Newsnational Sonntag, 23.12.2007 |  Drucken

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Sebastian Edathy (SPD): „Die Demokratie finanziert ihre Feinde - das muss ein Ende haben“

Neonazis überfallen und misshandeln junge Frau in Halberstadt – Rechtsradikale greifen zwei Sudanesen in Dresden an - Kein Anlass zur Entwarnung angesichts „pogromartiger Übergriffe“ in 2007

In Sachsen und Sachsen-Anhalt hat es am Wochenende erneut fremdenfeindliche und rechtsextremistische Übergriffe gegeben. In Dresden wurden in der Nacht zum Sonntag zwei Sudanesen von mehreren Männern angegriffen und verletzt. In Halberstadt wurde eine junge Frau von drei Rechtsextremen misshandelt und ebenfalls verletzt. Der Vorfall ereignete sich am Freitagabend.

Vor rund einer Woche wurde eine Irakerin mit ihrem Kind auf offener Strasse in Magdeburg von Passanten geschlagen und Schaulustige skandierten fremdenfeindliche Parolen dabei.
Die Moschee in Lauingen bei Lindau am Bodensee war vor ein paar Tagen mit Neonazi-Parolen und Hakenkreuzen einem Anschlag zum Opfer gefallen (islam.de berichtete, siehe auch untere links).

Neonazis überfallen junge Frau in Halberstadt

Bereits am Freitagabend war in Halberstadt eine 19-jährige Frau von drei Rechtsextremen überfallen und misshandelt worden. Die Angreifer werden der rechten Szene zugeordnet. Gegen sie wird nun wegen gefährlicher Körperverletzung, versuchten Raubes, Nötigung, sexueller Nötigung und des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ermittelt.
Das Opfer erlitt mehrere, teils schwere Verletzungen und musste im Krankenhaus stationär aufgenommen werden.
Die drei Beschuldigten - eine 21-jährige Frau sowie zwei 24 und 27 Jahre alte Männer aus Halberstadt - seien der Polizei bekannt und eindeutig der rechten Szene zuzuordnen. Sie wurden kurz nach der Tat festgenommen. Auf dem Weg zum Polizeirevier zeigte die 21-Jährige den Hitlergruß.

Dresden: Rechtsradikale greifen zwei Sudanesen an

Wie eben bekannt wurde, sind zwei Sudanesen in Dresden nach Polizeiangaben bei einem fremdenfeindlichen Angriff verletzt worden. Die beiden 21 Jahre alten Männer seien gegen 03.00 Uhr vor einer Diskothek von zehn bis 15 Personen wegen ihres Aussehens beschimpft, geschlagen und getreten worden, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft Dresden mit. Die Angreifer gehörten nach Angaben der Polizei zu einer Gruppe von 75 bis 100 Personen, die in der Vergangenheit durch Nazi-Sprüche in den benachbarten Fußballstadien aufgefallen sind.

Politiker und DGB fordern mehr Engagement gegen Rechts - Verfassungsfeindlichen Bestrebungen von Steuergelder finanziert

Angesichts zahlreicher rechtsextremer Gewalttaten im Jahr 2007 rief der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Sebastian Edathy (SPD) zu Wachsamkeit gegenüber dem Rechtsextremismus auf. Es gebe «keinerlei Anlass zur Entwarnung». Dies hätten im Jahr 2007 unter anderem «die pogromartigen Übergriffe in Mügeln oder der brutale Überfall auf eine Schauspielergruppe in Halberstadt gezeigt».

"Antisemitische oder fremdenfeindliche Einstellungen lassen sich nicht von heute auf morgen ändern", sagte er der Nachrichtenagentur ddp. Vielmehr seien Aufklärung und Engagement für die Demokratie eine Daueraufgabe. Er nannte es absurd, dass die NPD «bei ihren verfassungsfeindlichen Bestrebungen auch noch mit Steuermitteln unterstützt wird». Er betonte: «Die Demokratie finanziert ihre Feinde - das muss ein Ende haben.» Die NPD bilde «seit Jahren das Rückgrat des organisierten Rechtsextremismus in Deutschland».

Die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) warb für mehr Zivilcourage. Öffentliche Übergriffe auf Ausländer seien nicht tolerabel, sagte sie. Es brauche dringen verstärkte Anstrengungen gegen den Rechtsextremismus, der sich durch alle Gesellschaftsschichten ziehe.

Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Michael Sommer, kündigte unterdessen verstärkte Anstrengungen der Gewerkschaften gegen Fremdenfeindlichkeit und Rechtsradikalismus an. "Fremdenfeindlichkeit können wir nicht dulden", sagte er. Sie sei inhuman und gefährde den demokratischen und sozialen Rechtsstaat.

Halberstadt schon mal Austragungsort rechtradikaler Anschläge – Vorwürfe gegen Polizei bestätigt

Sachsen-Anhalt machte in den vergangenen Monaten immer wieder Schlagzeilen mit rechtsextrem motivierten Übergriffen. Einer der Fälle, der am meisten Aufsehen erregte, war am 9. Juni in Halberstadt ein Überfall einer Gruppe Rechtsextremer auf ein Schauspielerensemble des Nordharzer Städtebundtheaters. Wegen dieser Tat müssen sich derzeit vier Angeklagte im Alter von 22 bis 29 Jahren vor dem Amtsgericht Halberstadt verantworten.
Nach einer Aufführung der "Rocky Horror Show" in Halberstadt waren 14 Mitglieder des Nordharzer Städtebundtheaters auf offener Straße angegriffen und brutal zusammengeschlagen worden.

Die Vorwürfe gegen die Polizei im Zusammenhang mit dem brutalen Überfall Rechtsradikaler auf eine Theatergruppe in Halberstadt im Juni sind von einem internen Untersuchungsbericht bestätigt worden. In dem Polizeibericht sei unter anderem die Rede von einem "Gesamtversagen" aller Beteiligten, zitierte das ARD-Magazin "Kontraste" aus dem Text. "Die festgestellten Fehlleistungen sind mit dem Fehlen einer ausreichenden Sensibilität für die Thematik der politisch motivierten Kriminalität erklärbar", hieß es demnach weiter.. Diese Vorwürfe untermauert jetzt nach Angaben des Fernsehmagazins der interne Polizeibericht: "Die Kräfte vor Ort entließen den Tatverdächtigen, obwohl er von Zeugen als Täter benannt worden war, eine frische Handverletzung aufwies, in unmittelbarer Tatortnähe gestellt wurde", heißt es dort.(Quellen:Nachrichtenagenturen, mdr und websites deutscher Politiker)





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