Bedford-Strohm: "Inszenierter Kulturkampf"
Aus Zeichen des gegenseitigen Respekts nahmen die Bischöfe ihre Kreuze bei den muslimischen wie auch bei den jüdischen Geistlichen in Jerusalem ab - dennoch wird nur über den Islam geredet
Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, hat das Verhalten deutscher Bischöfe auf dem Felsendom bei der Al-Aqsa-Moschee in Jerusalem verteidigt. Diese waren zum Teil heftig dafür kritisiert worden, dass sie dort während ihrer gemeinsamen Pilgerreise ihre Brustkreuze zeitweise abgenommen hatten.
«Christliches Zeugnis legt man nicht durch bewusstes Provozieren ab, sondern durch einen sensiblen Umgang mit den Anderen», sagte Sternberg am Freitag in Bonn: «Wir - Katholiken wie Protestanten - wollen keine religiösen Scharfmacher als Repräsentanten unserer Kirchen.» Sternberg nannte es «ziemlich empörend und beschämend», wie manche Medien das «Bemühen um Deeskalation in der angespannten Atmosphäre des Jerusalemer Felsendoms» skandalisiert hätten.
Nach der gemeinsamen Reise ins Heilige Land hatte es in einigen Medien kritische Kommentare dazu gegeben, dass der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, und der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, am 20. Oktober bei der Besichtigung des Felsendoms und der Al-Aqsa-Moschee ihre Brustkreuze nicht offen sichtbar getragen hatten.
In manchen Medien und in Kommentaren auf Facebook und Twitter war dies unter anderem als «Einknicken» vor dem Islam und als Geste der Unterwerfung und Feigheit gedeutet worden. Auch beim anschließenden Besuch an der jüdischen Klagemauer traten die Bischöfe nicht mit sichtbaren Brustkreuzen auf.
Bischofskonferenz und EKD hatten daraufhin erklärt, die ökumenische Delegation sei vor Ort von muslimischen und jüdischen Gläubigen darum gebeten worden. Und angesichts der «ohnehin schwierigen und aufgeheizten Situation» am Tag des Besuchs habe man dieser Bitte entsprochen.
Es habe sich nicht um ein «Einknicken» gehandelt, so EKD-Sprecher Carsten Splitt, sondern um eine «in der besonderen Feiertagssituation angezeigte Zurückhaltung». Die Situation vor Ort sei insgesamt «von tiefem gegenseitigem Respekt geprägt» gewesen.
Die Delegation habe damit «auch an die Streitparteien in Jerusalem und im Nahen Osten ein Signal ausgesandt», ergänzte der Sprecher der katholischen Bischofskonferenz, Matthias Kopp: «Nur mit Respekt, Klugheit, Umsicht und Demut ist der Frieden zu erringen.»
Bedford-Strohm selbst kritisierte während der EKD-Synode in Magdeburg einige Medien, die nicht erwähnt hatten, dass Marx und er auch an der Klagemauer ihre Kreuze nicht getragen hatten: Man inszeniere einen «Kulturkampf», um zu zeigen, dass der Islam intolerant sei. Warum aber, so der Landesbischof weiter, werde nicht gleichzeitig darauf hingewiesen, «dass wir bei beiden Religionen, die wir besucht haben, von den Betreuenden gebeten wurden, das Kreuz nicht zu tragen, um nicht zu provozieren».
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