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Freitag, 23.03.2007

Muhammad als Ehemann (s.a.s.) - von Malika Laabdallaoui und Ibrahim Rüschoff

Einleitung

Ein „idealer Mensch“ und gleichzeitig fehlbar zu sein ist kein Widerspruch, da Fehlbarkeit zum Menschsein gehört. Ein „idealer Mensch“ ruht in seiner eigenen Mitte und sieht die Welt nicht durch die Brille seiner Komplexe, er ist daher ausgeglichen und handelt entsprechend. Allerdings kennt er auch seine Schwächen und Fehler, weiß aber mit ihnen umzugehen.

Unser Beitrag handelt von Muhammad (s.a.s) als Ehemann. Die Ehe und die Familie sind der Ort, an dem man so ist wie man ist, wo man sich auf Dauer nicht verstellen kann. Sie sollen auch ein Ort sein, wo man sich entspannen kann, wo man so angenommen werden kann wie man ist, auch mit seinen schwierigen Seiten. Durch die große Nähe zueinander und die Tatsache, dass man dort eben so ist wie man ist, gibt es hier auch viele Konflikte.

Wie war Muhammad (s.a.s) also als Ehemann? Es handelt sich dabei um eine spannende Frage, da er eben nicht nur eine, sondern insgesamt 12 Ehefrauen hatte. Welche Herausforderungen hatte er zu meistern, wie sahen seine Lösungen aus? Jede Frau war eine andere Persönlichkeit mit eigenen Hoffnungen und Erwartungen, alle kamen aus unterschiedlichen sozialen, historischen und geographischen Gegebenheiten.

Auf welche Weise ist der Prophet zum Ehemann geworden?

In seiner Biographie erfahren wir über die unterschiedlichsten Wege zu seinen Ehen:

- Der Prophet ist durch Dritte angesprochen worden (Aischa bint Abu Bakr, Sauda bint Zam’ah)
- Er hat Frauen selbst angesprochen (Safia bint Huyay, Maria, Juwayriyah bint Harith)
- Er hat jemanden geschickt (Umm Salama, Umm Habiba)Frauen haben jemanden geschickt (Maimouna bint al-Harith)
- Er wurde durch den Qur’an verheiratet (Zaynab bint Jahsh)
- Frauen haben ihn selbst angesprochen (Chadija bint Chuwayled)

Seine Frauen waren Persönlichkeiten in den unterschiedlichsten Lebenssituationen:

- Ältere Frauen (Sauda) und jüngere Frauen (Aischa)
- mit Kindern (Chadija, Umm Salama, Umm Habiba) und ohne Kinder (Hafsa, Aischa)
- wohlhabende Frauen (Chadija, Aischa), arme Frauen (Sauda)
- Sklavinnen (Maria) und freie Frauen

Diese Vielfalt zeigt uns, dass es für uns nicht nur eine bestimmte Form der Eheanbahnung gibt und eine Ehe auch nicht nur für einen bestimmte Typ Frau infrage kommt (z.B. jung, gebärfähiges Alter, jungfräulich usw., was viele Männer zur Voraussetzung für eine Partnerwahl machen).

Warum hat der Prophet er so viele Frauen geheiratet?

Der Prophet (s.a.s) heiratete auf zwei Arten, nämlich als Mann und als Gesandter. Als Mann wollte er wie jeder andere Mann heiraten und heiratete eine einzige Frau, nämlich Chadija (r). Alle anderen Frauen heiratete er als Gesandter (nach Chadijas Tod).

