Artikel Montag, 11.12.2006 |  Drucken

Yusuf Islam ist mit einem neuen Album in die Welt der Popmusik zurückgekehrt - CD-Besprechung von Yasin Alder

Begleitet von großem Medieninteresse hat Yusuf Islam, ehemals Cat Stevens, am 9.11. sein neues Pop-Album „An Other Cup“ veröffentlicht. Auch in Deutschland wurde dies von fast allen Printmedien und auch vom Fernsehen mit erstaunlich großem Interesse aufgenommen. Nach seinen großen Welterfolgen als Cat Stevens in den 70er Jahren („Morning Has Broken“, Father And Son“, „Wild World“) hatte der Sänger im Jahre 1979 den Islam angenommen, und zugleich den neuen Namen Yusuf Islam. Er beendete seine Karriere, zog sich völlig aus dem Musikbusiness und vom Musikmachen zurück und kümmerte sich fortan um wohltätige Projekte weltweit sowie den Aufbau islamischer Schulen in England, wofür er auch die weiterhin fließenden Tantiemen aus den Verkäufen seiner Cat Stevens-Alben verwendete. Vielen mag noch sein fast legendäres TV-Interview bei Thomas Gottschalk Anfang 1995 in Erinnerung sein, wo der Talkmaster ihn partout nicht dazu kriegen konnte, einen seiner alten Hits anzustimmen, Yusuf Islam stattdessen aber mit brillanten Aussagen von großer Tiefe überzeugte und den sonst vermeintlich so souveränen Showmaster im Vergleich dazu ziemlich blass aussehen ließ.

Seither ist einige Zeit ins Land gegangen, die Weltlage ist auch eine andere geworden, und Yusuf Islam hat seine Einstellung zum Musikmachen geändert. Deutlich wurde diese Veränderung in den letzten Jahren auch optisch: Während er früher in der Regel mit Turban oder Kappe, manchmal auch mit traditionellen muslimischen Gewändern zu sehen war, hat er diese heute gegen „normale“ westliche Kleidung getauscht und trägt Sakko oder auch mal Lederjacke. Schon im letzten Jahr erregte sein Auftritt auf einem Benefizkonzert in Neuss und auch sein Duett mit dem Popsänger Ronan Keating hierzulande ein erhöhtes mediales Interesse. Erst kürzlich hat Yusuf Islam für sein Wirken den „Man of Peace“-Preis erhalten, der von einem Komitee aus Friedensnobelpreisträgern verliehen wird.

Genau genommen hatte Yusuf Islam sein Comeback als Sänger bereits im Jahre 1995 gehabt, mit einer Spoken Word-CD über das Leben des letzten Gesandten, Muhammad, Allah segne ihn und schenke ihm Frieden, bei der er erstmals wieder singend zu hören war, und zwar mit dem historischen Lied über den Propheten, „Tala’al Badru Alayna“, begleitet nur von Handtrommeln. In den folgenden Jahren veröffentlichte er eine ganze Reihe von Alben mit religiösen Liedern, teils zusammen mit anderen Interpreten, denen er dadurch zu größerer Bekanntheit verhalf, wie etwa Zain Bikha oder der Gruppe Raihan. Damit hatte er in der gesamten muslimischen Welt enormen Erfolg und wurde so zum maßgeblichen Wegbereiter der neuen muslimischen Pop-Welle, die heute von Sami Yusuf und anderen weitergeführt wird.

