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Leserbriefe

Montag, 02.10.2006



S. H. schrieb:
Sabine Christiansen am Sonntag, den 1. Oktober 2006

Sehr bemerkenswert in der momentanen Debatte um den Islam in Deutschland: Auf einmal verteidigen Leute, zum größten Teil Männer ... genauer genommen männliche deutsche Christen, die Rechte der Frauen mit aller Vehemenz. Ich traue meinen Ohren kaum und bin verwundert, welche Personen der politischen Bühne, ja fast möchte ich sagen, zu männlichen Emanzen werden.
Ehrlich gesagt, ich weiss gar nichts über den Islam und ich möchte keinen Millimeter meiner Freiheiten als deutsche Frau, besser als Frau mit deutschem Pass, missen, und trotzdem:
Ich freue mich darüber, wenn mir drei türkische Jungen hier um die Ecke auf meinem Heimweg abends sagen: "Wir passen auf dich auf, weil du eine Frau bist."
Vermutlich finden das viele frauenfeindlich, weil das ja heissen könnte, dass die Jungs mir nicht zutrauten, selbst auf mich aufzupassen. Ich finde, dass ist ein Zeichen des Respekts, eines von denen, das vielen deutschen Männern vor lauter Angst vor ihren emanzipierten Frauen abhanden gekommen ist.
Kein Spaß, am Flughafen musste ich mir tatsächlich einmal von einem gestandenen deutschen Geschäftsmann erklären lassen, dass er mir die Türe nicht aufhalten kann, "weil Sie sind doch alle emanzipiert, das können Sie doch alleine." Ich sagte, "natürlich kann ich es alleine, das kann ja jedes Kind und doch freue ich mich über ein Zeichen des Respekts von Ihnen." Und dann war er ganz erleichtert und hat mir die nächste Tür aufgehalten.

Was ich sagen will: Trauen Sie sich, in Diskussionen auch uns herauszufordern. Das Christentum ist nun wirklich nicht immer gut mit uns Frauen umgegangen. Denken Sie nur an die Hexenverbrennungen im Mittelalter, der Gipfel an Frauenfeindlichkeit. Gerade die katholische Kirche predigte jahrhundertelang, was heute in der Diskussion bei Sabine Christiansen am Islam, bzw. der Website des Zentralrates, kritisiert wurde: Der Satz zu: Der Mann kümmert sich um das Einkommen, die Frau um die Familie. Die drei Ks: Kirche, Küche, Kinder. Das kennen auch wir Christen nur zu gut und erst seit den Kämpfen unserer Mütter vor noch nicht einmal 30 Jahren haben sich die Frauen hierzulande von diesen drei Ks befreit, ganz langsam und oft auch unter großen Schmerzen.

Und darüber hinaus: Setzen Sie sich dafür ein, dass wir von Ihnen lernen. Ich will, dass die Menschen in diesem Land lernen, woher der Kaffee kommt, den sie morgens trinken, ich will, dass sie wissen, wer die Orangen nach Europa brachte, ich will, dass die Kinder wissen, warum unsere Zahlen die arabischen Zahlen genannt werden und ich will, dass wir sehen, dass muslimische Frauen manchmal eine Schleier tragen, deutsche Frauen oftmals am "wichtigsten Tag ihres Lebens" wie das oft bezeichnet wird, nämlich am Tag ihrer Hochzeit. Und tragen nicht alle christlichen Ordensschwestern einen Schleier?

Schluss mit diesen verlogenen Debatten. Lassen Sie und voneinander lernen, so, wie Geschwister voneinander lernen. Das haben wir alle verdient, am Beginn des 21. Jahrhunderts.