Der bekannte ägyptische Prediger Amr Khaled nennt für die Heirat mit mehreren Frauen fünf Gründe:

(1) Einmal heiratete der Gesandte (s), damit der Gemeinschaft diese Religion vollständig bis zum jüngsten Tag erhalten bleibt. Denn in der kritischen Zeit nach dem Tod des Propheten (s.a.s.) musste diese Religion überliefert und weitergegeben werden. Deswegen die Ehe mit der jungen Aischa (r) und Hafsa (r), die keine Kinder bekamen und sich ganz der Tradierung des Islam widmen konnten.
(2) Ein weiterer Grund war, den Zusammenhalt des islamischen Staates nach seinem Tod zu festigen. Denn sehr oft brach die Gemeinschaft nach dem Tod ihres Propheten zusammen. Die islamische Gemeinschaft war außerdem in einer Aufbauphase, so dass es notwendig war, dass die vier rechtgeleiteten Kalifen eine feste Beziehung zum Propheten (s.a.s.) hatten. Deswegen heiratete er zwei Töchter von späteren Khalifen Abu Bakr und Omar, die beiden anderen, Uthman und Ali heirateten wiederum drei seiner Töchter. Eine außergewöhnliche Planung für die Zukunft, denn der Prophet (s.a.s.) festigte damit die Grundlagen des Staates, so dass er lange Jahre überdauerte.
(3) Der Gesandte (sa.s.) heiratete Witwen, die sonst keiner geheiratet hätte. Er heiratete Frauen von Märtyrern, die Kinder hatten und alt waren, so dass sie keiner heiraten würde.
(4) Ein weiterer Grund für die Eheschließung des Gesandten (s.a.s.) war die Qur’anische Offenbarung wie bei seiner Ehe mit Zainab Bint Jahsh (r).
(5) Ein weiterer Grund für eine Heirat war, dass die ganze Familie bzw. Stamm der Braut den Islam annahm.

Wir studieren das Leben des Propheten, da er ein Vorbild für uns ist und um etwas aus seinem Leben zu lernen. Wie wir schon erwähnt haben, ist die Familie ein sehr privater Ort, an dem man nicht nur Geborgenheit und Schutz erfährt, sondern auch viele unterschiedliche Konflikte auftreten (zwischen den Generationen, den Eheleuten, unter den Kindern), wo unterschiedliche Erwartungen, Hoffnungen aufeinander treffen und auch Enttäuschungen entstehen. In unserer psychotherapeutischen Praxis haben wir viel mit Konflikten dieser Art zu tun. Was raten wir unseren Klienten, und können wir auch hier aus dem Beispiel des Propheten lernen?

Was raten wir unseren Klienten in ehelichen Konfliktsituationen?

- Sie sollen sich gegenseitig anerkennen in dem, was sie tun (Arbeit, Haushalt, Kindererziehung)
- Sie sollen sich gegenseitig wertschätzen in ihren Eigenarten und ihren Bemühungen, auch wenn diese nicht immer von Erfolg gekrönt sind.
- Sie sollen sich gegenseitig zuhören und dem anderen Gelegenheit geben etwas zu sagen ohne unterbrochen zu werden.
- Sie sollen sich gegenseitig vertrauen und erst einmal davon ausgehen, dass der andere gute Absichten hat und ihm nicht gleich unterstellen, dass er ja eigentlich gar an einem friedlichen Zusammenleben interessiert ist.
- Sie sollen Zuneigung und Liebe zueinander entdecken. Wenn nicht grundsätzliche Hindernisse und eine grundsätzliche Abneigung bestehen, dann hängt die Entwicklung von Liebe und Zuneigung auch sehr von der Bereitschaft ab, diese überhaupt entstehen zu lassen und die liebenswerten Seiten des Ehepartners zu entdecken.
- Sie sollen den Humor in der Ehe nicht zu kurz kommen lassen. Das entspannt manche Situation ohne das Problem zu leugnen.
- Sie sollen viel Zeit miteinander verbringen. Nur so haben sie Gelegenheit, sich gut kennen zu lernen, Dinge gemeinsam zu erleben und eine „gemeinsame Geschichte“ zu entwickeln.
Sie sollen unbedingten Verzicht auf Gewalt üben.

Man muss kein Therapeut sein um zu erkennen, dass diese Punkte sehr wichtig für das Gelingen des gemeinsamen Zusammenlebens der Eheleute sind.

