Berlin.Die Diskussion um den Waffenbesitz von Mitgliedern der AfD gewinnt weiter an Bedeutung. Auslöser sind aktuelle Berichte, wonach mehrere Hundert Parteimitglieder in Deutschland über Schusswaffen verfügen sollen. Nach Recherchen dertaz besitzen allein in Sachsen-Anhalt rund 274 AfD-Mitglieder entsprechende Waffenbesitzkarten. Gleichzeitig wird die Partei vom Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) seit dem 2. Mai 2025 als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft – die Einstufung ruht zwar aufgrund eines Eilverfahrens derzeit, bleibt aber politisch und rechtlich weiterhin relevant.Nach deutschem Waffenrecht dürfen Personen, die verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgen oder unterstützen, keine Waffen besitzen. Die Prüfung der sogenannten „waffenrechtlichen Zuverlässigkeit“ erfolgt durch rund 550 Behörden bundesweit. Eine Gesetzesänderung aus dem Jahr 2020 ermöglicht es den Behörden, Waffenbesitzkarten zu verweigern oder zu entziehen, wenn Personen Mitglied einer verfassungsfeindlichen Vereinigung sind. Dennoch zeigen aktuelle Medienberichte, dass die Umsetzung bundesweit uneinheitlich ist und der Umgang mit AfD-Mitgliedern stark variiert.
Uneinheitliche Behördenpraxis und juristische UnsicherheitFür zusätzliche Unklarheit sorgt ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 30. April 2025. Das Gericht stellte fest, dass eine AfD-Mitgliedschaft allein nicht automatisch zur Entziehung einer Waffenbesitzkarte führen müsse. Das Urteil beruhte jedoch auf der Rechtslage vor der bundesweiten VS-Einstufung vom 2. Mai. Seit dieser Einstufung bewerten Fachjuristinnen und -juristen die AfD als weitgehend rechtsextremistisch organisiert, was zu neuen Anforderungen an die Behördenpraxis führt. Aufgrund der laufenden gerichtlichen Überprüfung behandelt das BfV die Partei nach eigener „Stillhaltezusage“ jedoch weiterhin als Verdachtsfall.Politisch bleibt die Lage angespannt: Während einige Landesbehörden bereits waffenrechtliche Maßnahmen gegen AfD-Mitglieder ergriffen haben, zögern andere. Beobachter sprechen von einer „Rechtszersplitterung“, die zu unterschiedlichen Entscheidungen je nach Bundesland führt.
Petition fordert klare bundeseinheitliche Linie
Vor diesem Hintergrund hat der Zittauer Thomas Hempel eine Petition auf der Plattform WeAct gestartet. Die Initiative mit dem Titel „Keine Waffen für die AfD“ richtet sich an die Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder. Die Petition fordert in einem ausführlich begründeten Text ein bundesweites Verbot der Waffenausgabe an AfD-Mitglieder sowie die Rücknahme bereits erteilter Waffenbesitzkarten, sofern deren Inhaber der Partei angehören. Als Grundlage soll eine klar formulierte, rechtlich verbindliche Richtlinie dienen, die auf § 5 WaffG aufbaut und durch eine kontinuierliche Überprüfung von Parteimitgliedschaften beim Bundesamt für Verfassungsschutz ergänzt wird. Darüber hinaus plädiert die Initiative dafür, entsprechende Verwaltungsverfahren und Schulungen mit hoher Priorität zu behandeln, um Verzögerungen und unterschiedliche Auslegungen zu vermeiden.Als Begründung verweist Hempel unter anderem auf die Einstufung der AfD durch den Verfassungsschutz, auf ein potenziell erhöhtes Risiko extremistischer Bestrebungen sowie auf die gegenwärtig uneinheitliche Behördenpraxis. Der Hinweis auf bundesweit über 1.200 rechtsextreme Gewalttaten im Jahr 2024 unterstreiche, so die Petition, den sicherheitsrelevanten Kontext.
Signalwirkung und offene FragenWährend die Petition betont, dass Waffenbesitz kein Grundrecht ist und daher strenge Maßstäbe gelten müssten, warnen einzelne Rechtsexperten vor pauschalen Maßnahmen ohne ausreichende Einzelfallprüfung. Die Frage, ob eine Parteimitgliedschaft allein ausreicht, um Zweifel an der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit zu begründen, dürfte politisch und juristisch weiter umstritten bleiben.Auch die Innenministerkonferenz hat bislang keine einheitliche Position formuliert. Mehrere Innenministerinnen und Innenminister hatten in der Vergangenheit betont, dass es weiterhin auf individuelle Bewertungen ankomme. Befürworter strengerer Maßnahmen sehen hingegen die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen in den Bundesländern – und damit eine Rechtsunsicherheit, die aus ihrer Sicht politisch nicht länger hinnehmbar sei.
Weitere Entwicklung unklar
Unabhängig vom Ausgang des gerichtlichen Verfahrens zur VS-Einstufung der AfD dürfte das Thema Waffenrecht und Extremismus die Innenminister in den kommenden Monaten weiterhin beschäftigen. Die Petition fordert, den Punkt „Waffenrechtliche Maßnahmen bei AfD-Mitgliedern“ kurzfristig und mit hoher Priorität auf die Tagesordnung zu setzen und innerhalb von drei Monaten konkrete Vorgaben zu erarbeiten. Die Petition selbst ist keine offizielle Kampagne von Campact, wird aber auf der Plattform WeAct veröffentlicht und dort organisatorisch unterstützt. Ob und in welchem Umfang die Innenministerkonferenz die Forderungen aufgreifen wird, ist weiterhin offen.