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Leserbriefe

Montag, 03.03.2008



Samina Khan schrieb:
"Ein nationalistischer Erdogan, der beschwichtigende Töne anregt"

Wenn Politiker streiten übersieht man desöfteren die eigentliche Thematik. Die Menschen, die anhand dieses Streitgesprächs Entscheidungen treffen müssen entfremden sich von der eigenlichen Thematik.
Die Art der Streitkultur erzeugt und verstärkt diese Entfremdung und Isolation, die die Menschen voneinander und von jenen trennt, die sie führen oder führen könnten. Wie die bekannte Psychologin Tannen bereits treffend formuliert hat: "Der Philosoph John Dewey sagte an seinem 90sten Geburtstag:"Demokratie beginnt im Gespräch." Ich fürchte Sie endet in der polarisierten Debatte."
Wie man heute in den Nachrichten lesen konnte fiel Rede des türkischen Regierungschefs Erdogan auf "taube Ohren". Taub dehalb, weil man den Ansatz, der dahinter steckt nicht verstehen möchte.

Es gibt einen türkischen Nationalismus, der anders als der deutsche Nationalimus, eindeutiger ist und trotz negativer geschichtlicher Hintergründe seine Basis in der Bevölkerung nicht verloren hat. Die Mehrheit der Bevölkerung steht hinter dieser nationalistischen Haltung, die besonders im Zuge der EU-Abwehrhaltung einen Auftrieb erhalten hat. Auf diesen sehr eindeutigen Nationalismus baut Erdogan seine Politik auf. Die Hardliner unter den Türken befürworten diesen Kurs. Anders wird er seine Bevölkerung nicht für einen EU-Beitritt begeistern können, da die Angst der Assimiliation einen erneuten Rückzug in der Bevölkerung bewirken wird. Die Angst vor Assimilation ist mit einer der Gründe, weshalb auch Integration in Deutschland oftmals scheitert.

Sicherlich sind türkische Schulen keine Lösung. Es sind jedoch die türkischen Intellektuellen, die in und ausserhalb der Türkei einen Diskurs anregen müssen wieviel Kultur man bewahren soll oder aufgrund offener Grenzen bewahren kann. Es muss über eine übergeordnete Ethik gesprochen werden und welche Wichtigkeit Sprache bzw. welche Sprache eine Entwicklung der Menschen in der jeweiligen Region fördert. In Deutschland ist es sicherlich nicht die türkische Sprache,die den Austausch und die Zusammenarbeit mit den Deutschen ermöglicht. Welche Sprache wird es in der EU sein? Welche Sprache ist zurzeit die meistgesprochene in der EU?.

Auch sind die Ängste der Deutschen, anhand der explosionsartigen Bevölkerungsentwicklung der Türken durchaus nachvollziehbar. Ist es dennoch nicht normal, dass die Gruppe mit der größten Bevölkerung auch das Meiste zu sagen hat? Ist das nicht Demokratie? Müssen die Deutschen nicht vielleicht erkennen, was die eigentichen Ängste sind und auch eine innerdeutsche Diskussion darüber anregen, was man an kulturellen Werten behalten möchte, welche Werte als übergeordnete Ethik gelten können und welche nicht?

Die gesamte Diskussion wird zurzeit anheizend und sehr unsensibel geführt. Man vergisst, dass trotz versöhnlicher Töne die Rede Erdogans für das das Befinden der Türken in diesem Land, nach dem Brand in Ludwigshafen, enorm wichtig und zuträglich war. Solche Politiker sind es, die verhindern, dass es erneute Brandsätze gibt und im Gegenzug Häuser durch emotional aufgebrachte Türken angezündet werden.

Andere Politiker sollten mehr an Ihrer Aussagekraft arbeiten und bedenken, dass Wahlkämpfe ursprünglich für und nicht gegen Menschen gemacht wurden.

Abschließend sei die Aussage des CSU Chef zitiert:

"Erdogan hat türkischen Nationalismus auf deutschem Boden gepredigt. Das ist antieuropäisch und belegt unsere Bedenken hinsichtlich eines EU- Beitritts der Türkei“, sagte CSU-Chef Erwin Huber dem „Münchner Merkur“. „Man muss jetzt überlegen und prüfen, ob unter diesen Umständen die Fortführung der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei überhaupt noch sinnvoll ist."


Lieber Herr Huber, Erdogan hat in Ihrem und unserem Land vielleicht Schlimmeres verhindert.
Ein nationalistischer Erdogan, der beschwichtigende Töne anregt und dadurch eine schlimmere Katastrophe verhindert ist besser als ein durch Wahlkämpfe angeheizter Mob, der Häuser verbrennt und damit die nächste Eskalation einleitet!