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Montag, 16.12.2002
Endgültiges Aus für Halal-Schlachten? Ministerin Höhn will dies in NRW per Erlass unmöglich machen und ignoriert so das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes
Heimliche Praxis der zuständigen Behörden soll nun amtlich gemacht werden. Kommission für islamisches Schlachten (KIS) protestiert dagegen
Frau Ministerin Höhn überraschte die Muslime in NRW mit der Ankündigung eines Erlasses, mit dem sie die Praxis der Schlachtung in NRW neu regeln will. Dieser Erlass würde das Urteil des Bundesverfassungsgericht i. S. Schächten aushöhlen und die grundsätzliche Frage wieder aufwerfen, ob es den Muslimen vorgeschrieben ist, zu schächten. Damit würde in NRW amtlich gemacht, was in Deutschland nach dem für die Muslime positiven Urteil des Bundesverfassungsgericht schon die heimliche Praxis der zuständigen Behörden ist: die Verhinderung des islamischen Schlachtens.
Seit einem Jahr versuchen bundesweit muslimische Einzelpersonen und Organisationen vor Genehmigungen zum Schächten zu bekommen. Dann heißt es aber, dass der zwingende Tatbestand der betäubungslosem Schlachtung nicht vorliege oder der Bedarf ist nicht ausreichend nachzuweisen sei. In seinem Brief an die NRW-Landesregierung beklagt sich der Zentralrat der Muslime (ZMD) darüber, dass es sich bei dem Vorgehen von Frau Höhn um eine subtile Form handele, "mit der die Religionsfreiheit für nichtchristliche Religionsgemeinschaften wie Juden und Muslime eingeschränkt, außer Kraft gesetzt bzw. in der Bedeutungspriorität anderen Grundrechte hintangestellen wird." Dabei müsste die Ministerin wissen, dass in dem Verfassungsurteil zum Schächten schon eine Güterabwägung zugunsten der Religionsfreiheit im Vergleich zum Tierschutz vorgenommen wurde.
Und wieder werden die muslimischen Dachverbände und die Muslime mit ihrer Glaubensüberzeugung ignoriert. Und es wird ignoriert, dass der ZMD zusammen mit dem Islamrat schon längst eine gemeinsame Kommission für das islamische Schlachten (KIS) gebildet, die sich unterdessen als kompetenter Ansprechpartner etabliert, der die Kriterien für das islamische Schlachten festgelegt, die technischen Voraussetzungen beschrieben hat und die Zertifizierung vornehmen kann. Seit Monaten liegen dem Bundesministerium für Landwirtschaft und Verbraucher die von der KIS erarbeiteten Vorschläge über den Sachkundenachweis des Metzgers vor. Man versprach deren zügige Bearbeitung und schließlich die Gründung einer Arbeitsgruppe aller Ländervertretungen, um sich diesem Thema genauer anzunehmen. Aber es tut sich nichts.
Rüstem Altenküpe, Mitglied der von Islamrat und ZMD gegründeten gemeinsamen Kommission für islamischen Schlachten (KIS), meint dazu: "Seit knapp einem Jahr führen uns die Behörden an der Nase herum." Zum letzen Opferfest war man noch beeindruckt, wie schnell und unbürokratisch das höchstrichterliche Urteil umgesetzt wurde und die von der KIS entwickelten Standards akzeptiert und als Richtlinien verwendet worden sind. Das änderte sich als der normale Schlachtbetrieb aufgenommen werden sollte.
Und so klagen die muslimischen Schlachtbetriebe, dass die Tiere hierzulande gekauft werden, dann per Tiertransport nach Holland, Belgien oder Frankreich verfrachten werden, um sie dort nach islamischen Ritus zu schlachten und anschließend wieder nach Deutschland zu transportieren.
Es handelt sich bei dem Vorgehen von Frau Höhn um eine Ungeheuerlichkeit, mit der ein höchstrichterliches Urteil missachtet wird und eine kalte Unsensibilität den Glaubensüberzeugungen von Menschen gegenüber. Und der Generalsekretär des ZMD, Dr. Köhler, fragt nach der "Rechtsstaatlichkeit ihres geplanten Vorgehens, denn es kann ja wohl nicht angehen, dass sich unser Staat als Richter über die Glaubensüberzeugung seiner Bürger aufschwingt."
An dieser Stelle muß betont werden, dass der ZMD sich immer für die Verankerung des Tierschutzes in das Grundgesetz eingesetzt hat. Auch in den Augen eines Muslims ist das schlachten von Tieren etwas Schreckliches. Wenn aber schon geschlachtet werden muß, so ist der ZMD der Überzeugung, dass die islamische Art des Schlachtens noch immer die humanste ist. Köhler: "Von unserer Glaubensüberzeugung, nach unseren islamischen Regeln schlachten zu müssen, können, wollen und brauchen wir nicht abrücken."