Artikel Montag, 21.11.2011 |  Drucken

Leo-Baeck-Preis des Zentralrates der Juden an Christian Wulff vergeben

Der Zentralrat der Juden verlieh im Kreuzberger Jüdischen Museum den Leo-Baeck-Preis. Der Preis erinnert an den 1956 verstorbenen Gelehrten und Rabbiner Leo Baeck. Im 1. Weltkrieg war der Deutsche freiwillig in den Krieg gezogen als Feldrabbiner für „Kaiser und Vaterland.“ In der Weimarer Republik hatte Leo Baeck eine Vielzahl von jüdischen Ehrenämtern inne. Er war der letzte Mitvorsitzende der Reichsvertretung der Juden in Deutschland während des grausamen Nationalsozialismus. Fünfmal wurde er verhaftet, bevor er 1943, fast 70 Jahre alt, nach Theresienstadt deportiert wurde. Hier musste er als „Müll-Pferd“ Schwerstarbeit verrichten. Heimlich hielt er Predigten ab und stand den Mitgefangenen seelsorgerisch und tröstend zur Seite.

Nach der Befreiung verließ Leo Baeck als Allerletzter das KZ. Er wollte sicherstellen, dass alle Insassen das KZ verlassen hatten. Dr. Dieter Graumann, Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, sagte in seiner Rede über Leo Baeck: „Er war ein Leuchtturm der Hoffnung inmitten der Dunkelheit des Naziterrors.“ Graumann erinnerte auch an den tiefen Glauben des Rabbiners und zitierte dessen Aussage: „Je mehr wir Gutes tun, desto tiefer glauben wir.“

Zu Bundespräsident Wulff, dem diesjährigen Preisträger gewandt, meinte Dr. Graumann: „In Ihrer noch immer jungen Amtszeit haben Sie uns nachhaltig beeindruckt.“ Da seien Synagogeneröffnungen in Anwesenheit des Bundespräsidenten genauso zu nennen wie der Besuch im KZ Auschwitz. Besonders beeindruckt zeigte sich Graumann über die Tatsache, dass der Bundespräsident seine damals 15 jährige Tochter mitgenommen hatte. Graumann sprach von einer Reise an „blutgetränktem Ort.“ In Auschwitz erklärte Bundespräsident Wulff: „Was die Opfer erleiden mussten, ist unfassbar, unsagbar, unbeschreiblich. Deutsche müssen ewig dafür einstehen.“

Wir befragten einige Teilnehmer der Preisverleihung zu ihrer persönlichen Auffassung. Herman Gröhe, CDU-Bundestagsabgeordneter und Generalsekretär seiner Partei, erklärte: „Der Leo–Baeck-Preis ist einer der wichtigsten Preise in Deutschland. Der heute geehrte Herr Bundespräsident ist ein würdiger Preisträger, der diese Auszeichnung auch vollkommen zu recht erhält.“

Hellmut Königshaus, Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages, betonte: „Bundespräsident Wulff ist ein Brückenbauer. Er hat die jüdisch-christlichen-islamischen Beziehungen positiv beeinflusst.“

Romani Rose, der 13 Familienangehörige im KZ verlor und Vorsitzender des Zentralrates der Deutschen Sinti und Roma ist, erklärte: „Wir haben mit Juden zusammen die gleichen schlimmen Erfahrungen in unserer Geschichte machen müssen. Das verbindet uns sehr. Der Schock, den wir jetzt zugefügt bekommen haben aufgrund der Morde durch braune Terroristen, verbindet uns ebenfalls.“

Dr. Martina Krogmann ist die Leiterin der niedersächsischen Landesvertretung in Berlin. In Niedersachsen war Christian Wulff vor seiner Wahl zum Bundespräsidenten Ministerpräsident. Staatssekretärin Krogmann sagte: „Herr Wulff ist ein wunderbarer Mensch. Er begeistert uns alle. Ich freue mich, dass er der Preisträger des Leo–Baeck-Preises ist.“

Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrates der Muslime in Deutschland, erklärte: „Herr Bundespräsident Wulff ist der Bundespräsident aller Deutschen, der Juden, der Muslime, der Christen. Eindrucksvoll setzt er sich für das jüdische Leben in Deutschland ein und macht sich wahrhaftig Gedanken über das muslimische Leben, als ein selbstverständlicher Teil Deutschlands. Ein würdiger Preisträger.“ (Volker-Taher Neef, Berlin. Fotos: G. Meißner)




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