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Mittwoch, 18.10.2006

Rechtsextremistische Gewalt nimmt dramatisch zu – Anstieg um 50 Prozent gegenüber 2004

SPD will den "Demokratiegipfel" - Der Zentralrat der Juden verglich die Angriffe mit der Zeit nach 1933

Die Kriminalität der rechtsextremistischen Szene in Deutschland ist offenbar dramatisch gestiegen: Das Bundeskriminalamt registrierte bis Ende August fast 8000 rechte Straftaten, wie der "Tagesspiegel" berichtet. Das sind über 20 Prozent mehr als in den ersten acht Monaten des Vorjahres. Damals zählte die Polizei 6605 einschlägige Delikte.
Der Zentralrat der Juden verglich die Angriffe mit der Zeit nach 1933.“ Wer immer noch von bedauerlichen Einzelfällen spreche, verharmlose die Gefahr für die gesamte Gesellschaft.“

Laut "Tagesspiegel" zeichnet sich im Vergleich zum gleichen Zeitraum 2004 (5.127 Straftaten) sogar ein Anstieg um 50 Prozent ab. Die Zahlen entstammen den Antworten des Bundesinnenministeriums auf monatliche Anfragen der Fraktion Die Linke/PDS zu rechtsextremistischer Kriminalität in der Bundesrepublik.

Brutalität nimmt weiter zu

Gleichzeitig nehme auch die Brutalität der Szene weiter zu: Von Januar bis August zählte die Polizei bundesweit 452 rechte Gewalttaten, bei denen 325 Menschen verletzt wurden. In den ersten acht Monaten 2005 waren es 363 Gewaltdelikte und 302 Verletzte. Die Summe der Gewalttaten ist Teil der Gesamtzahl aller rechten Delikte. Die vom Ministerium genannten Zahlen werden sich laut dem Bericht wahrscheinlich noch deutlich erhöhen, da die Polizei in der Regel viele Fälle nachmeldet.

Rassismus in deutschen Fußballstadien nimmt zu

Kaum ein Wochenende verging im vergangenen Vierteljahr ohne Berichte von rassistischen Gesängen aus den Kurven, offenen Bekenntnissen von Fußballfans zu rechtsradikalen Gruppierungen und gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der Polizei.
Eine neue Studie im Auftrag des Bundesinstituts für Sportwissenschaft (BISp) belegt nun, dass Rassismus zum Fußballalltag gehört. Vor allem in den unteren Ligen und im Osten der Republik hat der Rassismus die Fangemeinden unterwandert. Laut der Studie, die heute von einem Forscherteam unter Leitung von Gunther Pilz in Berlin vorgestellt wurde, ist der Rassismus im deutschen Fußball in den letzten Jahren nicht verschwunden - er wird nur zunehmend verdeckt praktiziert.

Keine Scheu, ihre rassistische Gesinnung offen zu zeigen, so die Studie, haben vor allem Fans aus den unteren Ligen. Fehlende Medienpräsenz, weniger Fanprojekte und eine schwächere Kontrolle durch Stadionordner und Polizei ermuntern Rechtsextreme dabei. Besonders im Osten kennt man dieses Problem: Viele Fußballvereine in den neuen Bundesländern spielen in den unteren Ligen, rassistische und rechtsextreme Aktionen gehören dort zum Alltag im Fußball. Überraschend: Auch auf den teuren Sitzplätzen fand man rechtsextreme Anhänger, die durch rassistisches Verhalten auffällig wurden.


Rituale der Politik gegen Rechtsextremismus aufbrechen und stattdessen die Ursachen bekämpfen

Seit Jahren steigen die rechtsextremen Straftaten an. In manchen Gegenden, vor allem im Osten, gehören Sachbeschädigungen und Pöbeleien, aber auch handfeste rechte Gewalt gegen Ausländer, Muslime und Juden schon fast zum Alltag. Doch niemand fragt, warum das so ist. Oft werden ökonomische Gründe herangeführt. Das Versagen der Politik oder gar die Mitschuld der Politik – z.B. durch immer wiederkehrenden Stammtischparolen, die Vorurteile bedienen und falsche Tatsachen in den Raum stellen - wird quasi ausgeblendet.

Nun wurden zaghaft und zurecht in SPD und Linkspartei Stimmen laut, die angesichts der rapide wachsenden rechten Gefahr einen "Demokratiegipfel" fordern. Nach dem Vorbild des Integrationsgipfels sollten demokratische Parteien, Glaubensgemeinschaften, Gewerkschaften, Verbände und Sportvereine auch eine Strategie gegen den Rechtsextremismus überlegen, forderte Sebastian Edathy (SPD), Vorsitzender des Innenausschusses, im "Tagespiegel". Linksfraktionsvize Petra Pau regte im gleichen Blatt zudem die Bildung einer "unabhängigen Beobachtungsstelle Rechtsextremismus" an.

Bei Union und Grünen stieß die Idee eines Demokratiegipfels laut "Tagesspiegel" auf Widerstand. Für den FDP-Innenexperten Max Stadler ergebe ein Demokratiegipfel nur Sinn, wenn er nachhaltige politische Aufklärung befördert.




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