Nun schauen wir einmal, was der Islam zu diesen Umgangsformen sagt:

Folgende allgemeine Prinzipien zum Umgang unter den Eheleuten sind vielen bekannt:

Im Qur’an lesen wir z.B.:
(1) 30:21 „Und unter Seinen Zeichen ist dies, dass Er Gattinnen für euch schuf aus euch selber, auf dass ihr Ruhe bei ihnen fändet, und Er hat Liebe und Zärtlichkeit zwischen euch gesetzt.“
(2) 2:187 „Sie sind euch ein Gewand, und ihr seid ihnen ein Gewand.“

In der Sunna finden wir u.a. folgende Überlieferungen:
„Die Vollkommensten im Glauben sind von den Gläubigen die Besten an Charakter und Benehmen, und die Besten von Euch sind die, die ihre Frauen am besten behandeln.“
„Seid gut zu den Frauen; sie sind wie Gefangene in euren Händen.“
Aischa sagte über den Propheten: „Er war gewöhnlich im Dienste seiner Familie. Wenn er aber den Gebetsruf hörte, ging er hinaus in die Moschee.“
Man fragte Aischa, was der Prophet als Erstes tat, wenn er heim kam. Sie antwortete: „Er putzte sich die Zähne.“
„Haltet Euch sauber, denn der Islam ist sauber.“
Der Prophet hat bekanntermaßen nie eine Frau geschlagen.

Diese Überlieferungen sind sehr bekannt und zeigen eher allgemeine Verhaltensprinzipien, die für uns Richtschnur unseres Handelns sein sollen.

Wie sah aber der Alltag im Haushalt des Propheten aus?

Über einige seiner Frauen wissen wir viel, sie waren eindrucksvolle Persönlichkeiten, von denen viel überliefert wurde. Wir erfahren auf diese Weise auch viel über die Beziehung des Propheten zu ihnen. Über andere Frauen wissen wir nur wenig.
Wir haben Anfangs wichtige Formen des Umgangs genannt, die zur Bewältigung schwieriger Situationen und zum Gelingen einer Ehe hilfreich sind. Die genannten Qur’anstellen und Hadithe fordern uns eindeutig zu solchen Umgangsformen auf. Schauen wir einmal, wie der Prophet in konkreten Situationen reagiert hat.

Anerkennen/Wertschätzen

(1) Als er zwei Jahre nach dem Tode seiner geliebten Frau Chadija angesprochen wurde, doch wieder zu heiraten, antwortete er nur: „Wer nach Chadija?“ Hier wird deutlich, dass keine andere Frau einen Platz in seinem Herzen einnehmen konnte.
(2) Einmal sagte der Prophet (s.a.s.): „Die erste von euch, die mir nach meinem Tod folgt, ist die mit den längsten Händen!“ Nach seinem Tode standen die Frauen des Propheten (s) neben einer Wand und streckten ihre Hände aus, um zu erfahren, welche von ihnen die längste Hand besitze. Dabei wollten sie wissen, wer von ihnen als erste nach dem Propheten (s) sterben würde. Als Zainab (r) dann als erste nach dem Propheten (s) starb, verstanden sie, welche Bedeutung der Prophet mit der Länge der Hände meinte. Er meinte damit, die großzügigste und freigiebigste Hand, die die meisten Almosen gibt.
(3) Über Aischa: „Nehmt ihr die Hälfte Eurer Religion von dieser Humaira (Aischa).“

Zuhören

(1) Der Prophet (s.a.s.) verbrachte viel Zeit mit Aischa (r), um zu hören, was sie zu erzählen hatte. In einer ihrer sehr langen Geschichten erzählte sie die bekannte Begebenheit von elf Frauen, die sich versprachen, sich gegenseitig ohne Geheimnisse von ihren Männern zu erzählen. Als sie die Geschichte der elften Frau erzählte, sagte sie: „Die elfte Frau hieβ Umm Zar’. Ihr Mann Abu Zar’ hatte sie sehr geliebt und verwöhnt. Sie waren sehr glücklich, doch nach einiger Zeit veränderte sich ihre Beziehung, und er verließ sie.“ Aischa (r) war sehr traurig als sie dies erzählte. Der Prophet (s.a.s.) merkte, wie sie von dieser Geschichte berührt war und sagte zu ihr: „Ich bin zu dir wie Abu Zar’ zu Umm Zar’, ich aber werde dich niemals verlassen.“

