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14.01.04 "Ohne Kopftuch fühle ich mich nackt" schrieb:
 
     
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"Ohne Kopftuch fühle ich mich nackt" 
Einzige muslimische Lehrerin Wolfsburgs will gegen Verbot klagen – Konflikt besteht 
schon länger 
 
"Katastrophal!", lautet die erste Reaktion von Noura Rouchou auf das gestern vom 
Kabinett beschlossene Kopftuchverbot. Wolfsburgs einzige Betroffene will auch im 
Unterricht nicht auf die muslimische Kopfbedeckung verzichten. Sie überlegt, gegen 
das Gesetz zu klagen, das noch im Januar im niedersächsische Landtag beraten 
werden soll. 
"Ich fühle mich nackt, wenn ich vor Männern meine Haare zeige", beschreibt die 
gebürtige Tunesierin, die seit 23 Jahren in Wolfsburg lebt, im Gespräch mit den WN 
ihre Gefühle. Das Kopftuch sei für eine Muslimin Pflicht – es nicht zu tragen, 
empfinde sie als Sünde. 
Einen Konflikt zwischen ihrem Beruf als Lehrerin und ihrer Religion erlebt Noura 
Rouchou, die Wolfsburger Schüler schulübergreifend im muttersprachlichen 
Unterricht in Hocharabisch unterrichtet, bereits seit längerem: Vor den Sommerferien 
habe ihr die Bezirksregierung als Schulbehörde das Tragen des Kopftuchs verboten, 
erzählt die 50-Jährige. 
"Es hat Beschwerden von Eltern gegeben", bestätigt Heidemarie Ballasch, die bei 
der Bezirksregierung für die muttersprachlichen Lehrkräfte zuständig ist. Die 
Schulleiter des Ratsgymnasiums und der Hauptschule Westhagen, an denen Noura 
Rouchou unterrichtet, hätten um Klärung gebeten. "Ich habe Frau Rouchou auf die 
gesetzlichen Grundlagen hinweisen müssen", erklärt die Dezernentin. 
Das Land Niedersachsen hatte Lehrerinnen an staatlichen Schulen auch bisher 
schon das Tragen eines Kopftuchs verboten – allerdings ohne gesetzliche 
Grundlage. Im September 2003 entschied das Bundesverfassungsgericht, ein 
Kopftuch-Verbot könnten die Länder nur auf der Grundlage eines Gesetzes erlassen. 
Eine entsprechende Änderung des Schulgesetzes ist in Niedersachsen nun auf den 
Weg gebracht. 
Noura Rouchou empfindet es als "gar nicht so tragisch", dass sie ihr Kopftuch im 
Unterricht ablegen muss. "Kindern kann ich meine Haare zeigen", sagt sie. 
Problematischer sei die Begegnung mit Kollegen oder anderen Männern auf dem 
Schulgelände. Dem versucht sie aus dem Weg zu gehen: "Ich verstecke mich jetzt 
immer. So lange Leute im Haus sind, gehe ich nicht raus." Da sie am Nachmittag 
unterrichte, seien sowieso nicht viele Personen anwesend. 
Verständnis für das Kopftuchverbot hat Noura Rouchou jedoch nicht: Sie empfindet 
es als Beschränkung ihrer Freiheit. "Für mich hat das Kopftuch überhaupt keine 
politische Bedeutung, sondern nur religiöse", sagt die Lehrerin. "Deutschland war 
immer so ein freiheitliches Land – warum diskriminiert es jetzt die Muslime?" 
Zu den Zugeständnissen ist sie bereit, damit sie ihren Arbeitsplatz nicht verliert. "Ich 
liebe meinen Job, ich unterrichte seit zehn Jahren, ohne meine Schüler kann ich 
nicht leben", erklärt die Muslimin. Allerdings werde sie sich jetzt mit ihrem Anwalt 
beraten und unter Umständen gegen das Gesetz klagen.
     
 
	
								
                                
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