Newsnational Montag, 12.07.2021 |  Drucken

Nach Anfrage des ZMD greift der Duden antimuslimische Entwicklungen auf

Dass sich die schlichte Existenz antimuslimischer Strukturen nicht mehr zu leugnen ist, lässt sich nun auch mit Verweis auf den Duden belegen

In der Fachwelt gibt es keinen Konsens bezüglich der Nutzung eines Begriffes, der antimuslimisches Klima ebenso wie gefühlte Ablehnung gegenüber Muslim:innen, sprachliche Denunziationen, körperliche Angriffe und strukturelle Benachteiligungen umfasst. Während in Österreich das Jahrbuch für Islamophobieforschung herausgegeben wird, hat das Bundesinnenministerium im vergangenen Jahr einen unabhängigen Expertenkreis Muslimfeindlichkeit berufen, der unterschiedliche Erscheinungsformen untersuchen soll. Gebraucht wird häufig auch der Terminus Islamfeindlichkeit. Postkolonialist:innen und Poststrukturalitist:innen hingegen bevorzugen den Begriff des antimuslimischen Rassismus, um strukturelle Verwurzelungen mit zu beschreiben. Im Duden allerdings waren diese Begriffe bis vor Kurzem noch nicht zu finden. Das hat sich nun geändert.

In einer Anfrage an den Duden-Verlag betonte der ZMD jüngst, das Wörterbuch müsse dem wachsenden Rechtsextremismus, dem sich ausbreitenden Rassismus sowie der längst etablierten Verwendung der Begriffe der Muslimfeindlichkeit und des antimuslimischen Rassismus im oralen Sprachgebrauch gerecht werden. Nach den antimuslimischen Morden von Hanau im Februar 2020 nutzte auch etwa Bundespräsident Steinmeier den Begriff der Muslimfeindlichkeit, um jene staatszersetzende und rassistische Kraft zu beschreiben, die Muslim:innen wie die Demokratie als solche und gesellschaftlich geteilte Werte im Kern angreife.[i] Der ZMD wies ferner auf die Verwendung der verwandten Begrifflichkeiten der Judenfeindlichkeit bzw. des Antisemitismus hin, die im Duden längst nachzuschlagen seien. Nach einer Durchsuchung des Dudenkorpus, im Rahmen welcher der Duden wiederholt auf die vom ZMD betonten Begriffe stieß, kündigte man in einem Antwortschreiben an den ZMD nun an, man werde sie in das Online-Wörterbuch aufnehmen. Seit dem vergangenen Quartal sind die Begriffe nun abrufbar.[ii]

Der Duden wird so einer besorgniserregenden Entwicklung der vergangenen Jahre gerecht, die sich zu manifestieren scheint. Im Zuge der Kulturalisierung von Debatten um Migration und Integration seit der Jahrtausendwende sehen sich deutsche Muslim:innen zunehmender Feindseligkeit ausgesetzt. Muslim:innen und Moscheen sind regelmäßig Ziel von Attacken[iii] und Debatten um Leitkultur und Zugehörigkeit schließen sie nicht nur explizit aus, sondern setzen sie einem wachsenden Rechtfertigungsdruck aus. Unter dem Deckmantel vermeintlich legitimer Islamkritik wird währenddessen Hass geschürt. Der Islam wird in diesem Zusammenhang als homogene Einheit konzipiert und seine Vielfalt verkannt. Der Duden wird dieser Entwicklung nun zumindest insofern gerecht, als er unterschiedliche Konzepte, die diese Entwicklung zu greifen versuchen, in sein Verzeichnis aufnimmt. Dass sich die schlichte Existenz antimuslimischer Strukturen nicht mehr zu leugnen ist, lässt sich nun auch mit Verweis auf den Duden belegen.








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