Vertrauen

(1) Als dem Propheten aufgetragen worden, die Botschaft zu verkünden, kam er zu Chadija und sagte: „Nun ist die Zeit der Ruhe und des Schlafes zu Ende gegangen. Mir ist von Gibril befohlen worden, die Menschen zu ermahnen, Allah anzurufen und ihn allein zu verehren. – Wen soll ich rufen? Und wer wird es annehmen?“ Chadija antwortete ihm entschlossen: „Ich nehme es an, o Mohammed! Rufe mich, ehe du einen anderen rufst! Ich werde mich Dir folgen, Deine Botschaft bestätigen und an Deinen Herrn glauben.“
(2) Der Prophet hat auch Umm Salama in Fragen der Politik u.a.m. um Rat gefragt.

Zuneigung/Liebe entdecken

Im Qur’an lesen wir (4:19): Wenn ihr eine Abneigung gegen sie (die Frauen) empfindet, wer weiß, vielleicht empfindet ihr Abneigung gegen etwas, wo hinein Allah aber viel Gutes gelegt hat. Ein Hadith sagt: „Ein gläubiger Ehemann soll niemals seine gläubige Frau hassen. Wenn er eine bestimmte Angewohnheit von ihr nicht mag, so mag er doch eine andere bei ihr finden, die ihm gefällt.“
Der Prophet hat sich bekanntermaßen nicht gescheut, seine Zuneigung zu seinen Frauen auch öffentlich deutlich werden zu lassen. Hier einige Beispiele:
(1) Viele Jahre nach dem Tod Chadijas (r) kam eine Frau vorbei und klopfte an, als der Prophet und Aischa zusammensaßen. Der Prophet sprang auf: „Es ist, als ob ich Chadija an die Tür klopfen höre! Es ist die gleiche Stimme wie die von Chadija (r).“ Er ging hinaus, um nachzusehen, es war wirklich Hala, Chadijas Schwester. Der Prophet (s.a.s.) sagte zu ihr: „Herzlich willkommen, Chadijas Schwester.“
(2) In einer Situation, in der Schlachtvieh verteilt wurde, sagte Muhammad (s.a.s): „Verteilt das unter Chadijas Bekannten!“ Da sagte Aischa: „Immer wieder Chadija! Als ginge dir nur das Bild von Chadija im Kopf herum!“ Der Prophet (s) erwiderte dann: „Oh Aischa, sprich nicht auf diese Weise über Chadija! Ihre Liebe wurde in mein Herz gebracht. Ich liebe denjenigen, den Chadija liebt. Und wer Chadija liebt, den liebe ich.“
(3) Abu Al-A’s Ibn Rabi’, der Ehemann von Zainab, die Tochter Chadijas und des Propheten, war noch kein Muslim, als die Qur’anverse über den Verbot einer Ehe zwischen muslimischen Frauen und nicht-muslimischen Männern offenbart wurden. Daher trennte sich Zainab von ihm. Abu Al-A’s kämpfte gegen den Propheten (s.a.s.) im Feldzug von Badr und wurde gefangen genommen. Seine Frau Zainab war noch in Mekka. Manche Gefangenen kauften sich gegen Lösegeld frei. Abu Al-A’s aber hatte nichts, um sich freizukaufen. Zainab schickte von Mekka etwas zum Freikaufen ihres Mannes. Der Prophet (s) erhielt die Dinge, die Zainab geschickt hatte, und packte sie aus. Da lag Chadijas Halskette. Der Prophet (s) weinte sehr und sagte: „Das ist Chadijas Halskette!“ Er blickte zu seinen Gefährten und sagte: „Wenn ihr es erlaubt, entlassen wir Zainabs Gefangenen und geben ihr die Halskette zurück.“ Die Gefährten erwiderten: „Ja, das machen wir.“ In anderer Überlieferung wurde erzählt, dass die Gefährten auch sehr weinten. Dann sprach der Prophet zu Zainabs Mann und sagte: „Nimm diese Halskette mit und sag zu Zainab, dass ihr Vater ihr befiehlt, Chadijas Halskette zu behalten!“

