Donnerstag, 09.02.2006
Wo bleiben die Vernünftigen, die Besonnenen?
Würde man 60 Millionen Deutsche über sich selbst befragen, wäre kein einziger ohne Vernunft.
Würde man 40 Millionen Christen über die anderen befragen, wären wohl 20 Millionen ohne Vernunft.
Und würde man 3 Millionen Muslime über die anderen befragen, könnte das Ergebnis leicht lauten: 57 Millionen sind ohne Vernunft.
Es ist also nicht ganz einfach mit der Vernunft. Gerade deshalb finde ich den Appell an Vernunft richtig, denn es bahnt sich eine höchst kritische Entwicklung an, die wir unbedingt stoppen müssen, wenn unsere Kinder eine Zukunft haben sollen.
Unser gemeinsamer Traum von einer glücklichen Zukunft mit stetigem Wachstum stößt in mehrfacher Hinsicht an seine Grenzen.
Eine dieser Grenzen ist das Zusammenwachsen der verschiedenen Kulturen, das uns in neue Blütezeiten führen, das aber auch in blutigen Konflikten enden kann.
Beim Zusammenwachsen verschiedener Kulturen kommt es zwangsläufig zu Spannungen und leider auch zur Benachteiligung von Minderheiten, wie sie mit dem Beispiel des reaktionären Kinderliedes sehr gut beschrieben sind.
Regierungspolitik ist diesbezüglich vielfach bis heute, Spannungen einfach unter den Teppich zu kehren statt nach gangbaren Lösungswegen zu suchen.
Nun sind wir aber in Deutschland in der glücklichen Lage, dass noch so viel Vertrauen zwischen den verschiedenen Kulturen besteht, dass sich der Versuch lohnt, die Konflikte offen anzusprechen, um sie zu lösen, statt sie solange ungelöst zu lassen, bis kein Zusammenleben mehr möglich ist.
Wenn ich einmal in die Zukunft blicke, so wünsche ich mir, dass unsere Kulturen so zusammenwachsen, dass es uns zur Selbstverständlichkeit wird, füreinander einzustehen - wer meinen moslemischen Freund angreift, der bekommt es mit mir zu tun und wer mich angreift, der macht sich auch meinen Freund zum Feind.
Mehr oder weniger unausgesprochen ist diese Wunschvorstellung, so hoffe ich jedenfalls, in unseren Köpfen drin, bei den Meisten jedenfalls.
Vor diesem Hintergrund haben ich ein Problem, wenn ich mir abends die Nachrichten ansehe, und wieder mal von Gewalttaten berichtet wird, die Extremisten im Namen des Islam begangen haben.
Für dieses oder jenes mag es ja noch eine Erklärung geben. Oft aber sieht es aus nach reinen Gewaltverbrechen, die niemand billigen kann. Da frage ich mich schon, wieso lässt der Islam es geschehen, dass sein Name von Verbrechern derart missbraucht wird.
Schließlich scheint es auch noch eine immer größer werdende Grauzone zu geben. Moslems, die selber zwar friedliebend sind, innerlich aber doch die Gewalttäter bewundern, welche den Islam täglich in die Schlagzeilen bringen.
Nachdem man so etwas inzwischen fast täglich erleben muss, geht mir schon durch den Kopf, was würde meine Kirche machen, wenn sie derart für teuflische Zwecke missbraucht würde.
Ich bin mir ganz sicher, dass meine Kirche es nicht bei der Erklärung belassen würde, dass sie diese Gewalttaten scharf verurteilt.
Meine Kirche würde mit Sicherheit eine unüberhörbare Kampagne starten, um die Antriebsfeder der Verbrecher zu zerstören, ihren Glauben an das Paradies.
In jeder Predigt würde deutlich darauf hingewiesen, dass durch eine verbrecherische Fehlentwicklung viele Leute glauben, sie könnten durch Gewalttaten gegen Andersgläubige in den Himmel kommen.
Unsere Priester würden deutlich machen, dass dieser Glaube eine Gotteslästerung ist und in Wirklichkeit jeder, der im Namen meiner Religion Gewalt verübt, dafür in die Hölle kommt.
Und unsere Priester würden darüber aufklären, dass nicht nur die Extremisten selber in der Hölle landen, sondern ebenso die Leute, die sie unterstützen und erstrecht ihre Geldgeber.