Das Grundgesetz im (Migrations)-Vordergrund  Drucken



Artikel 17a – Grundrechtsbeschränkungen im Wehrbereich


Wer Artikel 17a im Grundgesetz aufschlägt, findet dort folgendes stehen:

1. Gesetze über Wehrdienst und Ersatzdienst können bestimmen, daß für die Angehörigen der Streitkräfte und des Ersatzdienstes während der Zeit des Wehr- oder Ersatzdienstes das Grundrecht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten (Artikel 5 Abs. 1 Satz 1 erster Halbsatz), das Grundrecht der Versammlungsfreiheit (Artikel 8) und das Petitionsrecht (Artikel 17), soweit es das Recht gewährt, Bitten oder Beschwerden in Gemeinschaft mit anderen vorzubringen, eingeschränkt werden.
 
2. Gesetze, die der Verteidigung einschließlich des Schutzes der Zivilbevölkerung dienen, können bestimmen, daß die Grundrechte der Freizügigkeit (Artikel 11) und der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13) eingeschränkt werden.

Soldaten stehen in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis, das auf die Sicherung der ständigen Verteidigungsbereitschaft gegen Angriffe von außen gerichtet ist. Grundsätzlich genießen Soldaten als Staatsbürger die gleichen Rechte wie andere Bürger. Nur Artikel 17a Absatz 1 regelt, in welchem Maße Soldaten Einschränkungen ihrer Grundrechte hinnehmen müssen. Die rechtliche Grundlage für die Wehrpflicht, die die militärischen und zivilen Dienstpflichten der deutschen Staatsbürger bildet, ist in Artikel 12a festgelegt. Die Dienstpflichten der Soldaten ergeben sich aus dem Soldatengesetz (SG).

Jeder Soldat kann sich mittels der Wehrbeschwerdeordnung in dienstlichen, disziplinarischen und verwaltungsrechtlichen Fragen auf dem Dienstweg beschweren, ohne dass ihm daraus Nachteile erwachsen dürfen.

Betrachten wir nun einige Rechte und Dienstpflichten der Soldaten aus dem Soldatengesetz:
  • Den Staat und die Soldaten verbinden gegenseitige Treue (vgl. § 1, Absatz1 SG).
  • Der Soldat hat die gleichen staatsbürgerlichen Rechte wie jeder andere Staatsbürger. Seine Rechte werden im Rahmen der Erfordernisse des militärischen Dienstes durch seine gesetzlich begründeten Pflichten beschränkt (§ 6 SG).
  • Der Soldat hat seinen Vorgesetzten zu gehorchen. Ungehorsam liegt nicht vor, wenn ein Befehl nicht befolgt wird, der die Menschenwürde verletzt oder nicht zu dienstlichen Zwecken erteilt worden ist (vgl. § 11, Absatz1 SG).
  • Der Soldat darf bei politischen Veranstaltungen keine Uniform tragen (vgl. § 15, Absatz 3 SG).
  • Sein Verhalten muss dem Ansehen der Bundeswehr sowie der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die sein Dienst als Soldat erfordert. Außer Dienst hat sich der Soldat außerhalb der dienstlichen Unterkünfte und Anlagen so zu verhalten, dass er das Ansehen der Bundeswehr oder die Achtung und das Vertrauen, die seine dienstliche Stellung erfordert, nicht ernsthaft beeinträchtigt (§ 17, Absatz 2 SG).

Zwar werden im ersten Absatz des Artikels 17a die Grundrechte von Soldaten und Ersatzdienstleistenden in den Bereichen freie Meinungsäußerung, Versammlungsfreiheit sowie Petitionsrecht eingeschränkt, jedoch wird zugleich, durch die genaue Aufzählung der Einschränkungen, die verfassungsrechtliche Garantie aller in dieser Vorschrift nicht ausdrücklich aufgezählten Grundrechte gewährleistet. Somit bleibt der Soldat als "Bürger in Uniform" Staatsbürger mit allen sonstigen Rechten und Pflichten. Wichtig ist: Der Artikel 17a gilt nicht für Reservisten, sondern nur für Wehr- oder Ersatzdienstleistende.

Betrachten wir nun einige Beispiele für Einschränkungen der Grundrechte gemäß Artikel 17a, Absatz 1:
  • Ein Offizier der Bundeswehr, der in aller Öffentlichkeit Maßnahmen des Verteidigungsministers rügt, kann dafür bestraft werden. Er kann sich dabei nicht auf das Recht der freien Meinungsäußerung berufen (vgl. auch § 1, Absatz1 SG und § 17, Absatz 2 SG).
  • Ein Soldat kann seine politische Meinung in der Kasernenstube frei äußern, jedoch keine Aufforderung zur Wehrdienstverweigerung am schwarzen Brett anbringen.
  • Der Besuch von Versammlungen in ziviler Kleidung ist für Soldaten nicht verboten, jedoch ist das Tragen von Uniformen bei parteipolitischen Versammlungen verboten (vgl. auch § 15, Absatz 3 SG).
  • Die Einschränkung im Petitionsrecht bezieht sich nur auf die gemeinschaftlich vorgebrachte Beschwerde oder Bitte (vgl. §1, Absatz 4 Wehrbeschwerdeordnung - WBO). Eine gemeinschaftlich verfasste Petition könnte als Meuterei wahrgenommen werden, die nach dem Soldatengesetz strafbar ist.


Nun wenden wir uns einigen Beispielen für Einschränkungen der Grundrechte gem. Artikel 17a, Absatz 2 zu:
  • Der Soldat ist auf dienstliche Anordnung verpflichtet, in einer Gemeinschaftsunterkunft zu wohnen und an einer Gemeinschaftsverpflegung teilzunehmen (vgl. § 18 SG). Diesbezüglich kann sich der Soldat nicht auf das Freizügigkeitsrecht gemäß Artikel 11 GG berufen.
  • Situationen, in denen die Grundrechte der Freizügigkeit und die Unverletzlichkeit der Wohnung eingeschränkt werden können, sind z.B. Kriege und schwere Naturkatastrophen (Erdbeben, Flutkatastrophen etc.).
  • Bei einer weiten Auslegung dieser Bestimmung können Soldaten im Rahmen eines Manövers Privatgrundstücke betreten, wenn dies zur Erfüllung des Übungszweckes notwendig ist.

Die obigen Beispiele zeigen, welchen hohen Stellenwert die Bestimmungen des Artikel 17a besitzen, so dass sogar Grundrechtseinschränkungen dafür in Kauf genommen werden.


Haluk Yildiz ist Bundesvorsitzender der Partei BIG – Bündnis für Innovation & Gerechtigkeit. Seit 2009 sitzt er für BIG im Bonner Stadtrat und ist Mitglied in den Ausschüssen Soziales, Migration und Wirtschaft. Haluk Yildiz engagiert sich auch im Bereich Wirtschaftsethik und dem Projekt "Partizipation statt Integration". Er hat in der Türkei Germanistik, in Deutschland Betriebswirtschaft, Vergleichende Religionswissenschaft, Philosophie und Islamwissenschaft studiert und ist als Unternehmensberater mit dem Schwerpunkt Strategiemanagement tätig. 

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