Humor

(1) Wir wissen, dass der Prophet mit seinen Frauen viel gescherzt hat. Er empfahl es auch jungen Eheleuten, es entkrampft die Atmosphäre.
(2) Einmal waren die Ehefrauen des Propheten (s.a.s.) grob zu Safia (r), weil sie eine Jüdin war. Sie weinte deswegen und ging zum Propheten. Er sah sie weinen und sagte: „Wenn sie das noch einmal zu dir sagen, dann sag: „Wer von euch ist besser als ich, mein Ehemann ist Muhammad (s.a.s), mein Vater Harun, und mein Onkel ist Moses.“
(3) Einmal wollte Aischa (r) den Propheten nach seiner Liebe zu ihr fragen. Sie fragte: „Wie ist deine Liebe zu mir? Der Prophet (s) antwortete: „Wie der Knoten in einem Seil. Seitdem fragte Aischa (r) den Propheten von Zeit zu Zeit: „Wie geht es dem Knoten? Jedes Mal antwortete er, dass er noch im selben Zustand wäre.
(4) Sauda war bekannt für ihre humorvolle Art, mit der sie den Propheten (s.a.s.) oft zum Lachen brachte. Einmal betete sie mit dem Propheten in der Nacht. Danach stellte sie dem Propheten (s) eine Frage, in der sie auf lustige Weise auf die lange Dauer des Gebetes hinwies: „O Gesandter Allahs, im Gebet haben wir so lange in der Verbeugung innegehalten, dass ich fürchtete, dass das Blut aus meiner Nase fließen könnte. Ich habe dann die Hand vor meine Nase gehalten. Ist mein Gebet noch gültig?“ Der Prophet verstand diesen Scherz und lachte. Da sagte sie: „O Gesandter Allahs, wenn ich mit dir das nächtliche Gebet verrichte, dann verkürze doch die Verbeugungs- und Niederwerfungszeit, damit ich mir nicht an die Nase fassen muss!“
(5) „Im Haushalt des Propheten war Eifersucht nicht zu vermeiden, und er bemühte sich, ihr nicht allzu viel Beachtung zu schenken. Einmal kam er in ein Zimmer, in dem seine Frauen und andere aus der Familie zusammen saßen, und hielt eine Onyxkette in der Hand, die ihm gerade jemand geschenkt hatte. Er hielt sie ihnen vor die Nase und erklärte: „Ich werde sie der geben, die ich am meisten liebe.“ Einige seiner Frauen begannen mit saurer Miene zu tuscheln: „Er wird sie Abu Bakrs Tochter geben“, und als er sie lange genug im Ungewissen gelassen hatte, rief er seine kleine Enkelin Umamah und legte sie ihr um den Hals.“ (M. Lings, Muhammad)

Zeit miteinander verbringen

(1) Wie wir wissen, ist der Prophet viel mit Aischa spazieren gegangen, auch mit ihr um die Wette gelaufen, hat sie auf der Schulter getragen, schaute mit ihr Spiele an.
(2) Von Umm Salama und Hafsa wird überliefert, dass sie viel mit dem Propheten über politische und religiöse Fragen diskutierten.Auf den ersten Blick scheint es nur Harmonie gegeben zu haben, aber Ihr könnt euch vorstellen, dass in einem so großen Haus, in dem mehrere Frauen und auch viele Kinder leben, Konflikte nicht ausbleiben. So erzählte z.B. Maimuna (r) einige Details ihres Verhältnisses mit dem Propheten (s.a.s.). Sie sagte: „Ich und der Prophet (s.a.s.) stritten uns um ein Gefäß, in dem wir uns wuschen. Ich wollte das Gefäß und er wollte es ebenfalls.“

Es gab also ganz normale Alltagsprobleme, aber auch größere Konflikte.

