte, Eltern, Nachbarn und alle anderen, die hiervon betroffen sind". Er dankte der Polizei, dass sie so schnell und entschieden "womöglich eine schlimme Straftat verhindert hat". Das Bistum werde nun mit der Ordensgemeinschaft der Salesianer Don Boscos als Träger weitere Schritte abstimmen, um die Polizei bei der Aufklärung und die Schulgemeinschaft bei der Verarbeitung der Geschehnisse zu unterstützen. Der Direktor der Salesianer Don Boscos in Essen, Pater Otto Nosbisch, sagte: "Die Schulgemeinschaft ist schockiert und bestürzt." Und weiter: "Wir sind froh und dankbar, dass durch die Hinweise auf die geplante Tat Schlimmeres verhindert werden konnte."
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