Doch blieb, bei allem Erfolg, das Publikum doch überwiegend ein muslimisches; von der nichtmuslimischen Medienwelt und dem nichtmuslimischen Publikum wurde all dies kaum zur Kenntnis genommen oder aber es stieß auf wenig Interesse. Mit dem neuen Album ist dies nun ganz anders. Nicht nur hat Yusuf Islam wieder zur Gitarre gegriffen und Songs mit musikalischer Begleitung komponiert, auch wurde „An Other Cup“ bei Polydor/Universal veröffentlicht, einem der größten Konzerne der Musikbranche, hat damit erheblich größere Möglichkeiten der Verbreitung und Werbung und ist so potenziell einem viel größeren Publikum zugänglich. Hinzu kommt ein deutlicher Imagewechsel: Auf dem neuen Album, auf dessen Cover er sich übrigens nur „Yusuf“ nennt, hat Yusuf Islam sämtliche offensichtlich islamischen Begrifflichkeiten in den Texten vermieden; die nach wie vor natürlich vorhandenen islamischen Inhalte kommen dezent und eher indirekt herüber. Im Beiheft der CD finden sich neben Zitaten vom Propheten Muhammad und von Rumi auch solche aus dem Zen-Buddhismus oder aus westlichen Quellen. Mit dieser Herangehensweise hat Yusuf Islam nun die Möglichkeit, ein viel größeres, auch nichtmuslimisches Publikum zu erreichen und ihnen den Islam positiv zu zeigen, was in den letzten Jahren leider durch all die verbreiteten Negativbilder, Klischees und Verzerrungen ohnehin noch schwieriger geworden ist als zuvor. Um einmal einen Vergleich zu bemühen: Ein christlich orientierter Interpret wie Xavier Naidoo hätte vermutlich auch weniger Erfolg beim heutigen Publikum, wenn er in seinen Texten sehr viel offensichtlicher christliche Inhalte bringen würde als er dies tut.

Nach einem eher verhaltenen Eröffnungstrack folgt auf "An Other Cup" mit „Heaven/Where True Love Goes“ der wohl eingängigste, hittauglichste Song des Albums. „The Beloved“, ein Lied über den Propheten Muhammad - auch wenn dessen Name darin kein einziges Mal erwähnt wird – beginnt mit einer klassisch-osmanischen Rohrflöte, geht dann in chinesisch-ostasiatisch anmutende Klänge über, um dann im Refrain von britisch-irischen Folk-Sounds getragen zu werden - und zu all dieser Vielfalt kommt noch der berühmte Youssou N’Dour aus Senegal als Gastsänger, der eine afrikanische Note einbringt. Eine schöne Idee, die Universalität der Botschaft, die der Prophet überbracht hat und die eben keine „orientalische Kultur“ ist, zu versinnbildlichen.

Im Artwork des Albums wirken die unter anderem enthaltenen Comic-artigen, orientalisch aussehenden „Männchen“ etwas pittoresk, ansonsten steht das Motiv des Teetrinkens im Vordergrund, vielleicht wie der Titel auch in Anspielung auf eines der erfolgreichsten Cat Stevens-Alben, „Tea For The Tillerman“. Und das Poster mit der Aufschrift „The Return of Ziryab“ – in Anspielung auf den berühmten muslimischen Musiker aus dem alten Andalusien, der vor allem für sein Beherrschen des Saiteninstruments und dessen Weiterentwicklung bekannt wurde - vor dem Yusuf Islam auf dem Backcover sitzt und das sich auch im Beiheft wieder findet, verdeutlicht, in welcher Tradition Yusuf sich mit seinem neuen Album sehen möchte.

Insgesamt ein - von einigen rhythmischen Ausflügen abgesehen - sanftes, besinnliches Album mit Texten, die zu lesen sich lohnt. Musikalisch ist es vielleicht nicht spektakulär, aber ausgereift und qualitativ hochwertig; vielleicht eher etwas für reifere Jahrgänge als für Teenies, obwohl es auch für dieses Publikum eine Alternative zum sonst gehörten darstellen könnte. Und Muslimen, die seine vorherigen Yusuf Islam-Alben mögen, aber durchaus auch an alten Cat Stevens-Songs Gefallen finden, dürfte „An Other Cup“ sicher ebenso gefallen.

In einem Interview zu seinem Comeback, das auch im deutschen Fernsehen zu sehen war, antwortete Yusuf Islam auf eine typische Frage sinngemäß: „Im Islam geht es nicht um Kopftuch oder Schweinefleisch, sondern um eine Lebensweise, welche aus einer Quelle stammt, die nicht angezweifelt werden kann.“ Man kann ihm zu seinem neuen Album nur wünschen, dass er damit und mit seiner Botschaft so viele Menschen wie möglich erreichen möge.(Erstveröffentlichung am 12.11.06, mit freundlicher Genehmigung des Autors der Islamischen Zeitung)




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