Wie ging der Prophet mit Konflikten um?

(1) persönliche Schwierigkeiten

Als der Prophet die erste Offenbarung erhalten hatte, war er so erschüttert, dass er fürchtete, seinen Verstand zu verlieren. In dieser Situation musste er unbedingt jemanden um Rat fragen. Wen wählte er aus? Er ging nicht zu seinem Freund Abu Bakr oder einem gebildeten Weisen seiner Heimatstadt, er lief schnurstracks nach Hause zu seiner Frau, die ihren zitternden Mann mit einem Mantel bedeckte. In der Situation, in dem es für Muhammad (s.a.s) um alles ging, war seine Frau diejenige, die er um Rat fragte.
Auch in späteren Zeiten hat er in schwierigen politischen Situationen Rat bei seinen Frauen gesucht.

(2) Umgang mit Gerüchten

Eine bekannte Begebenheit im Leben des Propheten war der sog. Lügenskandal (Hadith Al-Ifk) um Aischa. Wie bekannt war die 15-jährige versehentlich in der Wüste zurückgeblieben und wurde von einem Nachzügler ins Lager zurückgebracht. Bei den in der Folgezeit entstandenen Gerüchten stand der Prophet trotz seiner Ratlosigkeit auf der Seite seiner Familie und verteidigte die Betroffenen (Aischa/Safwan) auch öffentlich, da keine Beweise vorlagen. Auch machte er Aischa keine Vorwürfe.

(3) Eheliche Konflikte/ Eifersucht

Rückzug
Nach der Schlacht von Chaibar stiegen mit zunehmendem Wohlstand auch die Forderungen der Frauen an den Propheten. Zu selben Zeit herrschte unter ihnen erhebliche Eifersucht auf Maria, die der Prophet oft besuchte. In dieser Situation zog sich der Prophet von allen seinen Frauen zurück und schuf so einen Abstand von diesem Konfliktfeld. Er kündigte Umfang und Dauer der Konsequenz an und ließ seine Frauen nicht im Unklaren. Nachdem der angekündigte Monat verstrichen war, versöhnte er sich mit ihnen und stellte sie nach einer Offenbarung zu diesem Anlass vor die Entscheidung, sich von ihm zu trennen und reichlich versorgen zu lassen oder als seine Frauen ins Paradies zu gelangen.

Vermeidung von Bloßstellung
Eines Tages bereitete Hafsa Essen aus Fleisch und Brot in einem großen Behälter aus Ton vor. Der Prophet (s) freute sich und lud seine Gefährten zum Essen ein. Aischa (r) wurde neidisch auf Hafsa und trat mit ihrem Fuß gegen den Behälter. Er zerbrach und das Essen fiel heraus. Der Prophet (s) kniete nieder, sammelte das Essen in den Behälter und sagte: „Eure Mutter wurde neidisch.“ Er ging dann zu Aischa (r) und sagte zu ihr: „Aischa, du hast Hafsas Behälter zerschlagen. Bring ihr einen Neuen. Daraufhin sagte sie: „Bitte für mich um Vergebung, Gesandter Allahs.“

Beratung/Schlichtung durch einen (gemeinsam geeinigten) Dritten
Einmal hatte der Prophet (s.a.s.) eine Auseinandersetzung mit Aischa (r). Er fragte sie: „Wer soll zwischen uns richten? Abu U’beidah Ibn Al-Dscharrah?“ Sie antwortete: „Nein, Abu U’beidah ist ein gutherziger Mann.“ Er fragte weiter: „Abu Bakr Assiddiq?“ Sie war mit diesem Vorschlag einverstanden. Der Prophet holte Abu Bakr und sagte zu Aischa (r): „Sprich.“ Sie sagte: „Erzähl du aber nur die Wahrheit.“ Abu Bakr wurde wütend und sagte zu ihr: „Tochter von Umm Rumman! Sagt er denn etwas außer der Wahrheit?“ und wollte sie schlagen. Aischa (r) aber versteckte sich hinter dem Propheten (s). Der Prophet rückte vor Abu Bakr und sagte zu ihm: „O Abu Bakr, deswegen haben wir dich nicht geholt.“ Abu Bakr ging fort. Der Prophet (s.a.s.) sagte zu Aischa (r): „Hast du gesehen, wie ich euch auseinander gehalten habe?“ Daraufhin lachte Aischa (r). Abu Bakr hörte ihr Lachen und kehrte zurück. Er sagte: „Lasst mich an eurem Frieden teilnehmen, wie ich an eurem Krieg teilgenommen habe.“

Verzicht auf eigene Wünsche (Marafir)
(1) Aischa (r) sagte zu Safia (r): „Siehst du den Propheten (s.a.s.), wie er immer zu Zainab geht, er mag es, bei ihr Honig zu essen, denn Zainab hat immer süßen Honig bei sich.“ Sie wollten erreichen, dass der Prophet Zainab nicht mehr so häufig besuchte. So sagte Aischa (r) zu Hafsa (r): „Wenn der Prophet (s) zu dir kommt, sag ihm, dass du den Geruch von Marafir riechst(1). Und wenn er dir sagt, dass er kein Marafir gegessen hat, dann sag ihm, dass er Honig gegessen hat, den eine Biene aus einem Garten geholt hat, wo Marafir wächst. Und wenn er zu mir kommt, dann sage ich ihm das Gleiche.“Als der Prophet (s) dann zu Hafsa (r) ging, dann sagte sie zu ihm: „Ich rieche bei dir Marafir.“ Er sagte: „Ich habe kein Marafir gegessen.“ Dann sagte sie: „Dann kann es sein, dass du Honig gegessen hast, den eine Biene aus einem Garten geholt hat, wo Marafir wächst.“. Dann ist der Prophet (s) zu Aischa (r) gegangen, die dasselbe wie Hafsa sagte. Darauf hat der Prophet (s) gelächelt und verstanden, was die beiden damit gemeint hatten. Er sagte: „Gut, ich werde keinen Honig mehr bei Zainab essen.“
(2) Als der Prophet (s.a.s.) Maria, die in der Oberstadt von Madina lebte bei einem Besuch in den Räumen von Zainab, die abwesend war, empfing und diese daraufhin dem Propheten Vorwürfe machte, versprach er ihr, keinen Kontakt mehr zu Maria zu haben. Erst als die Verse von Sura at-Tahrim herab gesandt wurden, löste sich der Prophet von diesem sich selbst auferlegten Verbot.

An diesen Beispielen sehen wir, dass der Prophet neben seinen öffentlichen Aufgaben auch mit ganz konkreten Alltagsproblemen konfrontiert war. Sein Umgang damit und seine Konfliktlösungen sind immer noch zeitgemäß und bieten uns auch heute noch wichtige Hilfestellungen zur Lösung unserer Probleme. Auch wir als Therapeuten konnten dabei wertvolle Hinweise und Ideen für unsere Arbeit gewinnen und haben festgestellt, dass auch die moderne Familien- und Paartherapie vom Beispiel unseres Propheten eine Menge lernen kann (Erstveröffentlichung auf islam.de im Januar).


Fußnoten:
(1) Marafir ist eine spezielle Pflanze, die zwar gut schmeckt, aber einen stechenden Geruch hat

Die Autoren: Malika Laabdallaoui ist Psychologin und systemische Paartherapeutin. Ibrahim Rüschoff ist Psychiater. Sie sind gemeinsam Autoren des Buchs "Ratgeber für Muslime bei psychischen und psychosozialen Krisen" (Bonn 2005)